Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2011 1/3

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1541 -


Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben gestern den Ministertausch oder -austausch erlebt. Ich bin davon überzeugt, es ist eigentlich egal, wer das Finanzministerium oder das Innenministerium führt, diese Regierung hat ein strukturelles und ein intellektuelles Problem. Probleme werden nicht einmal erkannt. Wer natürlich Probleme nicht erkennt, dem fällt es schwer, Problemlösungen hier zur Diskussion zu stellen und sie dann auch noch umzusetzen, so dass dann letztlich die Probleme aus der Welt sind. So kann es nicht weitergehen. Der vorliegende Haushaltsentwurf ist auch ein Beleg dafür, dass die jetzige Landesregierung und die sie tragende Fraktion in der Vergangenheit verharren und für die Zukunft und die Probleme in diesem Lande zumindest keine flächendeckenden Lösungen angeboten hat. Dabei schließe ich nicht aus, dass punktuell durchaus der eine oder andere Lösungsansatz vorhanden ist. Der CDU-Fraktionsvorsitzende, Herr Mohring, hat hier mehrfach zum Verschuldungsverbot gesprochen. Das ist natürlich schwierig, wenn die CDU, die die 18 Mrd. € Landesschulden zu vertreten hat,


(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Nein, das ist übertrieben.)


sich jetzt anbietet, eine Lösung für dieses Problem aufzuzeigen, und das wiederum zulasten der meist sozial Schwachen oder der Infrastruktur. Da wäre es ein erster Schritt, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen, dass die CDU kritisch mit ihrer Verantwortung für diese Schulden zunächst umgeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Fraktionsvorsitzende der SPD hat hier mehrfach betont, dass die Vorschläge der LINKEN für den Kommunalen Finanzausgleich und das Finanzausgleichsgesetz verfassungswidrig seien; er ist aber eine Begründung schuldig geblieben. Der Hinweis auf Verfassungswidrigkeit, das ist so etwas, da wird gar nicht weiter diskutiert, weil alle sind sofort erschrocken und sagen, wenn dieser Vorwurf erhoben wird, dann ist der Vorschlag nicht mal mehr diskussionswürdig. Wir setzen uns damit auseinander, weil, auch das betonen wir und auch ich persönlich immer wieder, wir sind im Gegensatz zu manchen anderen hier nicht mehr Anhänger des Dogmatismus und sagen, unsere Angebote sind immer Diskussionsangebote und wir nehmen für uns nicht in Anspruch, alleinig die Wahrheit in unseren Anträgen zu formulieren. Aber wir können natürlich erwarten, dass man sich ernsthaft mit unseren Vorschlägen auseinandersetzt. Da ist festzustellen in den letzten Jahren, dass es eigentlich nur eine Fraktion in diesem Hause gibt, die konsequent darauf achtet, dass diese Verfassung geachtet wird, und das ist die LINKE.


(Heiterkeit im Hause)


Alle anderen legen die Verfassung doch sehr großzügig aus und dort, wo es nicht passt, wird sie auch mal gebrochen.


(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Alleinvertretungsansprüche sind auch von gestern, Herr Kuschel.)

(Unruhe im Hause)


Ja, darüber können wir dann reden. Aber ich habe nur die Realität widergespiegelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir halten das Regierungshandeln in diesem Finanzausgleich für verfassungswidrig. Ich will das begründen und nicht als Behauptung stehen lassen. Sie wollen den Gemeinden, den Kommunen allgemeine Zuweisungen über die Schlüsselzuweisung zur Verfügung stellen und durch die Hintertür werden diese allgemein nicht zweckgebundenen Zuweisungen mit einem hohen Grad der Zweckbindung versehen, indem wir nämlich im Kindertagesstättengesetz und den Durchführungsverordnungen ganz harte Vorgaben machen zum Personalschlüssel, zur Ausstattung der Kindertagesstätten, zu pädagogischen Konzepten. Damit tritt natürlich automatisch eine Zweckbindung ein. Es wird sichtbar, dass die Landkreise unterfinanziert sind. Denn das hat auch die Anhörung noch mal gezeigt, der Landkreistag gibt unumwunden zu, dass etwa 80 Prozent der Mittelt, die anteilig aus der Kindertagesstättenfinanzierung an die Landkreise fließen, für andere Aufgaben verwendet werden müssen. Das ist nicht in Ordnung. Dort sehen wir eben das Problem, dass das Urteil des Verfassungsgerichts von 2005 doch in sehr fragwürdiger Art und Weise uminterpretiert wird.


