Thüringer Gesetz über Hilfen zur Bewältigung der Energiekrise für Kommunen und Bildungseinrichtungen

Steffen Dittes
RedenSteffen Dittes

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/7464

 

Herr Bühl, jetzt haben Sie es geschafft, mich doch noch mal hier vorzumotivieren und mich an der Diskussion zu beteiligen, weil ich glaube, wir müssen auch mal einige Sachen wieder geraderücken, die Sie versucht haben, hier darzustellen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das war aber falsch!)

 

Erstens war es ja wirklich sehr amüsant – aber das ist jetzt eher so ein parlamentarischer Insider, der ist gar nicht für die Öffentlichkeit –, dass Sie jetzt an dieser Stelle, wo Sie merken, dass das mit dem Sondervermögen gar nicht so funktioniert, wie Sie sich das vorgestellt haben, Rot-Rot-Grün für diesen Gesetzentwurf verantwortlich machen. Seit Oktober ist die CDU-Fraktion durch das ganze Land gezogen und hat gesagt, dieses Sondervermögen war unsere Idee, war unser Gesetzentwurf, das ist das, was wir auf den Weg gebracht haben. Da haben wir Ihnen damals schon gesagt, dass das nicht richtig ist, wenn man in den Parlamentsprotokollen nachguckt. Jetzt scheint aus Ihrer Sicht etwas nicht so zu funktionieren, wie Sie es sich vorstellen, dann sind Sie es natürlich nicht, sondern dann sind es die anderen. Das ist im Prinzip auch das Problem Ihrer politischen Verantwortungswahrnahme. Sie wollen im Prinzip für nichts verantwortlich sein, was Sie wirklich gestalten, nach vorne entwickeln. Sie wollen sich im Prinzip darstellen, also ob Sie diejenigen sind, die immer für das Gute verantwortlich sind, für das Schlechte sind die anderen verantwortlich. Und manchmal habe ich bei Ihnen den Eindruck, Sie scheinen dieses Land aus der Opposition heraus regieren zu wollen.

 

Aber ich will Ihnen auch sagen, warum es nicht richtig ist, wenn Sie hier darstellen, das funktioniert nicht in diesem Bereich des Sondervermögens. Wenn man die Bildung eines Sondervermögens in Höhe von insgesamt im Oktober dann 407 Millionen Euro zum Anlass nimmt, dass dieses Sondervermögen in dieser Höhe einfach nur zur Auszahlung des Geldes gedacht ist, also im Prinzip ein finanzieller Freibrief an die Finanzministerin und an die Landesregierung, das Geld über das Land zu verteilen – Frau Taubert hat sehr deutlich gemacht, wozu dieses Sondervermögen vom Landtag gedacht war. Es war gedacht, sich als Land in Bereitschaft zu bringen, dort einzugreifen, wo die Energiepreisexplosion tatsächlich zu existenziellen Schwierigkeiten führt, um genau dort großartigen Verwerfungen, die zum Stillstand oder auch zum Abbruch von Unternehmenstätigkeit führen, entgegenwirken zu können.

 

Es ging niemals darum – und das war uns auch allen klar, als wir hier über das Sondervermögen geredet haben –, Mehrbelastungen, die in vielen gesellschaftlichen Bereichen zuvörderst bei Bürgerinnen und Bürgern auftreten, einfach mit Geldpauschalen in irgendeiner Form entgegenzuwirken, sondern es ging darum, Verwerfungen, die daraus entstehen, tatsächlich abzumildern: bei Menschen, bei Vereinen, bei Sportinstitutionen, bei Kommunen und eben auch bei Unternehmen. Das war das Ziel.

 

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Es ist doch kein Geld gekommen, oder?)

 

Es war nicht das Ziel, 407 Millionen Euro über das Land einfach mal pauschal zu verteilen, weil das das Prinzip „Gießkanne“ ist. Das machen Sie bei den Kommunalfinanzen sehr gern, aber Sie helfen damit nicht zielgenau, weil Sie nicht dort Geld investieren, wo es notwendig ist, sondern weil Sie am liebsten eine Pressemitteilung schreiben wollen, dass die CDU dafür gesorgt hat, Geld einfach zu verteilen. Das ist aber kein verantwortlicher Umgang mit Geld,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

das wir im Namen der Bürgerinnen und Bürger hier parlamentarisch verwalten und wofür wir auch eine Verantwortung haben, damit tatsächlich für die Zukunft vorsorgend ordnungsgemäß umzugehen.

 

Deswegen will ich Ihnen zum zweiten Punkt sagen, weil Sie immer an die Landesregierung appellieren, sie habe seit Oktober zu wenig dafür getan, das Geld auszuzahlen. Das folgt ja auch dieser Logik, dass wir einfach mal 407 Millionen Euro über das Land verteilen und gar nicht gucken, welche Wirkungen eigentlich notwendig sind und welche Wirkungen wir möglicherweise mit diesem Gießkannenprinzip kontraproduktiv erfüllen.

 

Und dann haben Sie die Krankenhäuser angesprochen – das ist ja ein beliebtes Thema Ihrer Fraktion –, dass Sie dort eine Verantwortlichkeit erkennen. Wir haben hier zwei Entwicklungen seit Oktober, seitdem wir über das Sondervermögen reden. Das eine ist: Wie entwickelt sich tatsächlich die Preisexplosion? Da gab es viele Maßnahmen der Bundesregierung. Über die können wir kritisch diskutieren, ob die ausreichen, ob die zielgerichtet waren, aber die haben dazu geführt, dass sich die Preisentwicklung insbesondere über den Jahreswechsel nicht so explosiv dargestellt hat, wie wir das vielleicht im Oktober noch vermutet haben. Das heißt, das, was Grundlage für dieses Sondervermögen, was Grundlage des Wirtschaftsplans, was Grundlage des Gesetzentwurfs gewesen ist, den Rot-Rot-Grün hier als Erstes eingebracht hat, hat sich in dieser Form nicht dargestellt, sondern anders entwickelt, das war im Oktober nicht vorhersehbar. Insofern müssen wir doch tatsächlich auch auf diese Entwicklungen reagieren.

