Hilferufe aus Suhl endlich ernst nehmen – entschieden gegen die Zerstörung der öffentlichen Ordnung und gegen Ausländerkriminalität vorgehen

Patrick Beier
RedenPatrick Beier

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/3597

 

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen der demokratischen Fraktionen, die AfD spricht in ihrem Antrag und der dazugehörigen Begründung zu dieser Aktuellen Stunde unter anderem von der Zerstörung der öffentlichen Ordnung, von Ausländerkriminalität, von Ausschreitungen und davon, dass dies entschiedenes Handeln seitens der Landesregierung erfordern würde. Wie sich die AfD-Fraktion ein entschiedenes Handeln der Landesregierung ganz konkret vorstellt, das haben wir zuletzt mit dem Antrag gesehen, in welchem die Fraktion – das wurde ja auch heute noch mal angesprochen – hier ganz rechts im Haus Straflager irgendwo im Nirgendwo einfordert.

 

Wo die CDU ihre eigentlichen Ansichten zumeist noch dadurch zu kaschieren versucht, dass sie davon spricht, dass die Kriminellen die Braven in Verruf bringen – da meine Frage: Gilt das auch bei Masken-Deals oder betrifft das im Grunde nur Nichtdeutsche? –, schlägt einem bei der AfD die Menschfeindlichkeit direkt ins Gesicht. Das ist ja zumindest ehrlich und konsequent im faschistischen Handeln, macht es jedoch nicht weniger widerlich.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Klar ist, die Lage vor Ort in Suhl könnte ohne Umschweife besser sein. Niemand kann mit dem Zuständigkeitswirrwarr zufrieden sein und niemand wird behaupten, Diebstähle seien neuerdings okay, auch wenn sie von Leuten verübt werden, die sich noch nicht allzu lange in Deutschland und in Thüringen aufhalten. Ich weiß nicht, ob Sie von der AfD das wirklich glauben und dem Ausdruck zu verleihen versuchen, wenn Sie von Links-Grün-versiffter Politik sprechen. Was aber nicht nur nicht okay ist, sondern auch geächtet gehört, ist erstens dieses Zerrbild, das Sie hier zu zeichnen versuchen, zweitens die allgemeine Verächtlichmachung von Schutzbedürftigen durch Ihre unzulässigen Verallgemeinerungen und drittens Ihre Scheinheiligkeit. Wer Wahlslogans von der NPD abkupfert und „Kriminelle Ausländer raus!“ fordert, der soll sich doch hier bitte nicht hinter der Phrase des entschiedenen Handelns verstecken, sondern sagen, dass man sich in die Zeit der Strafkolonien des 18. Jahrhunderts zurücksehnt.

 

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Schauen Sie doch mal auf die Zahlen, Herr Kollege!)

 

Ja, Herr Höcke, bleiben Sie doch mal völlig entspannt.

 

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Ich bin doch ganz entspannt! Ich rufe Ihnen nur etwas zu, das darf ich doch!)

 

Sie sind da völlig frei in Ihrem Tun und Handeln, das ist ja das.

 

Von den 2.732 ermittelten Tatverdächtigen von in Suhl registrierten Straftaten sind zwar 1.941 mit „nichtdeutscher Tatverdächtiger“ vermerkt. Das entspricht etwa 70 Prozent – das wird ja auch von Ihnen schon kolportiert. Allerdings werden 1.511 dieser nichtdeutschen Tatverdächtigen nur ausländerrechtliche Verstöße angelastet, also Delikte, die Deutsche in Suhl gar nicht begehen können. Also fast 80 Prozent der Straftaten, welche die AfD unter Ausländerkriminalität in Suhl subsumiert, sind Straftaten wie Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz usw., die nichts mit Diebstählen, Gewalt und klassischen Straftaten zu tun haben. Warum die Zahl in Suhl so ist, hat bürokratische Gründe, denn die Erstaufnahmeeinrichtung liegt nun mal in Suhl und dort werden diese Delikte erfasst.

Und noch was Kleines: Die Aufklärungsquote liegt in Suhl übrigens bei 78,4 Prozent und damit über der Landesaufklärungsquote. Also scheint Justiz dort ja auch zu greifen. Und vielleicht noch was: Zieht man bei den Straftaten, die allgemein in Suhl begangen werden, die ausländerrechtlichen Verstöße ab, so kommt man zum Ergebnis, dass 66 Prozent der Tatverdächtigen Deutsche sind. Jetzt können wir vielleicht noch nachschauen, wie viele davon Männer sind. Vielleicht kommen Sie dann in völlig neue Gedankenwelten, mit welchen Personengruppen wir noch so Probleme haben in Thüringen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Lassen Sie mich Ihnen in diesem Zusammenhang eines erklären: Eine Abschiebung, der Ausschluss aus der Gesellschaft ist eine viel härtere Sanktion als jede Strafe, die unser Strafrecht kennt und die von der Strafjustiz verhängt werden könnte. Aber leider ist es so, dass die Abschiebung von Nichtstaatsbürgern, die wegen Verbrechen verurteilt wurden, normalerweise gar nicht erst als Bestrafung dargestellt wird, sondern von vielen lediglich als eine Routineübung in der Ausübung der staatlichen Befugnis, unerwünschte Einwander/-innen auszuschließen, begriffen wird. Dabei wiegt das Interesse, nicht gezwungen zu werden, den Ort zu verlassen, an dem man lebt, in beiden Fällen gleich viel. Im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes wäre es wünschenswert, würde dieses Messen mit zweierlei Maß möglichst bald ebenso wie die Strafkolonien und die AfD der Vergangenheit angehören.

 

Bevor ich zum Ende komme, möchte ich Ihnen noch ein bisschen was mitgeben. Mit der Zerstörung der öffentlichen Sicherheit – das kennen Sie vielleicht auch: Strafgesetzbuch § 127– Bildung bewaffneter Gruppen, § 129 – Bildung krimineller Vereinigungen, § 130 – Volksverhetzung, da kennen sich einige bei Ihnen ja besonders gut mit aus. Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist, aber meine Assoziationskette endet dabei nicht auf dem Suhler Friedberg, sondern eher in Ihrem politischen Umfeld.

 

(Beifall SPD)

 

Wenn Sie da mal für entschiedenes Handeln wären, das wäre doch mal eine Neuigkeit. Ansonsten muss man über Ihr Verhältnis zur organisierten Neonaziszene, denke ich, keine Worte mehr verlieren. Da reicht ein Blick auf Ihr Abstimmungsverhalten zum Entschädigungsfonds für die Hinterbliebenen der Opfer des NSU. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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