Thüringer Coronamaßnahmen-Unrechtsbereinigungsgesetz

Ralf Plötner

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 7/8924

 

Ja, vielen Dank, Frau Präsidentin. Werte Anwesende, die Corona-Pandemie hat tatsächlich auch bis heute weitere Folgen auf das gesellschaftliche Leben. Auch in Thüringen, Stand letztes Wochenende, sind insgesamt 8.737 Menschen in Verbindung mit dem Coronavirus gestorben, weltweit über 7 Millionen Menschen, und das zeigt noch mal auch die Gefährlichkeit dieses Virus und dass es immer absolut richtig war, dort auch zu handeln, eben den Gesundheitsschutz der Menschen voranzustellen. Und darüber hinaus,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

was ja auch chronisch weggeschwiegen wird seitens der AfD, die Frage von Long-Covid, der Zusammenhang mit ME/CFS, einer wirklich schweren Nervenerkrankung, womit wir uns schon mehrfach im Landtag befasst haben, um den Menschen, den Betroffenen und dem Umfeld Unterstützung zu gewähren. Auch das wird hier ständig wegignoriert und ist eben auch eine Folge einer Corona-Infektion, und dagegen zu kämpfen, auch Aufgabe des Gesundheitsschutzes. Um eine Pandemie auch ordnungsgemäß aufzuarbeiten, nützt es auch nichts, einzelne Zeitfenster herauszugreifen, sondern man muss wirklich das Pandemiegeschehen als solches und die Abfolge auch betrachten, und es wäre tatsächlich auch wünschenswert gewesen – und der Ministerpräsident Bodo Ramelow hat das mehrfach angemahnt –, dass es ein besseres Instrument gibt als die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs und eben auch die Einbeziehung des Thüringer Landtags stattfinde. Das war zum Teil auch hier im Hohen Haus Forderung, der Ministerpräsident hat es eingefordert, und ich denke, bei allen, auch zum Teil unterschiedlichen, Auffassungen der einzelnen Sachverhalte haben wir hier uns im Gesundheitsausschuss

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Was ist denn das für eine Verklärung!)

 

der Sache, zumindest was die demokratischen Kräfte angeht, ordentlich gewidmet und eben gemeinsam auch politisch Verantwortung für den Gesundheitsschutz der Thüringer Bevölkerung getragen.

 

(Unruhe CDU)

 

Weil auch schon wieder so verächtlich über Wissenschaft geredet worden ist und als gäbe es keine harten Fakten aus dem Bereich: Jena war die erste Stadt deutschlandweit, die sich Anfang April 2020 dazu entschlossen hat, in einer Allgemeinverfügung eine Maskenpflicht einzuführen, auch mit einem Schal oder einem Tuch oder einer selbstgemachten Maske. Das war absolut richtig, weil es dann auch wissenschaftlich begleitet worden ist. Im Vergleich zu anderen Gegenden ist die Infektionszahl eben nicht so hochgegangen. 75 Prozent weniger Infektionen durch diesen mechanischen Schutz.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dem Fehler, den damals Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu Beginn der Pandemie gemacht hat, Masken als vielleicht nicht geeignetes Mittel darzustellen, wurde da noch mal klar widersprochen. Ein Problem war wirklich – und das haben wir weiterhin in Deutschland – eine geringe Datenbasis, um so was noch mal verlässlich zu sagen. Aber auch da hat man doch gesehen, dass Gesundheitsschutz funktionieren kann mit wissenschaftlicher Begleitung im Sinne der Menschen. Herzlichen Dank an die Kräfte in Jena, die das mit befördert haben, und explizit auch an die Uni-Klinik, die das so konstruktiv begleitet hat und uns jetzt die Datenlagen geliefert hat.

 

Präsidentin Pommer:

 

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gröning?

 

Abgeordneter Plötner, DIE LINKE:

 

Am Ende.

 

Präsidentin Pommer:

 

Am Ende, bitte.

 

Abgeordneter Plötner, DIE LINKE:

 

Ich möchte auch darauf hinweisen: Womit wir uns hier auch immer noch auseinandersetzen mussten, ist, dass wir den kritischen Blick auf die Ökonomisierung des Gesundheitswesens als solches nicht verlieren sollten.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Das ist doch keine Ökonomisierung des Gesundheitswesens!)

 

Denn die Tatsache, dass wir schlussendlich weniger Intensivkapazitäten vorhalten konnten, ist eben auch ein Ergebnis der Ökonomisierung. Vorhaltekosten waren bis dato nicht abgedeckt. Ich wünsche Bund und Ländern, dass sie bei dem Reformvorhaben im Krankenhauswesen weiter gut vorankommen, um auch in Krisensituationen dementsprechend reagieren zu können.

 

Eindämmungsmaßnahmen – richtigerweise getroffen, um Leben zu schützen, um aber auch die Kapazitäten im stationären Bereich und auch im ambulanten Bereich zu schonen. Da möchte ich auch noch mal sehr unterstreichen, dass es einerseits die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte waren, aber andererseits auch das Personal im stationäre Bereich, in den Kliniken und in den Pflegeheimen, die gemeinsam die Pandemie bekämpft haben, Menschen in ihrer Gesundheit geschützt haben bzw. zur Wiedergesundung geholfen haben. Das gerät auch manchmal durcheinander. Wir brauchen alle Säulen in diesem Bereich, um das zu machen.

