Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2010

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1089 - Erste Beratung


Danke, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will das Thema auch nicht unnötig in die Länge ziehen und ich denke, die Debatte gehört, um sie im Detail zu führen, in den Innenausschuss und ich bin mir auch sicher, dass dort sehr vehement um die Einzelpositionen gestritten wird. Ich möchte aber trotzdem noch mal erwidern auf die Fragen oder Anwürfe, die in Richtung meines Beitrags gegangen sind, weil ich denke, so kann man sie nicht im Raum stehen lassen. Ich bin auch dem Herrn Kollegen Meyer sehr dankbar, denn er hat noch mal in seinen Darlegungen einiges aufklären und richtigstellen können. Dazu muss ich im Einzelnen nicht noch mal Bezug nehmen.

Aber, Herr Fiedler, ich wünsche Ihnen gern, das wissen Sie, dass Sie 100 Jahre und älter werden, aber selbst dann würden Sie den Tag X, so wie Sie ihn beschrieben haben - mit der Entscheidungsfreudigkeit, sich genau in die eine oder andere Richtung zu entwickeln -, mit Sicherheit mit dieser heutigen Methodik nicht erleben, selbst wenn Sie 100 Jahre und älter würden. Sie müssen sich mal politisch durchringen, die Methodik zu ändern. Vorhin haben Sie bei der Nachfrage meines Kollegen Huster auch noch mal gesagt: na ja, diese Legislaturperiode, wir wissen es noch nicht so richtig. Es wird keine Alternative dazu sein und geben.


(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Seid ihr taub oder was?)


(Beifall DIE LINKE)


Herr Innenminister, ich gestehe Ihnen zu, Sie mögen Thüringen bewerten. Das ist vollkommen legitim. Aber Sie lehnen sich sehr weit aus dem Fenster, wenn Sie sagen - unterschwellig - Sachsen-Anhalt und Sachsen. Dort hat die Gebietsreform stattgefunden und ich weiß und kenne die Diskussion auch im Vorfeld hier in Thüringen. Man hat immer gesagt, wir sind mal sehr reserviert in unseren Anstrengungen und warten mal ab, was in anderen Bundesländern passiert, denn die Fehler, die dort passiert sind, müsse man ja nicht in Thüringen machen. Ich habe die erhitzte Debatte eben erlebt, mit Blick auf Sachsen-Anhalt und Sachsen: Die Menschen sind nicht ausgewandert, die sind auch nicht relativ unzufrieden, weil gesagt worden ist, die gehen nicht zur Wahl, es haben auch die Kommunalwahlen dort stattgefunden und die waren prozentual nicht unter den Werten, die hier in Thüringen waren zur Kommunalwahl. Es gab eine Riesenkritik der Verbände auf Landkreisebene, die sich sehr massiv dagegen ausgesprochen haben, hier ist der Begriff gefallen, das Abendland war nicht in Gefahr und ist es auch nicht. Insofern kann man wohlgemutes in Richtung Sachsen-Anhalt und Sachsen schauen, was die dort schon produziert haben und ich denke, das macht deutlich, dass wir hier in Thüringen noch ein weites Stück hinterher sind. Herr Fiedler, vorhin ist es unterschwellig angekommen: Sie dürfen nicht immer nur den Vergleich in Richtung DDR-Zeit machen. Immer wieder diese alte Geschichte vorzukramen. Wir leben im Jetzt und Heute.


(Unruhe CDU)


Wir müssen uns doch den realen Bedingungen stellen und den Erfordernissen, die die Zeit ganz einfach mit sich bringt. Da sage ich doch mit Fug und Recht: 1994 sind doch keine undemokratischen Entscheidungen getroffen worden, als die damalige Gebietsreform umgesetzt worden ist.


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich war damals noch nicht hier in diesem Haus, aber ich kenne die Entscheidung und weiß auch das Ziehen und Ringen eines jeden Abgeordneten für seine Region. Die Nachwehen haben sich teilweise bis heute noch nicht ganz gelegt, aber es war doch keine undemokratische Entscheidung, nur weil dieses Haus genau über diese Struktur entschieden hat - auch mit einer reichlichen Diskussion unter Einbeziehung der Bürger.

Noch eine Bemerkung, Herr Fiedler: Das fand ich natürlich sehr interessant. Sie haben in einem Nebensatz erwähnt, als es um die Frage der IHK ging, ich habe noch wohlwollend im Ohr, als Sie gesagt haben, nein, gesagt haben Sie es nicht, Sie haben es nur geschrieben, dass Sie für größere Strukturen in Thüringen sind, weil effizient usw. und haben mit Blick auch auf ihre wirtschaftliche Entwicklung das begründet und dargestellt. Sie haben gesagt: "Da stehen Geschäftsführerposten dahinter." Das ist eine interessante Darstellung. Die Landräte haben natürlich auch aus bestimmtem Eigeninteresse immer wieder dafür gefochten, ihre jetzigen Strukturen beizubehalten. Das ist interessant. Ich konnte gestern leider nicht zum Landkreistag, vielleicht hat es auch dort eine Rolle gespielt. Ich war aber auf mehreren Beratungen des Landkreistages, wo immer wieder in unterschiedlichster Form dafür geworben worden ist, diese Strukturen nicht anzutasten, weil die Ersparnisse und die Erfordernisse nicht gegeben seien, es würde maximal der Landrat abgeschafft werden. Deshalb - schaut man auch mal in Richtung der Wahltermine, die anstehen - sei das alles nicht möglich. Natürlich haben Sie ein höchst politisches Interesse, diese Strukturen nicht anzutasten, weil Sie damit an Ihre Substanz gehen. Das sind Ihre CDU-Landräte und das ist auch die obere Verwaltungsebene, sprich Amtsleiter. Das wissen wir doch. Das ist doch Ihr Mittelbau in Ihrer politischen Struktur.


(Beifall DIE LINKE)


Dabei haben Sie natürlich etwas zu verlieren und zu berücksichtigen. Das ist legitim, aber das entspricht nicht mehr den heutigen Erfordernissen. Sie müssen letztendlich mal über den Tellerrand hinausschauen.


(Beifall DIE LINKE)


Einsparungen - Sie haben es benannt, Sie müssen es uns nicht glauben, aber ich erinnere noch mal an die Enquetekommission, dort ist aus profundem Munde gesagt worden, durch wissenschaftliche Expertisen, die 300 Mio. €, die da benannt worden sind, jährliche Einsparung. Das müssen Sie mir nicht glauben, aber ich denke, es war durchaus wissenschaftlich fundiert dargelegt, den dieser Effekt durchaus mit sich bringen würde.

Die Frage Leitbild: Ich würde es mir wünschen, das sage ich ganz deutlich, wenn sich dieses Hohe Haus gemeinsam - weil ich die angestrengte Debatte mit den Bürgerinnen und Bürgern kenne - auf ein Leitbild einigen könnte, um hier etwas voranzubringen. Wir haben es, das ist bedauerlicherweise nicht geschehen, in der Enquetekommission nicht hinbekommen, ein gemeinsames Leitbild zu fixieren. Die Fraktionen sind bei ihren unterschiedlichen Anschauungen geblieben. Deshalb, Herr Kollege, wäre das ein hehrer Anspruch auch für Sie als Innenausschussvorsitzender oder für den Innenausschuss selbst, in dieser Richtung durchaus weiterzuarbeiten, ein gemeinsames Leitbild zu entwickeln, wo man vielleicht auch auf einen gemeinsamen Nenner kommt in dieser Frage. Wir haben keine Zeit, wir dürfen keine Zeit verstreichen lassen. Da bin ich wieder bei Ihnen, Herr Fiedler, den Tag X können wir nicht sonst wohin verschieben. Die Zeit, die wir jetzt verstreichen lassen, kostet viel Geld und das haben wir nicht. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE)

Dateien