Thüringer Gesetz zur Herstellung von mehr Transparenz in der Politik

Knut Korschewsky

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/3356

 

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren. Zu Beginn zwei kleine kurze Vorbemerkungen. Auch wir, Herr Schard, haben uns natürlich die Anhörung sehr wohl sehr genau angeschaut und haben auch sehr viele Änderungen an unserem ursprünglichen Gesetzentwurf vorgenommen, wie Sie schon am Änderungsantrag sehen können und damit aus unserer Sicht heraus auch die Verfassungsmäßigkeit überhaupt nicht mehr infrage gestellt, sondern ich glaube schon, dass das alles verfassungsgemäß ist und wir dem auch sehr gut nachkommen können. Und nur um einen Punkt zu nennen: Sie sprachen das unabhängige Gremium an, was aus Ihrer Sicht nicht verfassungsgemäß ist oder dass es da Bedenken gebe. Ich erinnere daran, dass wir beim Ministergesetz ebenfalls ein unabhängiges Gremium haben, welches die Karenzzeiten für Ministerinnen und Minister festlegt, was gerade bei einer Ministerin von den Grünen gewirkt hat und sie fast zwei Jahre lang keine neue Tätigkeit aufnehmen konnte. Auch das hat niemand an der Stelle angezweifelt. Aber vor ziemlich genau drei Jahren fand hier an gleicher Stelle die erste Beratung des rot-rot-grünen Gesetzentwurfs zur Herstellung von mehr Transparenz in der Politik statt, ein Gesetzgebungsverfahren, was von rekordverdächtiger Dauer ist. Das muss man einfach mal sagen. Damaliger Anlass – das wissen Sie alle – waren Lobbyaffären vor allem im Zusammenhang mit der Beschaffung von Schutzmasken. Allerdings ist Rot-Rot-Grün nicht erst durch diesen aktuellen Anlass auf die Idee gekommen, ein Lobbyregister in Thüringen einzurichten, denn schon im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Beteiligtendokumentation in der 6. Wahlperiode, was auch hier angesprochen wurde, wollten die Fraktionen, dass dieser legislative Fußabdruck zeitnah um das Instrument des Lobbyregisters ergänzt wird.

 

Kompakt auf den Punkt gebracht, geht es bei der zweiten Lesung zu vorliegendem R2G-Gesetzentwurf um die Ergänzung des Thüringer Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetzes, also des sogenannten legislativen Fußabdrucks um ein Lobbyregister. Zur Übersichtlichkeit und der besseren Nachvollziehbarkeit der Regelung wird dies in einem eigenständigen Abschnitt des Gesetzes festgeschrieben, verbunden mit der Bestimmung, dass beide Datenbestände über einen Zugang, ich betone, über einen Zugang und nicht in zwei Gesetzen, sondern über einen Zugang gemeinsam in einer öffentlichen Datenbank für Interessierte praktisch nutzbar sein müssen.

 

Die einreichenden Fraktionen haben diese Struktur des Gesetzentwurfs gewählt, weil Fachleute für den Bereich der lobbykritischen Handlungsinstrumente betonen, dass ein legislativer Fußabdruck, also Offenlegung der Daten bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen, und das Lobbyregister, das Auskunft darüber gibt, wer sich mit welchen inhaltlichen Anliegen auf welche Weise außerhalb eines Gesetzgebungsverfahrens an Parlamentarier bzw. Mitglieder der Landesregierung und ihr jeweiliges Umfeld wendet, zwei unterschiedliche lobbykritische Informations- und Kontrollinstrumente sind.

Der legislative Fußabdruck setzt seinen Schwerpunkt an die Frage an, wie ist ein Gesetzestext inhaltlich entstanden und wie hat vor allem der außerparlamentarische Bereich auf den Inhalt eingewirkt. Die Beteiligtendokumentation erfasst mit Blick auf das Gesetzinitiativrecht der Landesregierung konsequenterweise auch den sogenannten exekutiven Fußabdruck. Das heißt, die Landesregierung muss die Beteiligung Dritter an der Erarbeitung von Gesetzentwürfen und deren inhaltliche Beiträge dem Landtag und damit auch der Öffentlichkeit offenlegen. Das Lobbyregister als Transparenzinstrument setzt dagegen seinen Schwerpunkt an den Kontakten zwischen Personen an und legt offen, wer mit wem Kontakt hat. Das Register macht nicht nur die beteiligten Personen kenntlich, es macht durch Offenlegung von Inhalten, um die es bei der Kontaktaufnahme gegangen ist, auch die Gründe für die Kontaktaufnahme von außerparlamentarischen und parlamentarischen Akteuren transparent.

 

Auch die CDU, das haben wir hier gehört, brachte zeitnah mit Blick auf die Ausläufer der Lobbyaffären einen Gesetzentwurf unter dem Titel „Thüringer Gesetz zur Stärkung der parlamentarischen Demokratie durch maximale Transparenz“ ein. Zwar kommt im Titel der CDU der Begriff „maximale Transparenz“ vor, aber eigentlich stellt dieser Gesetzentwurf, der heute nicht mehr zur Debatte steht, einen strukturellen und inhaltlichen Rückschritt dar, denn er ergänzt den legislativen Fußabdruck nicht durch ein Lobbyregister, vielmehr überschreibt der damalige Gesetzentwurf und im Übrigen auch der vorliegende Änderungsantrag der CDU zur Beschlussempfehlung die geltenden Regelungen zur Beteiligtentransparenzdokumentation. Wir würden diese mit einer Beschlussfassung über den Änderungsantrag praktisch abschaffen.

