Schutz der Bevölkerung und der Weidetiere vor dem Wolf in Thüringen (hier: Nummern II und III)

Katja Maurer

Zum Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU - Drucksache 7/434

 

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Zuschauende am Livestream, wir haben hier einen Antrag der AfD vor uns – das haben wir gerade schon gehört –, der die Überführung des Wolfs in das Jagdgesetz will. Sie haben auch einen Änderungsantrag der CDU vor sich liegen, der den Ursprungsantrag – das muss ich leider sagen – nur mäßig verbessern wollte. Beide Anträge und die Öffentlichkeitsarbeit – das ist ja vor allen Dingen das, was wir da draußen erreichen, sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer –, die drum herum gestrickt worden ist, um diese Anträge, haben gemeinsam, dass sie die potenzielle Angst von Menschen vor dem Wolf nutzen, um politisches Kapital zu schlagen. Das möchte ich gern so deutlich sagen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Damit machen die beiden Anträge genau das, was die CDU schon 2019 im Wahlkampf versucht hat. Sie machen Stimmung in einer Sache, in der es eigentlich Aufklärung braucht. Ich will in meiner Rede sehr wohl noch einmal erläutern, dass es durchaus einen Umgang mit dem Wolf braucht und dass meine Fraktion natürlich mit Weidetierhaltern, auch mit dem Bauernverband gesprochen hat, ebenso wie mit Ansässigen im ländlichen Raum, mit Naturverbänden, aber natürlich auch mit Expertinnen für EU- und Bundesgesetzgebung, denn am Ende geht es in dieser Angelegenheit ja genau darum. Das haben Sie ja am Ende auch noch erkannt, aber trotzdem Ihren Antrag nicht zurückgezogen. Aber dazu später.

 

Wissen Sie, CDU-Fraktion und AfD, ich habe mir in Vorbereitung auf die heutige Sitzung noch mal ganz genau Ihre Öffentlichkeitsarbeit angesehen und auf Ihren offiziellen Kanälen nachgelesen, was Sie genau über den Wolf schreiben, was Sie den Menschen vor Ort für Lösungen anbieten und musste feststellen – was mich ehrlich gesagt wenig überrascht –, dass Sie seit 2019 leider zu wenig neuen Erkenntnissen gekommen sind. Und jetzt muss man ja sagen, ist es bei Ihnen genauso wie auch in meiner Fraktion, dass Sie durchaus neue Abgeordnete haben und dass genauso wie Sie auch ich, dass wir Fragen stellen konnten und wir gemeinsam darüber diskutiert haben, wie wir denn nun mit dem Wolf, auch mit den sogenannten Hybridwölfen umgehen. Wir haben sogar ein Gutachten vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtags vorgelegt bekommen – das haben Sie gerade erwähnt –, das sich genau mit Ihren Forderungen auseinandergesetzt hat und das hat sehr klargemacht, welche Möglichkeiten das Land Thüringen im Umgang mit dem Wolf hat. Für Sie am interessantesten hätte die Information sein müssen, dass es so einfach mit der Überführung des Wolfs in das Jagdgesetz nicht ist. Das ist ja immer wieder die Lösung, die Sie trotzdem Sie ja scheinbar zu Erkenntnissen gekommen sind, wie Sie es ja gerade beschrieben haben, nach wie vor fordern. Es ist unmöglich – auch das ist ein Fazit aus dem Ausschuss. Und es ist ein Fazit des Ausschusses, es wurde festgehalten, dass wir, statt auf den Abschuss zu setzen, auf Herdenschutz, Information der Bevölkerung und auf Ausgleichszahlung vor Ort setzen müssen, sollte es tatsächlich zu einem Riss kommen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Diese Ausführungen hätten Sie Ihren Kurs grundlegend überdenken lassen müssen schon 2019, spätestens aber 2020, denn so lange beschäftigt uns ja nun schon Ihr Antrag. Anders haben Sie sich aber im Ausschuss benommen und auch in der Öffentlichkeit verhalten. Trotz wissenschaftlicher Aufarbeitung haben Sie keine Probleme an Ihrem Antrag gesehen, weder die AfD und leider auch die CDU. Nun konnte sich die CDU dazu durchringen, einer Beschlussempfehlung des Umweltausschusses zu folgen – was auch richtig und gut ist –, aber Ihre Öffentlichkeitsarbeit – und das ist ja das, was wir an die Leute da draußen schicken –, die haben Sie nicht korrigiert, Ihr düsteres Bild von dem Wolf und auch Ihr Bild, das Sie von einer Landesregierung gemalt haben, die nicht willig sei, sich dem Problem zu stellen. Dabei haben wir es hier sehr wohl mit einer Umweltministerin, Frau Siegesmund, zu tun, die entgegen Ihrem Bild sehr wohl an den Bund geschrieben hat – ich denke, es war 2018 – und da auch sehr deutlich gemacht hat, was wir als Land Thüringen brauchen, um natürlich auch der Lage mit den Hybridwölfen Herr zu werden. Sie hat an den Bund geschrieben, weil es Bundesangelegenheit ist, weil es hier um ein Bundesnaturschutzgesetz geht und da ist der Wolf als streng schutzwürdig eingestuft. An dieser Einstufung können wir hier in Thüringen nichts ändern, das ist das Einmaleins der Landespolitik.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dafür hat Frau Siegesmund durchaus natürlich auch von einigen Umweltverbänden und Tierschützerinnen und Tierschützern Kritik bekommen, die, von denen Sie ja immer wieder behaupten, dass sie uns immer wieder zur Geisel für ihre Minderheitsinteressen machen würden. Aber genauso sieht es eben nicht aus. Genau darüber verlieren Sie in Ihrer Öffentlichkeitsarbeit kein einziges Wort, weder die AfD noch die CDU.

