Umsetzung des Thüringer Kita-Gesetzes in Bezug auf die Personalberechnung

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/1326 -


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten. Wie es scheint, macht uns die Umsetzung des Kindertagesstättengesetzes genauso viel Arbeit wie seine Durchsetzung. Erst haben wir jahrelang für einen besseren Personalschlüssel gekämpft und jetzt scheint der Kampf anzustehen, um den Rechtsanspruch auf den erhöhten Personalschlüssel auch tatsächlich einzulösen. In den ersten Monaten nach der Verabschiedung sah es so aus, als müssten wir nur aus verständlichen Gründen gegen den Gemeinde- und Städtebund argumentieren - er hat ja aus Kostengründen das Gesetz abgelehnt -, der von Anfang an wenig Begeisterung für die Neuerung zeigte. Erste Anzeichen aus Ihrem Ministerium, Herr Matschie, legten jedoch schon die Befürchtungen nahe, dass es auch dort Widerstände gegen Ihr eigenes Gesetz gab. Es dauerte Monate, bis Ihre Internetseite aktualisiert wurde, und die Rechtsverordnungen sind immer noch nicht da. Es wurden merkwürdige Verlautbarungen aus Ihrem Hause bekannt, die da lauteten, Bedarfspläne seien nur deklaratorisch, was so viel heißt: Eigentlich ist es egal, ob man Bedarfspläne aufstellt oder nicht.

Gutwillige konnten zu diesem Zeitpunkt noch vermuten, dass dieses Unterlaufen des Gesetzes aus den untersten Hierarchien Ihres Hauses kommt. Aber seit der Sondersitzung im Bildungsausschuss und in mittlerweile verschickten Meldebögen zur Erfassung der Kinder in den Einrichtungen wissen wir, dass auch Sie, Herr Minister, Ihr eigenes Gesetz unterlaufen.

Nun fragen wir uns: Haben Sie es nicht verstanden, weil es von anderen geschrieben wurde, oder teilen Sie die Inhalte Ihres eigenen Gesetzes nicht? Beide Möglichkeiten sind ein Armutszeugnis für einen sozialdemokratischen Minister,


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


der nicht müde wird zu erklären, dass Bildung von Anfang an die grundlegende Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft sei.

Lassen Sie mich zu dem eigentlichen Inhalt der Aktuellen Stunde kommen, die Meldebögen. Dort wird seitens Ihres Ministeriums abgefragt, welche Kinder in welchem Alter sechs bzw. neun Stunden die Kita besuchen. Eigentlich ist das schon gegen den Geist des Gesetzes, aber auch gegen Ihre eigene Begründung.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie führen als Begründung im Anschreiben § 47 des SGB VIII an. Dort spricht man bei den Meldungen lediglich von Name, Anschrift, Standort der Einrichtung und von der Zahl der verfügbaren Plätze sowie den Namen und der beruflichen Ausbildung des Leiters und der Betreuungskräfte. Auch in § 9 Abs. 3 des Thüringer Kindertagesstättengesetzes, den Sie anführen, steht lediglich da, dass die Rechtsaufsicht die Einhaltung der Rechtsvorschriften prüft. Aber - wie gesagt - wir haben keine. In § 14 heißt es, dass von einer durchschnittlichen Betreuungszeit von neun Stunden ausgegangen wird, womit sowohl die Kinder berücksichtigt sind, die lediglich sechs Stunden in die Kita gehen, und auch jene, die dort zehn, elf oder zwölf Stunden in die Kindertagesstätte gehen und betreut und gefördert werden.

Jetzt könnten Sie natürlich sagen, dass es nun mal interessiert, wie lange Thüringer Kinder eine Einrichtung besuchen. Dann müssen Sie aber auch die Kinder abfragen, die deutlich über der Neun-Stunden-Grenze liegen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das tun Sie aber nicht, und zwar aus gutem Grund: Es geht Ihnen keineswegs darum, lediglich die Verweildauer der Kinder zu erfassen. Sie wollen das ausschließlich, um Geld zu sparen. Logisch wäre für mich gewesen, wenn Sie gefragt hätten, wie viel Kinder fünf Stunden die Einrichtung besuchen, ohne den Personalschlüssel zu minimieren, um dann damit herauszufinden, wie viele Kinder trotz Erziehungsgeld noch die Einrichtung besuchen. In den Meldebögen ist nämlich ganz genau vorgegeben, meine Damen und Herren, mit welchem Personalanteil ein Kind im Alter von sechs Monaten oder auch drei und sechs Jahren zu berechnen ist, wenn es die Kita neun Stunden besucht, und welcher Personalanteil zugrunde gelegt wird, wenn diese Zeit um ein Drittel heruntergesetzt wird. Ich denke, wir waren uns einig, dass wir das nicht wollten.

Also war es doch nicht so ernst gemeint mit einem Landesgesetz, das klare Vorgaben macht. Eine Sternstunde, Herr Minister, wie Sie es im Parlament am 29. April gesagt haben, eine historische Stunde für die Kita-Entwicklung - bis jetzt ist es maximal ein Sternstündchen. Ich fordere Sie auf, in Thüringen Klarheit zu schaffen, denn auch damit haben Sie Verunsicherung geschaffen. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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