Rettungsdienstabdeckung in ganz Thüringen sicherstellen – Rettungswesen und ‑personal ertüchtigen

Donata Vogtschmidt

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/3391

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer an den digitalen Endgeräten, der vorliegende Antrag ist eine Mischung aus Selbstverständlichkeiten, Kleiner Anfrage, Allgemeinplätzen und Wiederholungen; er hat wenig innovativen Mehrwert, um tatsächlich, wie im Titel genannt, die Rettungsdienstabdeckung in ganz Thüringen sicherzustellen. Der Landtag muss nicht feststellen, wie in Punkt I.1 gefordert, dass die Notfallversorgung der ersten Minuten oftmals entscheidend für mögliche Behandlungserfolge ist. Es ist eine Binsenweisheit und in den letzten Jahren haben die rot-rot-grünen Fraktionen im Landtag und die Landesregierung eine Reihe an Maßnahmen ergriffen, um eine zeitnahe Notfallversorgung zu realisieren. Das betrifft den Rettungsdienst genauso wie die dahinterliegenden Notrufstrukturen, aber auch die Feuerwehren in Thüringen. Eine enorme Summe von 85 Millionen Euro stehen alleine für die Jahre 2020 und 2021 für die Bereiche Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienste zur Verfügung. Weitere 40 Millionen Euro stehen im aktuellen Haushaltsentwurf für das Jahr 2022. Das zeigt vor allem eins: eine große Rückendeckung und Wertschätzung für alle Helferinnen und Helfer, die damit befasst sind, die Gesundheit und das Leben anderer zu schätzen, zu schützen und täglich dabei auch ihre eigene körperliche Unversehrtheit zu riskieren.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Daher an dieser Stelle einen großen Dank im Namen unserer Fraktion an alle Rettungskräfte in Thüringen, die jeden Tag einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit leisten und die Menschen von Altenburg bis Eisenach wissen lassen, dass im Ernstfall auf sie Verlass ist. Und danke auch für die Arbeit unter ganz besonderen Herausforderungen, die den Alltag seit der Pandemie im letzten Jahr gehörig verändert haben.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Um es vorab anzukündigen: Wir werden der Ausschussüberweisung des Antrags zustimmen, wo im zuständigen Gremium gern im Detail diskutiert werden kann. Gleichwohl will ich aber darauf hinweisen, dass die CDU hier einen Antrag einbringt und Fragen aufwirft, die das Thüringer Innenministerium schon einmal und bereits einen Monat vor Antragstellung im Innen- und Kommunalausschuss beantwortet hat. Das betrifft insbesondere den Punkt II zur Frage der Notfallsanitäterinnen und -sanitäter.

Mit der Änderung des Notfallsanitätergesetzes auf Bundesebene vor einigen Jahren gab es nunmehr den Berufszweig der Notfallsanitäterinnen und -sanitäter, die über mehr Kompetenzen und eine höherwertige Ausbildung verfügen. Die Thüringer Rettungsassistentinnen und -assistenten, die als solche Notfallsanis anerkennt werden wollen, benötigen die staatliche Ergänzungsprüfung.

 

Der Bundesgesetzgeber hatte die Frist dafür bis Ende 2020 gesetzt und noch mal bis Ende 2023 erweitert. Der Thüringer Landtag hat 2018 den Stichtag 31. Dezember 2022 – übrigens mit den Stimmen der CDU – beschlossen, an dem der Einsatz von Rettungsassistentinnen und -assistenten in den zentralen Leitstellen und Rettungsfahrzeugen für die Notfallversorgung bis 31. Dezember 2022 durch Notfallsanitäterinnen und -sanitäter ersetzt wird, um eine bestmögliche Qualität der Behandlung zu erzielen, damit überall landesweit einheitlich zum selben Zeitpunkt die gleichen Standards angewandt werden.