 

Ich will Ihnen sagen, warum das so ist, weil Sie aus dem Thema nämlich politischen Profit schlagen wollen. Emotionale Themen eignen sich nämlich hervorragend wie 2019 im Wahlkampf, um sich zu profilieren oder auch um zum Beispiel eine Landesregierung, die nicht die eigene Parteifarbe trägt, zu diffamieren. Und so nutzen Sie diese Emotion, das Gefühl von Bedrohung, obwohl seit 1998 kein einziger Mensch in Deutschland von einem Wolf angegriffen, bedroht oder gar getötet wurde. Statt die Menschen darüber zu informieren, betreiben Sie auf dem Land Aufklärung à la Gebrüder Grimm. Ich zitiere da gerne mal aus der Homepage der CDU Thüringen, die sehr deutlich macht, mit welchen Bildern Sie malen. Da schreiben Sie in einem Text, betitelt „Das Schweigen der Lämmer“: „In fast schon erbarmungsloser Regelmäßigkeit mischt sich morgens der Tau auf dem Magerrasen des südlich von Gotha gelegenen Geländes mit dem Blut verendeter Schafe und Ziegen.“ Sie suggerieren ganz bewusst auf Ihren öffentlichen Kanälen, dass quasi täglich Schafe von Wölfen gerissen werden und die Schäfer ständig auf blutigen Böden stehen würden, obwohl Rissgutachter, die mit wissenschaftlichen Methoden arbeiten, durchaus ein anderes Bild malen. Das schickt sich für eine – ich würde sagen – seriöse Fraktion eigentlich nicht. Polemik, die nutzt man nämlich nur, wenn einem die Fakten nicht in den Kram passen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Wissen Sie, für mich war das auch ein neues Thema. Ich war durchaus bei Schäfern und Weidetierhaltern – mehrmals sogar –, weil ich verstehen wollte, wo denn jetzt die Konflikte genau liegen. Da können Sie zuhören, wenn Sie sich gerade eben beschweren. Dann können Sie, glaube ich, auch noch etwas lernen.

 

Ich wusste aus dem Ausschuss – das haben Sie selbst auch gehört – um die Maßnahmen, die das Land ergriffen hat, die Förderungen, die Herdenschutzhunde, die Schutzzäune, die Ausgleichsleistungen. Ich habe mich gefragt, was Schäfer brauchen, damit sie sich besser geschützt fühlen, warum zum Beispiel einige den Herdenschutzhund nicht annehmen wollen, warum der Zaun mit dem Flatterband als lästig empfunden wurde und warum einige – ja – auch den Abschuss des Wolfs fordern. Ich habe viel über den Beruf gelernt, wie anstrengend er ist, dass man sich so einem Beruf wirklich voll und ganz, 365 Tage im Jahr verschreiben muss, dass die Bezahlung – um ehrlich zu sein – mies ist und dass man das alles aber tut, wenn man sich den Tieren verbunden fühlt. Ich habe auch gelernt, dass es nicht nur schmerzt, wenn das Tier stirbt, sondern auch, dass bei so einem Job jede zusätzliche Belastung, also einen Zaun aufzubauen, einen Hund zu halten, ihn weiter auszubilden, ihn zu füttern, Papierkram auszufüllen, um Förderung zu bitten, eine Belastung ist. Deswegen verstehe ich durchaus Weidetierhalter, wenn sie sich angesichts eines Wolfs aufgebracht fühlen und eine schnelle Lösung fordern.

Aber meine Erfahrung war auch, dass sie zu Gesprächen bereit waren, nämlich darüber, ob der Wolf tatsächlich jagdbar ist, nicht nur per Gesetz, sondern auch in der Realität. Denn wir wissen, dass die Bereitschaft von einigen Jägern dann doch nicht so hoch war, auf die Wolfsjagd zu gehen. Und wir wissen auch, dass viele Versuche gescheitert sind, den Wolf einzufangen, um den Menschen vor Ort zu helfen.

 

Am Ende sind wir darauf gekommen, in den Gesprächen draußen, dass das Land nur den Herdenschutz weiter ausbauen kann. Auch wenn die Antwort durchaus unbefriedigend ist und aufwändiger als einfach nur zu fordern, den Wolf abzuschießen. Ja, da kommen wir zu dem einen Punkt, in dem wir uns möglicherweise einig sein könnten: Beim Herdenschutz können wir als Land noch einiges verbessern. Ich bin froh, dass wir nun in eine Anhörung gehen, bei der wir mit den Weidetierhaltern ins Gespräch kommen. Ich hoffe, dass wir das gemeinsame Ziel in der neuen Beschlusslage, die wir positiv abstimmen werden, nicht aus den Augen verlieren und sie sich auch öffentlich ehrlich machen, welche Möglichkeiten die Landesregierung tatsächlich hat. Diese Möglichkeiten, die können wir dann gemeinsam gerne voll ausnutzen. Ich denke, da finden wir dann auch zu Einigkeit. Vielen Dank.

 

(Beifall Die LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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