Thüringer Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung in den Jahren 2024 und 2025 und zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher sowie anderer Vorschriften 2/2
Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/9853
Sehr geehrter Herr Präsident, der vorliegende Gesetzentwurf in der Drucksache 7/9853 umfasst 232 Seiten Papier. Aber nicht nur von der Seitenzahl ist er sehr umfänglich, sondern eben auch von der Wirkung auf den Haushalt. Im Kernhaushalt belaufen sich die Änderungen aus diesem Gesetz in diesem Jahr auf 43 Millionen Euro, im nächsten Jahr auf 140 Millionen Euro und ab 2026 jährlich auf 150 Millionen Euro. Allein diese Dimension zeigt schon, dass man hier doch etwas behutsam an die Thematik herangehen muss. Der Grund für diesen Gesetzentwurf ist die regelmäßige Anpassung der allgemeinen wirtschaftlichen finanziellen Verhältnisse und der Entwicklung, und dabei werden insbesondere die Ergebnisse der Tarifgemeinschaft der Länder berücksichtigt als auch natürlich die Bestimmungen zur verfassungsgemäßen Alimentation.
Und hier ist auch schon ein erster Knackpunkt oder Kritikpunkt, den wir auch in der Anhörung haben lesen können oder wahrgenommen haben, denn hier eine getrennte Betrachtung der Anpassung der Tarifregelung der Tarifgemeinschaft der Länder an das Besoldungssystem und der angemessenen Alimentation vorzunehmen, ist meines Erachtens ungerechtfertigt, da beide doch gewisse Einflussfaktoren auf ein und dasselbe Besoldungsrecht sind. Also sind die hier im vorgelegten Gesetzentwurf angedachten jetzt 1,462 Prozent meines Erachtens durchaus sachgerecht. In der Anhörung, die wir durchgeführt haben – und eine Bemerkung sei mir gestattet, im Online-Diskussionsforum war in einer Wortmeldung zu lesen, dass ja die Abgeordneten des Landtags hoffentlich auch diese Beiträge lesen und ich darf allen, die sich daran beteiligt haben, versichern, dass wir alle Zuschriften und auch die Zuschriften im Online-Diskussionsforum sehr genau lesen. Und in der Folge möchte ich auch darauf noch weiter eingehen.
Ein großes Diskussionsthema war und sind – das haben wir hier auch festgestellt oder nehmen das mit – der 200-Euro-Sockelbetrag. Hier spielt das Abstandsgebot eine bedeutende Rolle, und ich versuche das mal mit meinen Worten zu beschreiben. Bei den Beschäftigten, also den Nichtbeamten, gibt es eine Gehaltserhöhung von 200 Euro für alle. Also der Kollege in der E5 bekommt 200 Euro mehr und der leitende Angestellte in der E15 bekommt auch 200 Euro mehr. Bei den Beamten geht das so nicht. Zumindest im vorliegenden Gesetzentwurf gilt das für die Thüringer Beamtinnen und Beamten nicht. In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz geht es. Wir zahlen statt 200 Euro für alle also 4,76 Prozent mehr wegen eben dem Abstandsgebot. Ich verdeutliche das gern an zwei Beispielen: Ein Beamter in der Besoldungsgruppe A6 als Justizoberassistent am Landgericht bekommt ein Grundgehalt von etwa 3.000 Euro. 4,76 Prozent davon sind 142,80 Euro Grundgehaltserhöhung, brutto. Zusammen mit der Erhöhung der allgemeinen Zulage bekommt er etwa 110 Euro netto mehr. Einem Angestellten mit der Gehaltserhöhung von 200 Euro bleiben nach Steuern, Sozialversicherungen, VBL etwa 105 Euro netto. Also wird der Beamte leicht bessergestellt als Angestellte. Dieser Unterschied ist meiner Meinung nach aber gering, und ich würde behaupten, dass das Tarifergebnis mit dem Sockelbetrag an dieser Stelle gut umgesetzt ist. Beamten und Beschäftigte werden also gleichbehandelt. Beim Beispiel 2 ist eine Präsidentin mit der Besoldungsgruppe B9. Sie bekommt 12.000 Euro Grundgehalt im Monat. 