 

Ich will schnell noch was zu dieser vermeintlichen Notfallzulassung sagen: Das war eben keine. Es war ein geordnetes Verfahren, in dem die europäische Arzneimittelbehörde fortwährend die Daten von den Pharmaunternehmen, die hier Impfstoffe entwickelt haben, bekommen hat, um sofort in die Prüfung einzusteigen und dann dementsprechend ein Zulassungsverfahren zu beschleunigen. Hier war auch der Gesundheitsschutz der Menschen im Vordergrund – auch da sollten wir alle geschlossen Fake News entgegentreten – genau wie der Beleg, dass AstraZeneca eine Zeit lang ausgesetzt worden ist und dann noch mal die Zielgruppe definiert worden ist, aufgrund von aktuellen Erkenntnissen, die man zu der damaligen Zeit hatte und permanent das ganze Impfgeschehen und die Pandemie kritisch begleitet hat.

 

Wir mussten leider auch sehen, wie allgemein anfällig unsere Gesellschaft ist, mit Pandemien umzugehen. Ich erinnere nur an den Diskurs über die Berufsgruppen, die sogenannte systemrelevant waren oder eben nicht. Ich sehe das dezidiert anders, als die AfD das hier vorgetragen hat, die Wirtschaft sollte größtenteils weiter brummen, die Menschen standen weiterhin an ihren Werkbänken und haben produziert. Das war eine Diskussion, die wir linkerseits noch mal aufgemacht hatten, die aber keinen bundesweiten Mehrheitswillen gefunden hat. Auch da wäre durchaus noch mal diskussionswürdig gewesen, vielleicht Arbeitsprozesse ein Stück weit auszusetzen, um den Gesundheitsschutz der Menschen zu stärken und eben nicht nur die wirtschaftliche Bindung im Vordergrund zu sehen.

 

Es ist wirklich auch schlimm, dass Sie Menschen, die im Pflegeheim leben oder zum damaligen Zeitpunkt lebten, hier als Argument mit anführen. In Rudolstadt kam es wirklich leider dazu, dass Ende 2021 insgesamt 18 Menschen verstorben sind, weil das Coronavirus dort in diesem Pflegeheim war. 14 von diesen Verstorbenen waren laut Angabe des Landratsamtes in Saalfeld-Rudolstadt nicht vollständig geimpft. Die AfD hatte nichts Besseres zu tun, das im Nachgang an dieses vor allen Dingen für die Betroffenen, die Angehörigen und die Familien tragische Ereignis zu missbrauchen und die Boosterimpfung zu diskreditieren und zu behaupten, das sei Folge einer Boosterimpfung gewesen. Das sind die schrecklichen Szenarien, mit denen Sie hier Stimmung machen, Fakten ignorieren und dort ein allgemeines Gefühl der Angst schüren. Das ist einfach menschenverachtend und widerlich und zurückzuweisen. Das ist kein würdiger Umgang mit einer Pandemie und mit einer Impfkampagne, die dieser dort entgegenstehen soll.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich möchte noch mal betonen, dass wir an der Seite der Schwächsten in der Gesellschaft stehen. Die Landesregierung hat das auch sehr gut getan, indem sie die Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeheimen aufgrund von Erfahrungen priorisiert hat. Wir haben auch das Pflegepersonal dort priorisiert. Da waren sehr viele dankbar, dass sie gleich zu Beginn der Kampagne in den Impfschutz gekommen sind. Ich möchte auch daran erinnern, dass es die Landesregierung war, die dann über die Landkreise Masken an die verteilt hat, die finanziell schwächer aufgestellt sind. Auch das ist ein Teil des Gesundheitsschutzes, bei dem die Schwächeren und Schwächsten in der Gesellschaft klar im Fokus sind.

 

Langsam aber sicher geht hier die Redezeit zu Ende. Ich möchte noch was zum Entschließungsantrag und zur Frage sagen, warum die Weltgesundheitsorganisation hier also so diskreditiert wurde. Man kann ja konstruktive Kritik üben, aber das war alles andere als konstruktiv. Ich frage mich, wo Sie diese vermeintliche Faktenlage herhaben. Es ist in der aktuellen Diskussion nicht so, dass irgendeine Souveränität von Staaten eingeschränkt worden sein soll. Das wurde noch mal dezidiert gesagt, auch die Verhandlungszwischenstände sind durchaus bekannt und können auch eingesehen werden. Daran sollte man sich doch wirklich orientieren. Die Weltgesundheitsorganisation als solche – also da muss man wirklich auch noch mal daran erinnern, dass es tatsächlich gelungen ist, in der Menschheitsgeschichte die Pocken aufgrund eines globalen, gemeinsamen, geschlossenen Vorgehens auch via Impfen auszurotten, um eben hier wirklich so eine bedrohliche Krankheit, woran jeder dritte Mensch verstorben ist oder schwerste Folgeschäden nach der Erkrankung hatte, auszurotten. Das gilt es natürlich auch bei zukünftigen Pandemien zu tun. Da möchte ich auch noch mal sehr unterstreichen, dass es wichtig ist, hier Möglichkeiten der sogenannten Generika zuzulassen, damit andere auch noch erfolgreiche Impfstoffe produzieren können, damit gerade der globale Süden und nicht nur der globale Norden in den Genuss eines guten Gesundheitsschutzes kommt. Ich danke für die Aufmerksamkeit und bin jetzt leider am Ende der Redezeit angekommen. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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