 

Es gab aber noch einen zweiten Aspekt, den haben Sie im Prinzip in Ihrer Rede unterschlagen und den muss man im Prinzip auch benennen. Es gab nicht nur eine Entwicklung bei den Preisen durch Intervention auch der Bundesregierung, es gab auch Verabredungen zu gezielten Hilfsprogrammen in vielen Bereichen. Das betrifft den Unternehmensbereich und das betrifft insbesondere auch den Krankenhausbereich. Deswegen ist es doch folgerichtig, wenn zwei Akteure im föderalen System mit öffentlichen Geldern Strukturen, Institutionen unterstützen, dass dies nicht doppelt passiert, sondern dass diese beiden Programme aufeinander abgestimmt wirken, weil es eben nicht darum geht, in der Krise einfach Geld zu verteilen, sondern zielgerichtet zu helfen und zu unterstützen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Das heißt dann eben auch für ein Landesparlament und für eine Landesregierung, Bundesmittel vorrangig einzusetzen, und das heißt dann eben auch, darauf zu warten, was wirklich vom Bund auch an Programmen aufgelegt wird, denn das ist verantwortungsvoller Umgang mit öffentlichen Geldern – und ich sage es Ihnen noch mal –, die wir als Parlamentarier treuhänderisch für die Bürgerinnen und Bürger verwalten. Das ist nicht Geld, mit dem wir einfach um einer Pressemitteilung wegen über das Land ziehen und es wie aus dem Füllhorn heraus mit der Gießkanne verteilen.

 

Dann komme ich noch zum zweiten Punkt, zu Ihrem Gesetzentwurf: Ich habe mir den sehr genau angesehen und war schon sehr überrascht, welche Aufgaben Sie im Prinzip Unternehmen hier auferlegen wollen. Ihren Hinweis auf Bayern nehme ich gern mit. Wir diskutieren die Tage oder vielleicht im nächsten Plenum ja auch einen Gesetzentwurf von Ihnen zum Vergabegesetz, wo Sie praktisch Unternehmen von bürokratischen Aufgaben entlasten wollen. Nun sagen Sie hier: Okay, nach dem Sondervermögensgesetz sind gar nicht so viele Unternehmen in eine wirtschaftliche Notlage gelangt, wie wir das vielleicht im Oktober befürchtet haben. Da sagen Sie nicht, das ist gut, das ist doch schön, dass es die Entwicklung gegeben hat. Sie sagen, ja, die brauchen trotzdem das Geld. Deswegen wollen Sie die Anspruchsvoraussetzungen herabsetzen, nur damit das Geld ausgezahlt wird, das ist Ihr Motiv. Als Bedingung haben Sie dann in Ihrem Gesetz formuliert, „die absehbar ihre wirtschaftliche Existenz bedrohen“ – also die Belastungen, die dargestellt werden müssen, die absehbar ihre wirtschaftliche Existenz bedrohen.

 

Lieber Herr Bühl, lieber Herr Voigt, was ist denn dabei wirklich die rechtssichere Grundlage, die man da zur Auszahlung nehmen soll? Was heißt denn „absehbar“? Innerhalb welches Zeitraums, welche möglichen weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen, möglicherweise Fehlinvestitionen, Nachfrageveränderungen auf dem Markt usw. müssen da möglicherweise als Faktoren mit ausgerechnet werden. Das heißt, Sie auferlegen den Unternehmen, einerseits nachzuweisen, dass es momentan wirklich zu Belastungen durch gestiegene Betriebskosten kommt, die aber ausschließlich auf die Energiepreisexplosion zurückzuführen sind. Und daraus muss eine Prognoseentwicklung abgeleitet werden, die zu einer wirtschaftlichen Bedrohung irgendwann in der Zukunft führt. Dabei muss ausgeschlossen sein, dass diese wirtschaftliche Bedrohung eines Unternehmens durch andere Faktoren beeinflusst ist.

 

Das ist doch nicht praktikabel, das setzt doch die Unternehmen unter Druck, hier wirklich sehr intensiv mit Wirtschaftsprüfern umfangreiche Betrachtungen in die Zukunft vorzunehmen, um dann am Ende in den Genuss von Fördermitteln zu kommen, die diese Situation abwenden können. Das ist weder im Interesse der Unternehmen rechtssicher, das ist auch nicht im Interesse des Wirtschaftsministeriums rechtssicher und das ist vor allem auch nicht Anliegen des Sondervermögens gewesen, in der Krise tatsächlich existenzbedrohliche Situationen abzuwenden.

 

Wenn wir in die Zukunft investieren und Unternehmen zukunftsfähig aufstellen wollen, dann dürfen wir im Prinzip nicht nur der Krisenbewältigung hinterherrennen, sondern wir müssen präventiv nachhaltig investieren, damit wir zukünftige Krisen für die Unternehmen tatsächlich ausschließen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dafür werben wir, wir werden noch einen Tagesordnungspunkt haben, um darüber zu diskutieren. Ich glaube, dass Ihr Gesetzentwurf eine Grundlage ist, um darüber zu diskutieren, aber ich glaube nicht, dass das der Lösungsvorschlag ist, den wir hier verfolgen sollten. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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