4,76 Prozent sind bei ihr aber nicht 142 Euro wie beim Justizoberassistenten, sondern 570 Euro. Netto nach Steuern bedeutet das bei der B9 also etwa 330 Euro monatlich mehr im Portemonnaie. Das ist ein Vielfaches gegenüber den unteren Besoldungsgruppen und auch fast das Dreifache dessen, was nichtbeamtete Beschäftigte in allen Entgeltgruppen bekommen. Der Grund dafür ist eben jenes Abstandsgebot. Und der Abstand wird eben nicht in Euro gemessen. Nein, er bestimmt sich relativ, also in Prozent oder Vielfachen. Viele Anzuhörende sehen das als kritisch, und dem schließe ich mich an. Hier werden untere Besoldungsgruppen zwar nicht benachteiligt, aber höhere über Gebühr begünstigt. Es gab weitere Kritikpunkte aus den Anzuhörendenzuschriften, unter anderem die Streichung der unteren Besoldungsstufen. Hier wird gesagt, dass dies ungerechtfertigt bzw. ungerecht gegenüber länger beschäftigten Beamtinnen und Beamten sei. Das teile ich nicht. Ich denke, vielmehr könnte man über eine Anpassung der Zulagen, zum Beispiel bei der Polizei, auf das Bundesniveau von 228 Euro nachdenken, um die Attraktivität zu steigern. Aber, und das gehört der Ehrlichkeit halber dazu, das Besoldungsgefüge in Thüringen hat sich – und das entnehmen Sie auch dem Gesetzentwurf – in den Jahren 2010 bis 2025 um 44,82 Prozent erhöht. Zum Vergleich: Bei Tarifbeschäftigten war es gerade mal ein Prozentpunkt mehr. Ein weiterer Kritikpunkt, der ist der sogenannte alimentative Ergänzungszuschlag. Viele, nahezu alle Anzuhörende kritisieren den. Hier wird ein Betrag von bis zu 531,23 Euro in diesem Jahr gezahlt, sofern der Partner oder die Partnerin des Beamten nicht erwerbstätig ist und Kinder da sind. Das wird meines Erachtens durchaus zu Recht als Herdprämie bezeichnet und ist nicht mehr zeitgemäß und bildet schon gar nicht ein modernes Gesellschaftsbild ab.
Ähnlich verhält es sich mit den Familienzuschlägen. Diese sind in Thüringen ab dem dritten Kind tatsächlich im Vergleich im Durchschnitt gesehen relativ hoch. Hier kann man zumindest sagen, dass die familienbezogenen Bestandteile der Besoldung einen enormen Anteil der Gesamtbesoldung einnehmen. Da bleibt aber tatsächlich die Frage: Folgt die Besoldung hier dem Amt oder eher dem Familienstatus? Der Ehrlichkeit halber muss man auch hier sagen: Beiden. Jedoch ist zu beobachten, dass mit den Jahren jetzt auch im Zuge der verfassungsgemäßen Alimentation in den letzten Gesetzgebungsverfahren meiner Meinung nach hier eine gewisse Unwucht entstanden ist. Für die Zukunft gilt es, diese Unwucht auszugleichen.
Hier sage ich gleich von vornherein: Wir werden als Fraktion Die Linke diesem Gesetzentwurf zustimmen, trotz aller Kritik, die ich gerade genannt habe. Ich muss aber dennoch sagen, dass eine Nachbesserung im Besoldungsgefüge in Thüringen an und für sich auch für mich notwendig erscheint. Nichtsdestotrotz muss ich da dem Kollegen Kowalleck, der mir vielleicht zuhört, zustimmen, der sagt, dass dies nicht kurzfristig zu gewährleisten sei, aber eine Nachbesserung ist notwendig. Oder besser noch, wir machen es so: Wir beenden die Zersplitterung des Besoldungsrechts in Deutschland und schaffen wieder bundeseinheitliche Regelungen. Das wäre für alle das Einfachste und Gerechteste. Vielen Dank.
(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dateien
- re714010.pdf
PDF-Datei (154 KB)