 

Hinzu kommt, dass das von den rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen erarbeitete und beschlossene Thüringer Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetz belegt in Sachen legislativer Fußabdruck, und das würde ich noch einmal betonen, im bundesweiten Qualitätsranking den ersten Platz. Also warum sollen wir dieses wieder abschaffen, wenn wir dort bundesweit wirklich spitze sind und diese Spitze auch beibehalten sollten, meine lieben, sehr geehrten Damen und Herren? Es gibt also keinerlei Grund, uns von diesen Regelungen einfach zu verabschieden. Im Gegenteil, wenn Thüringen damit Vorbild für andere Bundesländer geworden ist, sollten die Thüringer Regelungen umso mehr mit Alltagsleben erfüllt werden.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Die Daten und Informationen des oben angesprochenen Lobbyrankings, das unter Federführung von Transparency International Deutschland aktuell erstellt wird, zeigen deutlich, die optimale Lösung in Sachen lobbykritischer Transparenz ist eine Kombination aus legislativem Fußabdruck und Lobbyregister, also genau das, was R2G vorgelegt hat.

Beide Gesetzentwürfe enthalten auch einen Artikel 2, bei dem es im Schwerpunkt um Neuregelungen im Abgeordnetengesetz bei den Spendenregelungen geht, auch hier schon angesprochen – im R2G-Gesetzentwurf eine transparente Offenlegung von Nebeneinkünften auf Euro und Cent genau. Im Übrigen eine langjährige Forderung der linken Fraktion in Thüringen, seitdem das Thema auf der Bundesebene auftauchte und das Bundesverfassungsgericht eine Stufenregelung für zulässig erklärte, aber auch die genaue Offenlegung von Nebeneinkünften als mögliches Regelungsmodell zuließ – also durch das Bundesverfassungsgericht gedeckt.

 

Zu beiden Gesetzentwürfen fand im Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz eine umfangreiche mündliche und schriftliche Anhörung statt, nicht nur mit Transparency und LobbyControl, sondern zum Beispiel auch mit den kommunalen Spitzenverbänden, Sozialverbänden, Vertreterinnen von Wirtschaft, Wissenschaft und Religionsgemeinschaften. Wir haben eine umfangreiche Auswertung dessen gemacht und einen überarbeiteten R2G-Gesetzentwurf an dieser Stelle vorgelegt.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann passierte lange nichts, fast drei Jahre lang. Wir haben in diesen drei Jahren mehrfach versucht, mit der CDU-Fraktion wieder in die Gespräche zu kommen. Wir wurden vertröstet, wir wurden immer wieder hingehalten, auf Regelungen in Bayern, auf der Bundesebene etc. zu warten. Es passierte also lange Jahre nichts und jetzt ist uns dann der Geduldsfaden ein wenig gerissen. Wir haben dann am 29. Februar den Änderungsantrag in den Ausschuss eingebracht, den wir der CDU-Fraktion auch lange als Diskussionsgrundlage angeboten hatten. Der Unterschied ist jetzt in der heutigen Verhandlung, dass er sich nur noch auf den R2G-Entwurf bezieht. Die CDU hat ihren Gesetzentwurf hier gar nicht mehr eingebracht. Es sei dahingestellt, warum nicht. Wir versuchen heute mit Blick auf die Wichtigkeit des Themas noch einmal deutlich zu machen, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat und über viele Jahre auch gefordert hat, dass wir deutlich machen, dass Transparenz in der Politik ein wichtiger Baustein ist und dass die Menschen diese Transparenz auch in der Politik haben wollen und brauchen.

 

Wie oben deutlich beschrieben, sind die R2G-Fraktionen aus gutem Grund nicht bereit, die Beteiligtentransparenzdokumentationen aufzugeben. Das strukturell inhaltliche Lösungsangebot von R2G, das wir jetzt vorgelegt haben, wäre ein guter gangbarer Kompromiss und brauchbar – wenn auch nicht optimal –, um einen Einstieg in ein Thüringer Lobbyregister zu bekommen.

 

Wir haben eine Evaluationsklausel eingebaut und wir haben viele Dinge vom Gesetzentwurf der CDU-Fraktion übernommen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir heute hierzu auch eine positive Entscheidung fällen. Trotz dieses sehr guten und brauchbaren inhaltlichen Kompromissangebots ist die CDU-Fraktion nicht darauf eingegangen und hat auch mit ihrem Änderungsantrag an jetziger Stelle wieder die Überschreibungsstrategie fortgesetzt. Deshalb bitten wir darum, diesem Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung der CDU-Fraktion nicht zuzustimmen und unserem Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung zuzustimmen. Lassen Sie mich zum Schluss an dieser Stelle sagen: Ein kleines Geschenkchen nach 15 Jahren bei meiner letzten Rede in diesem Landtag habe ich mir doch eigentlich verdient. Stimmen Sie deshalb unserem Gesetz einfach zu!

 

(Heiterkeit DIE LINKE)

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien