Zukunft der Schulen in freier Trägerschaft – für eine vernünftige Bildungspolitik in Thüringen

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/1293 -


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, das Motto dieser Aktuellen Stunde heißt unter anderem, für eine vernünftige Bildungspolitik in Thüringen zu sorgen. Abgesehen davon, dass ich mit diesem Begriff meine Probleme habe - was ist das für eine politische Kategorie: „vernünftig“ -, denke ich, dass Sie unter einer vernünftigen Politik möglicherweise etwas völlig anderes verstehen als wir.


(Beifall DIE LINKE)


Das war beispielsweise ablesbar daran, dass Sie Haushaltsänderungsvorschläge gemacht haben, die Einsparungen im staatlichen Bildungsbereich in Höhe von 90 Mio. € vorsahen. Jetzt habe ich aber Ihre Worte wahrscheinlich erst richtig verstanden. Denn dadurch, dass man mehr freie Schulen zulässt, bedeutet das für sie, sie sind preiswerter, da kann man dann beim staatlichen Schulsystem noch mehr einsparen. Das wollen wir nicht.


(Beifall DIE LINKE)


Deswegen mahne ich einfach mal an, dass wir hier eine ehrliche Debatte führen und auch nicht naiv sind, Frau Rothe-Beinlich. Keiner hat es angesprochen; es ist erstaunlich, dass gerade jetzt, wo ja das Bildungsministerium SPD-geführt ist, die freien Schulen verstärkt wieder zunehmen. Die versprochenen Reformen im Bildungsbereich fallen aus und demzufolge haben wieder verstärkt Eltern den Wunsch, freie Schulen zu gründen. Da muss man doch einmal nach den Ursachen forschen. In habe selbst eine im Altenburger Land mit gegründet, das war in den 90er-Jahren, da gab es noch keine anderen Angebote. Ich weiß auch, warum wir das getan haben. Mittlerweile kann in unserem Landkreis zwischen drei freien Schulen gewählt werden. aber eine Gemeinschaftsschule beispielsweise gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Jedenfalls hat sich da bisher noch nichts gerührt.


(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Weil es keinen Bedarf gibt.)


Ich will gar nicht polemisch sein. Bleiben Sie doch einfach ehrlich. Das Problem ist: Wenn sich mehr freie Schulen bilden wollen, dann heißt das natürlich, dass engagierte Eltern und Pädagogen dort gute Schule machen. Ich weiß das auch und ich bewundere die Arbeit, die dort vollzogen wird.


(Beifall DIE LINKE)


Das ist völlig unstrittig. Thüringen ist natürlich das Land und die Wiege der Reformpädagogik. Das sind Laboratorien für uns, wo wir auch sehen können, was passiert und wie es passiert. Im Prinzip - seien wir doch ehrlich - ist doch das, was dort geschieht, genau das, was wir als Vision für alle Schülerinnen und Schüler in Thüringen haben.


(Beifall DIE LINKE)


Deshalb wollen wir auch die Gemeinschaftsschule für alle. Wenn die sich so entwickeln könnten wie die freien Schulen mit ähnlichen Freiheiten und der Demokratie, die an diesen Schulen gelebt wird, dann wäre ich froh. Deswegen müssen wir natürlich die bestehenden freien Schulen und die freien Träger unterstützen. Wir halten auch überhaupt nichts davon, denen die Bezüge zu kürzen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dass der jetzige Minister dieselben Rezepte hat wie seine Vorgänger der CDU, das bedauern wir sehr. Auch dort hat man einfach auf die Zunahme der Zulassungsanträge mit Kürzungsdrohungen reagiert. Dass Sie in Ihrer Vergangenheit als Oppositionspartei sich auch in der Regierungsübernahme nicht besser vorbereitet haben, als die alten Rezepte wieder vorzuholen und einfach den Geldhahn zuschrauben zu wollen in der Hoffnung, dass sich damit das Problem löst, da kann ich nur sagen, das ist sehr bedauerlich.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen doch überlegen, wie können wir insgesamt für alle Schülerinnen und Schüler in Thüringen die Bildungspolitik verbessern. Da gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass wir pro Jahrgang 17.000 Schülerinnen und Schüler haben. Wenn wir mehr Zulassungen für freie Träger konstatieren und diese auch zulassen, dann bedeutet das natürlich, dass im staatlichen System dann weniger Geld ist. Im Übrigen kann man hier auch ablesen, dass es überhaupt nicht der Fall ist, dass wir alle Lehrerinnen und Lehrer verbeamten müssten, damit sie ihren attraktiven Arbeitsplatz in Thüringen finden, denn freie Schulen haben wesentlich jüngere Lehrerinnen und Lehrer und können natürlich auch ganz anders einstellen.

Ich will das aber für alle Schulen in Thüringen. Je mehr freie Schulen sich entwickeln, desto größer wird die Diskrepanz, umso größer wird die Schere aufgehen, weil das Geld natürlich dann für den staatlichen Sektor automatisch weniger wird. Wir wissen das, denn es ist schülerbezogen finanziert und deswegen bitte auch ich einfach um eine ehrliche Debatte. Ich weiß, dass die freien Schulen eine richtig gute Arbeit machen und mir tut es leid, dass die Bildungsreform ausgefallen ist und dass es wieder verstärkt Anträge gibt. Aber was ich nicht will, ist, dass ohne Bedingungen zu formulieren - die möchte ich noch gern nennen am Ende - sich die freien Schulen dann gründen dürfen, zugelassen werden und wir dann doch das haben, was wir nicht wollen, nämlich ein geteiltes Bildungsland in Thüringen.

Meines Erachtens muss es sich an mehreren Bedingungen festmachen, um die Zulassung zu erhalten. Das heißt beispielsweise, dass freie Schulen sich in die kommunale Schulnetzplanung einpassen müssen, dass es einen Flächentarifvertrag für alle Pädagogen gibt, dass auch an freien Schulen vernünftig finanziert und bezahlt wird, und dass sich natürlich auch das Soziale widerspiegelt, dass es genügend Härtefallregeln gibt. Wenn das der Fall ist, dann müssten möglicherweise auch freie Schulen tatsächlich ausfinanziert werden. Aber diese Haltelinien müssen erst einmal formuliert werden, die muss ein Minister auch ansagen


Präsidentin Diezel:


Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit geht zu Ende.


Abgeordnete Sojka, DIE LINKE:


und dann kann man prüfen und kann feststellen, dass wir eigentlich alle in einem Boot sitzen, nämlich dass wir gute Bildung in Thüringen realisieren wollen und nicht wie die FDP freie Schulen, weil sie billiger sind, gut finden und bei dem staatlichen Sektor dann 90 Mio. € kürzen.


(Beifall DIE LINKE)


(Unruhe FDP)


Ja, das war doch Ihr Antrag.

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