Stand der Umsetzung der Thüringer Strategie für die Digitale Gesellschaft Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP und der Antwort der Landesregierung - Drucksachen 7/2283 /3024 - auf Verlangen der Fraktion der FDP

Philipp Weltzien
RedenPhilipp Weltzien

Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 7/3520

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer im Livestream, hello again, zum ersten Mal in dieser Amtsperiode berät der Thüringer Landtag über eine Große Anfrage, zumindest in dieser Amtsperiode, eine Anfrage der FDP, die sich ein Update über die Umsetzung der Thüringer Strategie für die digitale Gesellschaft geben lässt. Zunächst geht mein Dank an die Landesregierung für die ausführliche Beantwortung der Fragen.

 

Ich verstehe dieses Update auch als eine Art Zwischenbilanz, bei der viel Licht, aber eben auch etwas Schatten dabei ist. Dabei geht die Bandbreite der Strategie von den Tätigkeitsfeldern her einmal quer hier durch das ganze Haus, jeder findet sich da in den einzelnen Fachgebieten irgendwo auch wieder.

 

Ich möchte mich jedoch exemplarisch auf drei Themenblöcke beschränken: Wirtschaft, Schule und Verwaltung.

 

Fangen wir mit Wirtschaft an, denn spätestens seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie muss auch dem letzten Wirtschaftsvertreter klargeworden sein, dass der Grad der Digitalisierung gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen entscheidend für den Fortbestand oder eben das Scheitern seiner Unternehmung geworden ist. Umso erfreulicher ist es, dass das dafür 2015 geschaffene Kompetenzzentrum Wirtschaft 4.0 regen Zulauf seitens der KMUs erfährt. Gemeinsam wird hier an digitalen Unternehmensabläufen gefeilt und werden digitale Vermarktungsangebote erarbeitet. Zusammen mit der Transformationsagentur bildet das Kompetenzzentrum so einen wichtigen Grundpfeiler für eine krisenfeste und moderne Thüringer Wirtschaft.

Die größte Herausforderung bei dieser Transformation und Digitalisierung wird in den Folgejahren die Weiterqualifizierung der Beschäftigten sein, der Schulungsbedarf wird enorm sein und wird von den Unternehmen nicht allein gestemmt werden können, überbetriebliche Ausbildungsstätten mit digitalen Technologien werden also zukünftig noch stärker in den Fokus rücken müssen.

 

Digitale Schaufenster als Modellprojekte helfen dabei, dass die KMUs und Handwerksbetriebe sich gegenseitig über ihre digitalen Lösungsansätze informieren und Anregungen geben. Im Gleichklang unterstützt der Thüringer Digitalbonus dabei, dass den Unternehmen die Modernisierung ihrer Arbeitsumgebung erleichtert wird. Er ist einer der Bausteine, wenn es darum geht, Telearbeit zu ermöglichen, VPN-Infrastrukturen und Remote-Anwendungen anzuschaffen, und bildet somit die Grundlage für eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsorten. Eine attraktive Work-Life-Balance kann so den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angeboten werden. Die branchenunabhängige Öffnung des Digitalbonus im vergangenen Jahr war richtig und muss in den kommenden Jahren dringend beibehalten werden. Digitalisierung darf hier nicht am Geld scheitern.

 

Kommen wir zur Bildung: Der Bildungsbereich ist allein in den vergangenen zwei Jahren einer der populärsten Themenkomplexe der Digitalisierung geworden. Pandemiebedingte Schulschließungen haben die großen Lücken in der digitalen Infrastruktur der Bildungslandschaft aufgezeigt. Denn auch wenn die Thüringer Schulcloud und das Schulportal bereits im Aufbau waren, kam die damals akut notwendige Öffnung für alle Schulen anstatt nur für die Pilotschulen für vorhandenen Ressourcen noch zu früh. Das enorme Potenzial dieser Anwendungen für den datenschutzkonformen Datenaustausch und die schulische Kommunikation zwischen Lehrerinnen und Schülerinnen liegt auf der Hand und muss weiter ausgebaut werden. Dieser Digitalisierungsschub Schule darf jetzt nicht ausgebremst werden, denn klar ist auch, dass es hier nicht allein damit getan sein wird, Lehrern und Schülern Tablets in die Hand zu drücken, wenn digitale Lehrmittel Einzug in den Schulalltag erhalten sollen. Es ist unabdingbar, die Lehrpläne und Unterrichtsabläufe grundlegend zu überarbeiten. Diese Umstellung wird größer werden als die Einführung von CAS-Taschenrechnern, das kann man schon absehen.

