Zukunft der Feuerwehren in Thüringen – Brand- und Katastrophenschutz gewährleisten

Donata Vogtschmidt
RedenDonata Vogtschmidt

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/2290

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – zumindest diejenigen, die gerade noch keine Abendbrotpause machen, schön, dass Sie noch hier sind –, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, die sicherlich am Livestream noch mit dabei sind, die Angehörigen der Thüringer Feuerwehren leisten unverzichtbare Arbeit für die öffentliche Sicherheit in unserem Freistaat. Allein im letzten Jahr ist ihr Arbeitspensum um 33 Prozent auf über 600.000 Einsatzstunden angewachsen. In dieser Zeit wurden über 3.000 Menschen aus akuten Gefahrensituationen und Lebensgefahr gerettet. Dafür sind wir ihnen zu großem Respekt verpflichtet: Vielen Dank für Ihre und eure Arbeit!

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Ja, da kann man schon mal klatschen, das stimmt. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass hier von einer Hilfeleistung gesprochen wird, die keinesfalls selbstverständlich ist. Von unseren über 34.000 Thüringer Kameradinnen und Kameraden, die in 10 Berufsfeuerwehren und knapp 1.600 freiwilligen Feuerwehren organisiert sind, opfern über 96 Prozent ihre Lebenszeit im Ehrenamt für die Gesellschaft als Ganzes. Essenziell für die Menschenrettung und den Brandschutz sind hierbei nicht nur Hingabe und Herzblut, sondern auch eine gehörige Portion Mut. Denn wenn der Alarm kommt, springen sie in ihre Stiefel, ganz gleich, welche Uhrzeit es ist, und kehren manchmal mit teils heftigen Erlebnissen zurück – alles neben der Erwerbsarbeit, neben der Familie und neben ihren eigenen privaten Herausforderungen.

 

Über die Stärkung der Feuerwehren lässt sich deswegen eigentlich gar nicht streiten. Im Landtag bemühen wir uns deswegen seit Jahren fraktionsübergreifend und unabhängig vom Parteibuch, die Feuerwehren in Thüringen zu stärken. In acht Jahren der CDU-Regierung von 2006 bis 2014 gingen über die Landeshaushalte 109 Millionen Euro in die Bereiche Feuerwehr, Brand- und Katastrophenschutz sowie Rettungsdienste. Seit dem Regierungswechsel sind es in den acht Jahren von 2014 bis zu diesem Jahr inzwischen rund 290 Millionen Euro, das ist also etwas mehr als das Zweieinhalbfache. Ich glaube, es wird deutlich, dass Rot-Rot-Grün nicht nur unsere Parteifarben sind, sondern auch der Anstrich der Landeshaushalte die Prämisse trägt, die besonders roten Einsatzfahrzeuge zu stärken.

 

Jahrzehntelang wurde die Thüringer Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule in Bad Köstritz leider vermehrt hinten angestellt, denn es ist auch klar: Wenn man die Extremwetterereignisse wie zum Beispiel Starkregen, Hochwasser oder auch Vegetationsbrände nicht direkt vor Augen hat, sondern sie noch in weiter Ferne sieht, dann liegt die Priorität eher nicht auf der weitsichtigen Vorsorge. Wer den Stellenplan der Landesfeuerwehrschule im Jahr 2014 anschaut und den Entwurf für 2023 gegenüberstellt, wird aber feststellen, dass es über die Jahre sukzessive eine 75-prozentige Steigerung gibt. Der lange Modernisierungsstau aus den 90er-, 2000er- und auch Teilen der 2010er-Jahren wird nun auch Schritt für Schritt in Bad Köstritz behoben.

 

Im Landtag und gemeinsam mit dem Innenministerium haben wir als Rot-Rot-Grün parallel verschiedenste Initiativen gestartet, darunter auch eine Novellierung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes, die Neuerung von Förderrichtlinien, erhebliche Strukturveränderungen wie auch die aktuelle Leitstellenstrukturreform oder die Überarbeitung der Feuerwehrentschädigungsverordnung, nachdem diese ungefähr ein Vierteljahrhundert lang unangetastet in Thüringer Verwaltungsakten verstaubte, aber auch viele Anträge, zum Beispiel auch Projekte im Haushalt. So konnten wir gemeinsam mit dem Landesfeuerwehrverband, der uns wirklich stets ein wichtiger Partner und exzellenter Ansprechpartner war, die Mitgliederkampagne auf den Weg bringen, die bis heute erfolgreich wirkt und mithelfen konnte, dass seit Regierungsantritt tausende neue Mitglieder für die Jugendfeuerwehren gewonnen werden konnten – darunter 1.000 Mädchen, was mich im Zuge der Geschlechterparität natürlich besonders freut.

