Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Aufbaubankgesetzes
Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/9865
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Thüringerinnen und Thüringer, der Gesetzentwurf, der heute hier von den Koalitionsfraktionen eingebracht, wird könnte überschrieben werden mit der bekannten Binsenweisheit: „Was lange währt, wird endlich gut.“
(Unruhe Gruppe der FDP)
Nach meiner Überzeugung ist schon zu lang über diese Fragen diskutiert worden. Wir hätten ruhig schon eher mit diesem Gesetzentwurf hier auch ins Parlament kommen können. Aber ich freue mich deshalb umso mehr, dass ich heute hier zur Einbringung dieses Gesetzentwurfs im hohen Haus sprechen kann, weil es in den vergangenen Wochen und Monaten erhebliche Zweifel gegeben hat, ob wir tatsächlich zu dieser Position hier kommen, einen Gesetzentwurf zur Eigenkapitalstärkung der Thüringer Aufbaubank im Hohen Haus zu diskutieren und dann hoffentlich auch zu beschließen. Umso größer ist natürlich jetzt die Freude, dass alle die, die dort bis zum Schluss skeptisch unterwegs waren, jetzt eines Besseren belehrt werden. Es gibt diesen Gesetzentwurf, und meine Vorrednerin Frau Merz hat das schon zu Recht mit dem Beschluss des Entschließungsantrags vom 20. Dezember verbunden, wo wir hier am Tag der Haushaltsbeschlussfassung gleichzeitig diesen Entschließungsantrag als Koalition mit den Stimmen der CDU beschlossen haben. Worum geht es? In unserem Gesetzentwurf finden Sie in der Begründung da folgende Ausführungen: Die schnelle Umstellung auf CO2-neutrale Energiequellen und Produktionsprozesse, einschließlich Energieeffizienzsteigerung, ist und bleibt für die Thüringer Wirtschaft eine Herausforderung, gerade in Zeiten extremer Preissteigerung und multipler Krisen. Deshalb müssen alternative Finanzierungswege genutzt werden, um den sprunghaft veränderten Rahmenbedingungen durch eine Beschleunigung der Transformation gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang sind insbesondere auch die Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals der Thüringer Aufbaubank – hier wie vorgeschlagen mit 50 Millionen Euro – im Fokus, denn infolge dieser Aufstockung kann ein vielfach zweckgebundenes Kreditvolumen für Transformationsinvestitionen ermöglicht werden. Soweit das Zitat aus der Begründung unseres Gesetzentwurfs. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir befinden uns tatsächlich in einer wirtschaftspolitischen und auch umweltpolitischen Ausnahmesituation, die außergewöhnliche Lösungen braucht, wo altes Denken nicht mehr weiterhilft, sondern mutig Chancen ergriffen werden müssen, für eine gute Zukunft des Freistaats. Worum geht es uns? Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse ist für viele Wissenschaftsvertreter und Politiker klar, was Wissenschaft und auch die Linke seit vielen Jahren vortragen: Die Schuldenbremse ist eine Investitions- und damit Zukunftsbremse mit fataler Wirkung auf den Wirtschaftsstandort Deutschland.
(Beifall DIE LINKE)
Zur Erinnerung an die letzten Fans der Schuldenbremse sei gesagt, dass das Verfassungsgericht mitnichten darüber eine Bewertung abgab – mitnichten, Herr Montag, eine Bewertung abgab –, ob die Schuldenbremse eine ökonomisch sinnvolle Regelung ist. Nein, es ging ausschließlich darum, ob die Umgehungstatbestände der Ampel, die die Bundesregierung angewandt hat, wohl auch aus der Not und der Erkenntnis heraus, dass das verheerende Auswirkungen hat, was wir hier mit dieser Schuldenbremse machen – dass diese unzulässig sind mit der Schuldenbremse in der Verfassung. Eine Verfassung, die übrigens Klimaschutz ebenfalls als Verfassungsziel enthält. Und wir wissen hier, dass wir unmittelbar vor entscheidenden Kipppunkten des Klimawandels stehen, wenn wir nicht schnellstens unsere Art des Wirtschaftens ändern. Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft, Ressourcen- und Energieeffizienzsteigerung sind hier die Stichworte, und der Ministerpräsident Bodo Ramelow fasst das regelmäßig wie folgt zusammen: regional vor global, und regenerativ. Professor Klaus Dörre sprach hier an diesem Pult in einer Anhörung des Wirtschaftsausschusses von der sozial-ökologischen Transformation, die den Unternehmen eine neue Verantwortungswahrnehmung abverlangt. Dabei geht es um die Umgestaltung unserer Wirtschaft, angefangen von der Energiewende, hin zu Erneuerbaren, dem verstärkten Einsatz von Recycling, von Kreislaufwirtschaft, eben auch der Steigerung von Energieeffizienz und der Implementierung neuer Technologien, neuer Wertschöpfungsketten. Nur so wird dieser Wirtschaftsstandort seine Attraktivität erhalten und verbessern, was eben unmittelbar mit der Frage zukunftssicherer Arbeitsplätze, mit guter Arbeit in Thüringen zusammenhängt. Und was hat das jetzt alles mit der TAB und ihrer Eigenkapitalbasis zu tun? Die politisch Verantwortlichen in diesem Land, in Deutschland, haben es geschafft, sich selber die Hände zu fesseln, kaum mehr Spielräume zu haben, Impulse, Anreize für eine dringend notwendige Dekarbonisierung der Wirtschaft und der Verwaltung setzen zu können. Wir waren schon bisher kein Vorreiter bei dieser Entwicklung und laufen jetzt Gefahr, den Abstand zu anderen Volkswirtschaften – Stichwort: Skandinavien – noch weiter aufreißen zu lassen. Und was machen in dieser Situation eigentlich unsere großen Konkurrenten auf dem Weltmarkt? Unsere Firmen, die hier in Thüringen auch existieren, auf dem gleichen Weltmarkt konkurrieren? China und die USA? So groß die wirtschaftlichen Unterschiede in beiden Ländern auch sein mögen, in einem sind sie sich offenbar einig: Es gibt massive staatliche Subventionen für die Wirtschaft zur Transformation, zu dekarbonisieren, Nachhaltigkeitsinvestitionen zu beschleunigen. Allein in den USA wird zurzeit unter der Überschrift „Inflation Reduction“ mit fast 400 Milliarden US-Dollar die größte staatliche Subvention aller Zeiten administriert. In Thüringen, meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir leider nicht die Schuldenbremse abschaffen, auch wenn es dafür gute Gründe gäbe. Was wir aber machen können, ist, die Möglichkeiten unserer landeseigenen Förderbank besser zu nutzen, die mit mehr Eigenkapital entsprechende Förderanreize für die Transformation setzen kann, damit wir schneller die Herausforderungen meistern, nicht, weil es Marktversagen gäbe, Banken oder Sparkassen das nicht finanzieren könnten, sondern weil die Herausforderungen an das notwendige Investitionsvolumen so gigantisch sind. Wir sind eben in einer Ausnahmesituation, was scheinbar leider noch nicht alle verstanden haben.
Ich will dazu ein Beispiel noch mal sagen, um das zu veranschaulichen: Voriges Jahr war ich beim Klimadialog der IHK hier gegenüber eingeladen. Dort hat der Geschäftsführer der Stadtwerke Erfurt, Herr Zaiß, davon gesprochen, dass allein die Wärmewende in der Landeshauptstadt eine Investitionsagenda aufruft, die im Volumen bei ca. 1 Milliarde Euro liegen wird, allein für Erfurt die Wärmewende ein Investitionsvolumina von 1 Milliarde Euro verlangt.
Eine größere Geschwindigkeit bei der Transformation der Wirtschaft zur Klimaneutralität würde laut Gutachten des Wirtschaftsministeriums Thüringen eine zusätzliche Wertschöpfung von 23,5 Milliarden Euro bis 2035 ermöglichen. Herr Voigt, weil Sie das vorhin vorgetragen haben mit den 15 Milliarden, die sie quasi in ihrer Interpolation da hochgerechnet haben: Hier geht es konkret um 23,5 Milliarden mehr Wirtschaftswachstum bei einer schnellen Dekarbonisierung der Thüringer Wirtschaft, die wir mit dieser vorgeschlagenen Eigenkapitalstärkung der TAB unterstützen wollen.
Unterm Strich ist dieser Schritt ein kleiner, aber wirksamer Beitrag, mit den Möglichkeiten der Landespolitik dem riesigen Bedarf an Nachhaltigkeitsinvestitionen zu begegnen, um unser Land schnell zu modernisieren und die Verpflichtungen aus Klimaschutzabkommen zu erfüllen. Wir laden also die demokratische Opposition in diesem Haus ein, sich an dieser Chance für Thüringen zu beteiligen. Wir wissen eben aus den Berechnungen der TAB, dass es um mindestens eine Verzehnfachung der damit initiierten Investitionen geht, also mindestens eine halbe Milliarde Investitionen in die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Thüringen investiert werden mit dieser Maßnahme, die die Modernisierung unseres Landes voranbringt.
Seien wir also mutig, meine sehr geehrten Damen und Herren, mutig und entschlossen, die sozialökologische Transformation als Chance zu nutzen, statt als Erbsenzähler diese zu verspielen getreu dem Motto von Voltaire: Wir sind verantwortlich für das, was wir tun, aber für das, was wir nicht tun, ebenso. Vielen Dank.
(Beifall DIE LINKE)
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