 

In einem Änderungsantrag von Rot-Rot-Grün zum damaligen Gesetzgebungsverfahren, dem übrigens auch die CDU beigetreten ist, wurde vereinbart, dass diese Regelungen evaluiert und das Ergebnis dem Innenausschuss bis zum Frühjahr 2021 vorgelegt wird. Genau das ist auch passiert: Am 14. April 2021 hat der Innenminister die Zahlen im Beisein der CDU-Vertreterinnen und -vertreter präsentiert – sowohl zur Gesamtzahl aller Notfallsanis als auch zu den aktuell in der Ausbildung befindlichen, die noch in diesem Jahr sowie im nächsten Jahr fertig werden und in Summe bei über 1.000 liegen. Und nicht nur das: Vor dem Hintergrund des Soll-Ist-Vergleichs wurde den Abgeordneten aller Fraktionen – einschließlich natürlich auch der CDU – dargestellt, dass aller Voraussicht nach in Thüringen ausreichend Notfallsanitäterinnen und -sanitäter zur Verfügung stehen, um bis zum Stichtag Ende 2022 den Bedarf im ganzen Land zu decken. Auch wurden die kommunalen Aufgabenträger, die Rettungsdienstzweckverbände und die Landesarbeitsgemeinschaft der privaten Hilfsorganisationen beteiligt, welche alle mitteilten, dass die Nachprüfungen und Ausbildungen bisher erfolgreich in Thüringen stattfinden.

 

In III.2. wird gefordert, unter anderem die Leitstellenstruktur in Thüringen einem Gutachten zu unterziehen. Genau das ist auch schon passiert, und zwar durch eine bayerische Fachfirma für Leitstellen, Funk, Einsatzzentralen, IT-Sicherheit und digitale Alarmierung – schon im Jahr 2018 übrigens. Das Ergebnis ist eine umfangreiche Leitstellenstrukturreform in Thüringen, die sukzessive immer weiter umgesetzt wird, um die bisherige Zahl der 13 Leitstellen zu reduzieren, um durch neuere schlagkräftige Kooperationsmodelle mit modernster Technik und Absicherung gegen Ausfälle jeder Bürgerin und jedem Bürger, die die 112 wählen, schnell Hilfe zuteilwerden zu lassen. Jena, Saalfeld und Gera haben es vorgemacht, Erfurt, Sömmerda und Weimar haben in diesem Jahr ebenso die Zweckvereinbarung unterschrieben, Gotha, der Wartburgkreis und der Ilm-Kreis suchen nach einem gemeinsamen Standort.

 

Leider machen bisher nicht alle mit und natürlich ist es einfach, hier im Landtag noch ein weiteres Gutachten zum Gutachten zu fordern. Einfacher wäre es aber, liebe CDU, wenn Sie im Eichsfeld und im Weimarer Land das Gespräch mit Ihrem Landrat und Ihrer Landrätin suchen

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

und sie genau davon zu überzeugen versuchen, was in Ihrem Antrag steht, denn dazu gehören natürlich modernisierte und dauerhaft leistungsfähige Leitstellen. Statt Aufforderung an die Landesregierung wäre das Überzeugen der eigenen Leute der erste vor dem zweiten Schritt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Immerhin fördert das Land mit 70 Prozent in den Kreisen auch zukünftig neue Leitstellenstrukturen.

 

In III.3. fordert die CDU dazu auf, dass die Landesregierung sicherstellen soll, dass der Thüringer Rettungsdienst in die Lage versetzt wird – ich zitiere: „[…] weder in Stadt noch Land die gesetzlich festgeschriebene Hilfsfrist zu überschreiten.“ Nach dem Thüringer Rettungsdienstgesetz und dem Landesrettungsdienstplan beträgt die Hilfsfrist im Rettungsdienst im Allgemeinen 14 Minuten und in dünn besiedelten Regionen 17 Minuten. Von den rund 700.000 vermittelten Rettungsdiensteinsätzen im vorletzten Jahr waren 95 Prozent genau innerhalb dieser Fristen und ein Bruchteil außerhalb der Fristen, in Summe auch 2.000 weniger als im Jahr zuvor.