Der Antrag der CDU ist aus unserer Sicht weniger innovativ und auch wenig ambitioniert; das haben wir auch schon in der ersten Lesung deutlich gemacht.

 

(Zwischenruf Abg. Dr. König, CDU: Ihr hättet gar nichts gemacht, wenn wir es nicht gemacht hätten!)

 

Denn er enthält Vorschläge, die sich auch schon im Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün für die Wahlperiode bis 2024 wiederfinden. Er enthält Vorschläge, die mittlerweile längst umgesetzt sind.

 

(Zwischenruf Abg. Dr. König, CDU: In zwei Jahren!)

 

Er enthält Vorschläge, die von Rot-Rot Grün im Landtag zur Abstimmung gestellt wurden, aber von der CDU verweigert wurden. Wir können gern nachher noch mal auf den Haushalt 2020 und das Abstimmungsverhalten seitens der CDU schauen. Er kopiert auch mehrfach nur Maßnahmen von Rot-Rot-Grün und multipliziert untersetzte Haushaltsmittel willkürlich mit dem Faktor 2. Viele unkonkrete Lösungsvorschläge sind darin enthalten, zum Beispiel zu den Finanzierungsfragen; da bleiben viele Punkte offen. Er lässt auch viele Fragen zur Weiterentwicklung der Thüringer Feuerwehren in den kommenden Jahren offen. Und der Bereich des Katastrophenschutzes – das wurde vorhin auch schon angesprochen – wurde weitgehend vernachlässigt, anders als der Titel das eigentlich ankündigte, und der Titel steht auch schon seit zwei Jahren obendrüber.

Wir haben den Antrag dennoch an den Ausschuss überwiesen und dort auch eine wirklich umfangreiche und inhaltlich gute Anhörung durchgeführt, die auf ein geteiltes Echo stieß. Einige Punkte erhielten Unterstützung, andere deutliche Kritik – so auch durch den Landesfeuerwehrverband, der mehrfach kritisierte, dass die CDU Prioritäten falsch setzt, Gelder an den falschen Stellen erhöhen und damit verschwenden würde und dass eine generelle Pkw-Führerschein-Förderung einfach unverhältnismäßig sei. Auch wurde darauf hingewiesen, dass vieles schon im Fluss ist und der CDU-Antrag mittlerweile überholt ist, zum Beispiel die längst eingesetzte Feuerwehr-App FRIEDA, die auch in Thüringen sehr gut ankam.

 

Größte Kritik gab es an dem Vorschlag der CDU, quasi Minderjährige ungebremst in brennende Häuser zu entsenden. Hier gab es eindrückliche Warnungen des Landesfeuerwehrverbandes und auch der Feuerwehrunfallkasse.

 

(Zwischenruf Abg. Urbach, CDU: Das haben wir nicht vorgeschlagen!)

 

(Zwischenruf Abg. Dr. König, CDU: Unredlich ist das!)

 

Uns allen ist nämlich auch bewusst, dass gerade der Aufstieg aus der Jugendfeuerwehr in den erwachsenen Wehrtrupp mit einer sehr hohen Motivation verbunden ist.

 

(Unruhe CDU)

 

Trotzdem müssen zum Schutz des Nachwuchses hier auch die Regelungen des Jugend- und Arbeitsschutzes gewahrt werden.

 

(Zwischenruf Abg. Dr. König, CDU: Sie haben früher noch nie eine Feuerwehr von innen gesehen!)

