Schluss mit der Verzögerung – Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/1346 -


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Anliegen mit der heutigen Aktuellen Stunde dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen - da geht der Dank an die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - ist richtig und das ist hier auch der richtige Ort der Debatte - ich möchte an unsere gemeinsame Resolution zu Beginn der Legislatur erinnern - und vor allem die richtige Zeit.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte auf die Ereignisse der letzten Tage abstellen. Wir hatten in Apolda den Anschlag auf das Banner der Anne-Frank-Ausstellung, wir hatten in Erfurt rassistische Pöbeleien in der Straßenbahn, in Altenburg einen Aufmarsch von Neonazis, Aktivitäten zum Todestag des NS-Kriegsverbrechers Hess vor allem in Jena, das Bekanntwerden der Nutzung einer Immobilie der NPD in Bad Langensalza und zuletzt die Verteilung der NPD-Regionalzeitung. Wer die Bürgerstimme für Erfurt gesehen hat, konnte dort auch lesen, dass sich die NPD zum Ziel gemacht hat, einen Stadtteil in Erfurt von Ausländern zu befreien. Das ist der Anlass, das ist die Realität und das ist die richtige Zeit, uns heute mit dem Landesprogramm zu beschäftigen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Thüringen braucht ein Landesprogramm, denn wir sind das einzige Bundesland in den neuen Ländern, das kein Landesprogramm hat. Ein Landesprogramm muss vor allem die bestehende Arbeit verstärken, konzentrieren und vernetzen. Wir brauchen einen Qualitätssprung, wir brauchen kein Weiterso, wir brauchen eine nachhaltige Wirkung gegen Rechtsextremismus, gegen Einstellungen und Handlungen. Ich würde auch sagen und da gehe ich ganz d’accord mit Herrn Adams: Es ist nicht die Zeit zu blockieren. Wenn ich jetzt Kollegin Meißner höre, die sagt, sie könne sich gar nicht vorstellen, wie wir dazu kommen, es gebe keinen Stillstand und auch keine Verzögerung in der Erarbeitung eines Landesprogramms. Da möchte ich auf den Zeitplan abstellen, der eigentlich auch für die große Runde bekannt gegeben wurde. Dann hätten wir jetzt schon die Konferenz in den Regionen gehabt und im Oktober die Vorlage eines Landesprogramms. Realität ist aber jetzt, dass die große Runde - Frau Meißner, Sie haben zu Recht gesagt, das sind die entscheidenden Akteure, das sehe ich auch so, das ist der professionelle und überparteiliche Ort, wo wir das Landesprogramm erarbeiten wollen - im Augenblick ausgebremst ist. Im Juni sind wir auseinandergegangen ohne Ergebnis und bis heute haben wir keine neue Einladung, keine neue Textvorlage, stattdessen die Ankündigung, dass wir uns im November wieder zusammenfinden. Ist das wirklich die Wertschätzung an die Leute, an die Bündnisse und Projekte, die dort in diesem Bereich arbeiten? Ich glaube nein.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie kann es jetzt weitergehen? Ich denke zuerst - und da will ich mal glauben, was ich jetzt von Kollegin Meißner gehört habe - ist es ein wichtiger Schritt, dass sich die Regierungskoalitionen wieder auf das verständigen, was wir in der gemeinsamen Erklärung zu Anfang der Legislatur für uns alle vereinbart haben. Eine Verschiebung - und diesen Versuch gab es, das wollen wir doch hier gar nicht wegreden - dieser Übereinkunft in Richtung der Vorstellung randständiger Totalitarismus- oder Extremismustheoretiker führt ins Aus. Da muss es ein Zurück geben, da müssen wir wieder auf diesen gemeinsamen Konsens zurückfinden.


(Beifall DIE LINKE)


Und dann - ich habe es schon gesagt - muss die große Runde endlich wieder ernst genommen werden. Da erwarte ich auch, dass es eine Textvorlage gibt und nicht wieder ein Stückwerk, nicht Teil 1 und 4 und Teil 2 und 3 fehlen, sondern wir brauchen jetzt die Vorlage eines Gesamtlandesprogramms. Da frage ich schon - Herr Adams hat es ja schon angesprochen -, warum nicht auch - und die SPD war ja Mitautorin unseres gemeinsamen Entwurfs - auf das zurückgegriffen wird, was Ihre Fraktion in der letzten Legislatur erarbeitet hat. Da kann es doch nicht so schwer sein, irgendwie jetzt die fehlenden Teile auch zu finden und dann vor allem wieder in den Prozess mit der Zivilgesellschaft zu treten, die im Augenblick außen vor ist. Die ist außen vor, weil sie im Juni in der großen Runde ohne Ergebnis ausgeladen und seitdem nicht wieder eingeladen worden ist.


(Beifall DIE LINKE)


Ich will auch die Hoffnung ausdrücken, dass, wenn wir dann eine Textvorlage bekommen, die auch fachlichen Kriterien gerecht wird. Ich hoffe nicht, dass das, was wir zum Beispiel im Zusammenhang mit dieser Studie der FSU Jena lesen mussten - also, da wurden ja Linksextremismuseinstellungen abgefragt unter Fragestellungen, wo Sympathien zu antikapitalistischen und internationalistischen Vorstellungen benannt werden sollen, dass so etwas in irgendeiner Form z.B. in den Bereich Analyse zur antidemokratischen Einstellung in Thüringen eingehen wird. Weil - ich nehme es jetzt mal lustig -, wenn ich z.B. mir diese Studie ansehe, dann wären 30 bis 40 Prozent der Thüringer linksextrem. Da müsste sich auch die CDU Sorgen machen, weil dann ihre Wählerinnen und Wähler schließlich auch dabei wären.


(Beifall DIE LINKE)


Ich hoffe, dass das Landesprogramm ein anderes Niveau findet und nicht in diesem unfachlichen und unsachlichen Fahrwasser mitschwimmen wird. Wir brauchen ein Landesprogramm eher heute als morgen. Ich habe die Anlässe benannt und ich hoffe, dass jetzt endlich Fahrt aufgenommen wird.


(Beifall DIE LINKE)

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