Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1751 -


Frau Präsidentin, Frau Ministerpräsidentin, Herr Prof. Huber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nur zu einem Problem sprechen und dieses Problem noch mal vertiefen. Es geht um die Darlegung, wie die finanziellen Auswirkungen des Kita-Gesetzes bei den Kommunen tatsächlich ankommen. In diesem Zusammenhang würde ich gern mal den leider nicht mehr anwesenden Minister Matschie zitieren. Ich möchte ihn zitieren aus seiner Landtagsrede vom 29. April 2010: „Aber am Ende waren wir uns einig, das Land übernimmt vollständig die zusätzlichen Kosten durch das neue Kita-Gesetz. Wir wollen dies nicht auf die Kommunen oder Eltern abwälzen. Ich bitte hier um Redlichkeit und Ehrlichkeit in der Debatte. Wir unternehmen eine enorme Kraftanstrengung im Haushalt, um die bessere Ausstattung der Kindergärten finanzieren und absichern zu können. Die Landesregierung gibt keinen Grund für eine Erhöhung der Elternbeiträge.“


Am Dienstabend hatte ich eine Gemeinderatssitzung, meine Kämmerin hatte in Absprache mit mir den ersten Entwurf vorzustellen. Sie musste zu den Personalkosten ausführen, dass wir um 100.000 € höhere Personalkosten haben werden als im vergangenen Jahr. Diese höheren Kosten sind lediglich und nur auf die Neueinstellungen von Kindergärtnerinnen zurückzuführen. Wenn man die Ergänzungszuweisung und die Schlüsselzuweisung saldiert, dann kommt eine Erhöhung heraus, das ist keine Frage, aber zu den 100.000 € bleibt eine Differenz von 45.000 €, die an unserer Kommune hängenbleiben. Jetzt werde ich von meinen Gemeinderäten gefragt: Wo sind denn die 100.000 €, wo sind denn diese Erhöhungen?


Ich muss leider sagen, dass ich dort sehr kühn vorgeprescht bin vor einigen Wochen. Als es nämlich um die Einstellung dieser Kindergärtnerinnen ging, bin ich schon gefragt worden, wer bezahlt. Ich habe damals ebenfalls Herrn Matschie zitiert.

Herr Matschie, ich bedaure aufrichtig, aber ich nehme an, Sie wissen, was in Ihrer Rede steht vom 29.04., ich habe eben zitiert.


(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Frechheit.)


Ich habe also damals schon Herrn Matschie zitiert und war auch ein bisschen zuversichtlich, dass es nicht ganz so dick kommt. Die Reaktion meiner Gemeinderäte: Wir werden also betrogen und belogen. Ich muss das so sagen, in meinem Gemeinderat, vor allem die Freien Wähler und zumindest ein wohlwollendes Schweigen der CDU-Abgeordneten zu den Vorwürfen der Freien Wähler. Fatal ist, mein Verwaltungshaushalt mit einem Volumen von rund 1,7 Mio. € weist noch eine Lücke auf von 138.000 €, obwohl wir schon die Hinweise von Prof. Huber weitestgehend eingearbeitet haben, also Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer, sogar die Erhöhung der Hundesteuer. War wir noch nicht gemacht haben auf meine Veranlassung hin, das wäre das Ansinnen, die Kindertagesstättengebühren zu erhöhen. Das haben wir noch nicht eingearbeitet. Ich muss dazu sagen, diese Erhöhung - es sind angedacht 15 € pro Kind - würde bedeuten, dass ich im Jahr 13.500 € mehr einnehme. Das hilft sowieso nicht, das sind nicht mal 10 Prozent von der Summe, die ich eigentlich suche. Das muss ich mal dazu sagen.

Viel schlimmer ist aber der politische Umstand, das politische Problem, was sich dahinter verbirgt. Meine Kommune ist seit mehr als 10 Jahren eine sogenannte kinderfreundliche Kommune. Wir haben dazu Auszeichnungen bekommen und wir haben seit dieser Zeit auch die Beiträge, die Gebühren - Essengeld nicht - konstant gelassen.


Präsidentin Diezel:


Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Recknagel?


Abgeordneter Hellmann, DIE LINKE:


Aber ja, Herr Recknagel.


Präsidentin Diezel:


Bitte schön, Herr Abgeordneter Recknagel.


Abgeordneter Recknagel, FDP:


Herzlichen Dank, Herr Hellmann. Eine Frage zu Ihrem Kindergarten. Sie haben das eben gerade schön ausgeführt. Wie viele Kinder aus Nachbargemeinden haben Sie im Augenblick in Ihrem Kindergarten in Betreuung? Und wie sind die Kindergartenbeiträge in Ihrer Gemeinde im Vergleich zu den Nachbargemeinden, aus denen Sie die Gastkinder in Betreuung haben?


Abgeordneter Hellmann, DIE LINKE:


Also, wir haben fünf Gastkinder bei etwa 80 Kindern insgesamt und drei Kinder gehen von uns in andere Kindergärten, also saldiert ein Plus von zwei. Unsere Beiträge sind extrem niedrig, das gebe ich zu. Wir haben sie auch über lange Zeit konstant gelassen. Wir verlangen von unseren Eltern ganztags 45 €. Das haben wir bisher problemlos durchhalten können - bis jetzt, das muss ich dazusagen. Wir haben das vor allem getan - ich muss das deutlich sagen -, weil wir uns vor zehn Jahren schon mit der Problematik der Bevölkerungsentwicklung befasst haben. Ich behaupte mal, da wussten andere noch nicht - ich sage das mal so ganz emotional und auch arrogant, weil es mir einfach an die Nieren geht -, wie man „Demographie“ schreibt,


(Unruhe im Hause)


da haben wir uns mit dem Thema schon intensiv befasst.


(Beifall DIE LINKE)


Wir haben seit zehn Jahren - nun ist das in aller Munde - unseren Eltern immer gesagt, ihr könnt euch auf die Gemeinde verlassen. Wir haben versucht, Zuversicht, Sicherheit zu verbreiten, weil das eigentlich der Schlüssel dazu ist, dass sich junge Menschen vielleicht doch dazu durchringen, Kinder großzuziehen. Was wir heute tun, ist eine kontraproduktive Politik. Ich werde zumindest zu dieser kontraproduktiven Politik genötigt. Was wir unseren Eltern sagen, ist nichts anderes; es wird keine Rücksicht genommen. Jeder Zweifler wird ein weiteres Mal überlegen, ob er Kinder großzieht. Das ist einfach an diesem großen Problem, das wir gegenwärtig haben, vorbeigeredet. Ich kann es auch noch einmal mit einer Metapher umschreiben: „Auf der sinkenden Titanic bohren wir noch ein Loch in die Bordwand.“ Das ist gegenwärtig das, was wir praktizieren.


(Beifall DIE LINKE)


Ich bitte die Regierung inständig und vor allem auch unseren zuständigen Minister: Weisen Sie die Kita-Gebühren gesondert aus, dann gibt es wieder eine Chance für eine Diskussion. Es ist schon viel politisches Porzellan zerschlagen worden. Es geht um Ihre Glaubwürdigkeit. Ja, Herr Matschie, es geht um Ehrlichkeit, die Sie angemahnt haben, und Redlichkeit


(Beifall DIE LINKE, FDP)


und es geht vor allem um die Sinnhaftigkeit von Politik. Ich bedanke mich.


(Beifall DIE LINKE, FDP)


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