Außerdem halte ich es für geboten, dass der Fördermittelgeber vor der Verteilung von digitalen Lehrmitteln wieder konsequenter die zu erstellenden Medienkonzepte der Schulen einfordert. So kann eine sinnvolle Einbindung der neuen Lehrmittel in den Unterricht ermöglicht werden und die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler wird aktiv damit gefördert.

 

Eine Randbemerkung: Nachdem der Datenschutzbeauftragte Dr. Hasse zum wiederholten Male auf datenschutzrechtlichen Probleme mit diversen Videoplattformen hingewiesen hat, spüre ich in Teilen der Lehrerschaft eine Verunsicherung bis dahin, dass sie lieber ganz auf den Einsatz von gestreamtem Material verzichten, und zwar wächst zwar die geprüfte Videosammlung im Schulportal, ein vollwertiger Ersatz für die ehemaligen Film- und Bildstellen – die Älteren erinnern sich – bzw. jetzt Medienzentren ist es noch nicht.

Kommen wir zur Verwaltung – wir haben uns eben jetzt schon über Verwaltung unterhalten, deswegen kürze ich den Teil ein wenig ein –: Mit dem Thüringer E-Government-Gesetz und dem Onlinezugangsgesetz des Bundes ist seit geraumer Zeit klar, dass die Zukunft der Verwaltungen nicht mehr auf Bergen von Papierakten beruhen kann und der Freistaat lässt die Kommunen – ich habe es vorhin schon ausgeführt – beim Umbau ihrer Verwaltungen nicht allein im Regen stehen, sondern sieht in seiner Strategie für die digitale Gesellschaft einen starken kommunalen IT-Dienstleister vor und mit der Öffnung der KIV GmbH für kommunale Gesellschafter wurde dieser auch erfolgreich etabliert. Seitdem können die Mitgliedskommunen die Beratungs- und Serviceleisten unkompliziert und inhousefähig in Anspruch nehmen und seit 2020 steht den Thüringer Kommunen somit ein großer Werkzeugkasten der digitalen Angebote zur Verfügung.

 

Außerdem unterstützt die KIV bei der Anbindung von ThAVEL an die jeweiligen Fachverfahren in den Kommunen durch intelligente Kommunalgateways. Mit der Frist, bis Ende 2020 das OZG umzusetzen, müssen die Bemühungen aber nochmals verstärkt werden. Daher ist für mich unverständlich, dass der Beitritt zur KIV weiterhin freiwillig ist und sogar eine Doppelmitgliedschaft zum Beispiel auch noch in der sächsischen KISA möglich ist. Hier braucht es ein klares Bekenntnis zum Thüringer Dienstleister.

Und über fast jedem Themenblock steht jedoch noch ein ganz zentraler Punkt: Das ist der Breitbandausbau. Up- und Downloadraten sind wichtige Standortfaktoren für Firmenansiedlungen bzw. auch teilweise den Fortbestand von Unternehmen. Telearbeit braucht Bandbreite sowohl am Arbeitsort als auch am Unternehmensstandort. Digitale bzw. onlinebasierte Lerninhalte in Schulen brauchen Bandbreite, Distanzunterricht braucht Bandbreite, Telemedizin und solche spannenden Projekte wie Smart Cities, wie zum Beispiel in Gera als Modellprojekt gestartet, brauchen Bandbreite und Ausbau.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Die Förderpolitik des Bundes hat viele Kommunen vor massive Probleme gestellt. Die Antragsverfahren bzw. die vorgeschalteten Markterkundungsverfahren sind zu aufwendig. Die entstandenen Verzögerungen sind nur schwer wieder aufzuholen und verschärft wird die Situation durch eine seit Jahren hohe Auslastung der Erschließungsformen. Hier braucht es dringend eine verbesserte Planungs- und Koordinierungsgrundlage wie beispielsweise Mapping Plus, bei der die gesamte Förderkulisse auch über Landkreisgrenzen hinweg betrachtet wird. Wenn es zu Situationen wie zum Beispiel in meinem Wahlkreis kommt, wo Glasfaser durch den Suhler Ortsteil Vesser verlegt wurde, um einen Nachbarort im Ilm-Kreis zu versorgen, Vesser aber nicht mit angeschlossen wird, weil das Vergabeverfahren in der Stadt Suhl erst später abgeschlossen wurde, ist es Verschwendung von Tiefbauressourcen. Unabhängig davon muss die Glasfaserstrategie der Landesregierung konsequent weitergeführt werden, wenn wir bis spätestens 2023 die Schulen fit für die Zukunft und an Glasfaser angeschlossen haben wollen, gibt es noch Einiges zu tun, packen wir es an.

 

(Beifall DIE LINKE)

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