 

Wir haben daher den ganzen Antrag umfangreich überarbeitet, sodass nun die Möglichkeit geprüft ist, 16-Jährige stärker einzubinden, sofern dabei zwingend beachtet wird, dass der Schutz vor psychischen und physischen Gefährdungen im Vordergrund steht, auch die individuelle geistige Reife beachtet wird und tatsächlich verfügbare personelle Ressourcen im Einsatz zur Beaufsichtigung berücksichtigt werden. Das wird in der Praxis sicherlich vielfach gar nicht möglich sein, weil gerade auch die freiwilligen Kameradinnen und Kameraden vor Ort oft andere Aufgaben haben. Damit wird dann aber letztendlich den verschiedenen Interessen Rechnung getragen.

 

Der Antrag der CDU deckt viele Herausforderungen der Thüringer Feuerwehren gar nicht ab, etwa die Frage der zukunftsfähigen Alarmierung und digitalen Alarmierung, wie es der Landesfeuerwehrverband zum Beispiel auch in seinen Jahresberichten stetig forderte. Wir haben die digitale Alarmierung nunmehr dort verankert

 

(Zwischenruf Abg. Urbach, CDU: Steht aber drin!)

 

– ja, mittlerweile steht sie drin, weil wir sie nunmehr darin verankert haben – und geben der Landesregierung die Rückendeckung, nun unter organisatorischer und finanzplanerischer Federführung für den Freistaat aktiv zu werden und die Landkreise und kreisfreien Städte um ein Mandat durch das Land zu ersuchen, damit uns die Modernisierung mit einheitlichen Standards gelingt.

 

In den letzten Monaten haben unsere Fraktion und ich viele Feuerwehren besucht – freiwillige, Werksfeuerwehren, Berufsfeuerwehren, Ämter für Brandschutz und Katastrophenschutz – und konnten dadurch viele Anregungen mitnehmen, darunter auch den Ansatz von Ausbildung in der Fläche, also weg von Bad Köstritz, um auch dort zu entlasten. Die Schule bauen wir weiterhin hochmodern aus, wir haben da auch ein direktes Finanzierungskonzept mit dem Ministerium. Dennoch ist es auch möglich, an den Standorten der Berufsfeuerwehren oder in den feuerwehrtechnischen Zentren in den vier Planungsregionen eine dezentrale praxisorientierte Grundlagenausbildung zu fördern. Diesen Vorschlag der Berufsfeuerwehr Eisenach haben wir daher in den Antrag der CDU integrieren können, nachdem wir uns vor Ort über deren Konzepte zu Containerlösungen überzeugen konnten. Wir haben auch die einseitige Ausrichtung auf die Feuerwehr korrigiert, beispielsweise auch die bessere Stellplatzförderung für Katastrophenschutz integriert und uns für eine Verknüpfung der Ausbildung und gegenseitige partielle Anerkennung von Ausbildungen zwischen der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule und der staatlich anerkannten Katastrophenschutzschule der Thüringer Hilfsorganisationen eingesetzt.

 

Wir halten noch einmal fest, dass die von Rot-Rot-Grün in den Haushalten verankerten Projekte wie die Kampagne „Respekt den Rettern“ und die Sensibilisierungskampagne „Bevölkerungswarnung und Katastrophenschutz“, die wir mit jeweils 100.000 Euro bedacht haben, zügig umgesetzt werden sollen.

 

Unterm Strich kann ich nun guten Gewissens sagen, dass es uns gelungen ist, Problematisches aus dem Antrag der CDU zu entfernen und konkrete Lösungsansätze dort zu unterbreiten, wo sie fehlten. Der Antrag ist aber insgesamt nur ein Mosaikstein aus dem gesamten Themenkomplex, dem wir uns widmen müssen – eigentlich auch schon seit Jahrzehnten hätten widmen müssen. Aus unserer Sicht müssen wir aber gerade anlässlich der Erfahrungen aus dem Ahrtal und dem Krieg in der Ukraine unsere Vorhaltungen im Bereich der Thüringer Katastrophenschutzlager und der Katastrophenschutzzüge noch mehr verbessern und die Thüringer Feuerwehren weiter modernisieren. Daher Zustimmung zum nun überarbeiteten Antrag. Ich hoffe, dass wir im Feuerwehrbereich auch für den Haushalt 2023 wieder an einem Strang ziehen können – für unsere Kameradinnen und Kameraden. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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