Was hat die Landesregierung gemacht? Sie hat die Finanzausgleichsmasse um die rund 90 Mio. €, die das neue Kindertagesstättengesetz kostet, aufgestockt. Aber auf der anderen Seite hat die gleiche Landesregierung 18 Mio. € bei der Auftragskostenpauschale durch ein fragwürdiges Berechnungsmodell gekürzt. 92 Mio. € gekürzt indem Sie formulieren, die Gemeinden können Einnahmen bei der Gewerbsteuer zusätzlich durch die Anhebung des Hebesatzes erzielen und sie haben 26 Mio. € bei der Grundsteuer durch das gleiche Verfahren dann gekürzt, indem Sie gesagt haben, hier können die Gemeinden über höhere Hebesätze zusätzliche Steuereinnahmen tätigen. Wobei das mit der Grundsteuer kein neues Modell ist, das besteht schon seit längerer Zeit. Damit drücken Sie Konflikte, die sich aus der Unterfinanzierung des Landeshaushalts ergeben, auf die kommunale Ebene runter. Sie hoffen nämlich, dass sich die Kommunalpolitiker und die Bürger die „Köpfe einschlagen“, weil die Kommunalpolitiker jetzt mit den Bürgern in den Dialog treten müssen, was sie denn lieber hätten, eine Anhebung der Hebesätze für die Steuern oder höhere Kindertagesstättengebühren. Nur diese Alternativen haben die Gemeinden. Ich habe das schon mehrfach hier im Hause betont, ich bin offen für einen Dialog, was die Steuereinnahmen betrifft, aber bitte schön nicht durch die Hintertür und nicht, dass wir jetzt am 10. Dezember 2010 das beschließen und am 01.01.2011 sollen die Kommunen das schon umsetzen. Da brauchen die Kommunen tatsächlich Übergangsfristen, um diesen offenen Dialog mit den Bürgern auch zu suchen. Wenn wir ihnen das nicht gewähren, ist der Vorwurf der Kommunen gerechtfertigt, dass wir durch die Hintertür letztlich die Konflikte, die sich aus dem Landeshaushalt ergeben, auf die kommunale Ebene runterdrücken. Gerade Sie als neuer Innenminister sollten Lobbyist für die Kommunen sein, sonst haben Sie Ihre Aufgabe verfehlt. Wenn Sie nicht Lobbyist für die Kommunen sind, haben Sie Ihre Aufgabe verfehlt.


Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Anmerkung zu den kreisfreien Städten. Sie versuchen erneut, die Unterfinanzierung der kreisfreien Städte zu lösen, indem Sie so tun, als hätten die kreisfreien Städte immer 100.000 Einwohner. Das ist ein Ausblenden der Realitäten, weil wir wissen, drei kreisfreie Städte sind ganz weit weg von 100.000 Einwohnern. Wir halten auch die kreisfreien Städte als zentrales Problem - das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren - und wir brauchen eine Lösung für die momentane Situation. Wir haben eine vorgeschlagen befristet bis 2014, damit dann tatsächlich der Einstieg in eine Funktional- und Verwaltungsreform gelingt. Da bin ich bei meinem letzten Aspekt. Die SPD fordert hier vom Pult einen Einstieg in eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform und der Vorsitzende der CDU-Fraktion erklärt in der gleichen Debatte bis 2020 aber nichts. Liebe SPD, was wollt ihr denn jetzt machen, wollt ihr warten bis 2020 oder was? Also macht doch endlich, lasst euren Worten Taten folgen! Das, was die CDU hier angedeutet hat, verdient ja nicht mal den Namen „Reförmchen“. Sie wollen so ein bisschen die interkommunale Zusammenarbeit auf Kreisebene verbessern, also eine Verwaltungsgemeinschaft auf Kreisebene einführen. Wenn das eine Reform ist, dann bitte schön. Also, die SPD muss sich entscheiden, ob sie mit der CDU weiterhin die nächste Zeit - zumindest längst bis 2014 - in den jetzigen Strukturen verharrt oder ob sie gemeinsam mit anderen politischen Kräften hier die Zukunft wagt. Danke.


(Beifall DIE LINKE)


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