 

Ja, es sollte unser aller Anspruch sein, dass ein Rettungswagen so schnell wie möglich am Zielort ist. Um das zu beschleunigen gab es bereits entsprechende Vorhalteerhöhungen von Rettungstransportwagen und Krankentransportwagen, die erst im Verlauf 2019 umgesetzt wurden und sich deswegen in den Zahlen der Hilfsfristüberschreitung noch nicht widerspiegeln. Auch gab es Erweiterungen bei den Rettungsdienstzweckverbänden und bei der Errichtung neuer Rettungswachen, zum Beispiel im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, in Probstzella und Bad Blankenburg in diesem Jahr.

 

Auch die Leitstellenreform wird einen Beitrag zur Reduktion der Hilfsfristen leisten, ebenso wie die im Haushalt für dieses Jahr samt Verpflichtungsermächtigungen verankerten 2,45 Millionen Euro für die Einführung des einheitlichen Systems zur mobilelektronischen Einsatzdatenerfassung und Einsatzdokumentation in den Rettungsdiensteinheiten.

 

Wenn die CDU aber fordert, dass nie wieder eine Unterschreitung der gesetzlich festgeschriebenen Hilfsfrist stattfinden soll, dann fordert sie damit zugleich von der Landesregierung nichts geringeres als die Abschaffung des Winters und ein Verbot von Schnee, Eis und Glätte und ein Ende von Straßenerneuerungen und baustellenbedingter Umleitungen und Vollsperrungen – am besten natürlich sofort und unverzüglich –, denn genau solche Faktoren sind häufig mitursächlich für die Überschreitung von Hilfsfristen im Rettungsdienst. Das wird nicht gelingen.

 

Was gelingen kann ist aber, diese Überschreitung weiter zu senken, zum Beispiel mit der Einführung einer landesweit einheitlichen Leitstellensoftware und einheitlichen Standards und mit einer Evaluation der Rettungswachen hinsichtlich von wiederkehrenden Störungen beim Ausrücken, baulichen und technischen Störfaktoren. Und wir sollten gemeinsam diskutieren, ob es nicht wieder eine erneute Forderung des Außenumbaus von Rettungswachen geben sollte, wie sie 2012 ausgelaufen ist.

 

Unser Ziel ist es, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Landesteilen zu gewährleisten. Das schließt gleichermaßen die Versorgung mit Wasser, ÖPNV und Energie, aber auch durch die Rettungsdienste mit ein. Dafür sind weitere Anstrengungen erforderlich. Insoweit teilen wir einige der formulierten Ansinnen, wie unter III.1. Allein eine konkretere Ausgestaltung dazu fehlt allerdings noch im Antrag der CDU, ebenso wie bei den weiter im Antrag der CDU unter III.5 genannten Bundesratsinitiativen, bei denen irgendwie noch unklar ist, wie sich die CDU die Implementierung des Rettungsdienstes im eigenen Sektor im Fünften Buch Sozialgesetzbuch konkret vorstellt, aber vielleicht wird es dann im Ausschuss durch die CDU noch etwas konkreter.

 

Eine Bitte möchte ich noch an das Innenministerium formulieren: 2020 verging statistisch nicht eine Woche in Thüringen, in der sich nicht mindestens eine Straftat gegen Rettungskräfte in Thüringen ereignete. Die Fraktion Die Linke hat gemeinsam mit der SPD und Bündnis 90/Die Grünen bereits im Juni 2019 insgesamt 100.000 Euro für eine Respektkampagne für Rettungskräfte ab dem Haushaltsjahr 2020 per Landtagsbeschluss bereitgestellt und auch für das Haushaltsjahr 2021 verlängert. Keine Frage: Corona verlangsamt viele Prozesse, aber es wäre wirklich gut, wenn drei Jahre nach diesem Landtagsbeschluss diese Kampagne nun zügig auf den Weg gebracht und sichtbar wird, gerade auch als Zeichen der Wertschätzung für die Rettungskräfte, denen ganz besonders viel innerhalb der Pandemie abverlangt wird. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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