Haltung der Landesregierung zu aktuellen Forderungen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft für eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/1419 -


Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Herr Hey hat angemerkt, wir würden sehr oft über das Thema reden. Vom Fakt her stimmt das. Es wird eins deutlich, die SPD sieht in der Diskussion immer blasser aus, weil sie sich aus der Umklammerung von der CDU nicht befreien kann. Ihre Darlegung zu den Fakten der demographischen Entwicklung war nur der hilflose Versuch, sich vor einer eindeutigen Positionierung zu drücken. Sie sollen heute nicht die demographische Entwicklung in Thüringen prognostizieren. Das ist alles bekannt, da brauchen wir auch kein Gutachten mehr, es sind ausreichend Informationen da. Sie sollen sich positionieren, wie gehen wir damit um, dass zunehmend die Öffentlichkeit nicht nur eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform fordert, sondern die Betroffenen die Bereitschaft erklären, dort konstruktiv mitzuwirken. In anderen Bundesländern wäre man froh gewesen, wenn es diese Bereitschaft gegeben hätte. Es gibt eine breite Bereitschaft auf der kommunalen Ebene, insbesondere was die Bürger betrifft. Es gibt einige Kommunalpolitiker, die natürlich immer wieder „landsmannschaftliche“ Befindlichkeiten sehr weit nach vorn tragen, um sich einer derartigen Diskussion zu entziehen. Aber bei den Bürgern gibt es eine hohe Bereitschaft, über solche Fragen offen zu diskutieren. Der Landesrechnungshof fordert es, die Wirtschaft fordert es, die Landespolitik fordert es - mit Ausnahme der CDU, aber sonst eigentlich auch die Landespolitik, einzelne Politiker der CDU fordern es. Ich erinnere mal an den Landrat von Schmalkalden-Meiningen, Herrn Luther, der das schon ewig fordert, oder jetzt aktuell Dr. Dr. Dietz, der war Landtagsabgeordneter, der war auch mal Chef des Landesrechnungshofs - sicherlich keine unbedeutende politische Persönlichkeit der CDU. Herr Matschie fordert es, stellvertretender Ministerpräsident - ich glaube, auch noch Vorsitzender der SPD. Der äußert sich zu Eisenach und sagt, jetzt muss endlich gehandelt werden.


(Beifall SPD)


Und was tut sich? Es tut sich nichts, sondern die verantwortlichen Politiker, vor allen Dingen der SPD, reden wieder, wir machen ein Gutachten und sehen mal, was daraus wird. Das, was sie machen, hat den Charme oder den Anschein - nicht nur den Anschein, das ist Tatsache - Aktionismus. Sie versuchen auf der gemeindlichen Ebene in irgendeiner Art und Weise etwas hinzubekommen. Aber selbst das machen Sie bedauerlicherweise nicht mit Konsequenz. Unser Ansatz ist ein anderer. Wir sagen, wir brauchen eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform, die vom Land aus gedacht ist. Das Hautproblem sind die Verwerfungen in der Landesverwaltung, nämlich mit den Mittelbehörden, mit dem dreistufigen Verwaltungsaufbau. Ich sage es noch einmal: Die Mittelbehörden sind entdemokratisierter Raum. Da hat der Bürger keinen Zugang, wir als Landtag haben keinen Zugang, nur eine Landesregierung. Und wie die mit Informationen und demographischer Kontrolle und Steuerung umgeht, das erleben wir hier immer live. Die sind ja nicht mal in der Lage, Anfragen auf einem Niveau zu beantworten, die einem ehrenamtlichen Bürgermeister entspricht ohne diesen zu beleidigen. Herr Innenminister, da müssen Sie irgendwann mal Ordnung in Ihrem Haus schaffen. Ich würde mich schämen, solche Antworten zu unterschreiben. Ich weiß ja nicht, ob Ihre Unterschrift in Ihrem Computer als Kopie abliegt - das kann ja sein. Aber wenn Sie die Antworten durchlesen und dann noch Ihre Unterschrift darunter setzen - entweder können Sie nicht oder wollen Sie nicht. Sie müssen nun einmal begreifen, Sie sind hier nicht mehr an einem Lehrstuhl, wo das Leben in losen Blattsammlungen stattfindet, sondern Sie sind hier im realen Leben, und Sie haben es hier mit Partnern zu tun wie mich, die das nicht durchgehen lassen. Aber wenn Sie das nicht mal packen, dann ist klar, dann kann es auch nichts werden. Wir brauchen eine Reform bei den Landkreisen. Jetzt wird immer diskutiert - auch DIE GRÜNEN - sie wollen acht Landkreise. Ich sag es noch einmal deutlich, wir wollen keine größeren Landkreise, wir wollen andere Strukturen in dieser Ebene - Regionalkreise, weil auch die Landkreise in der jetzigen Struktur und Finanzierung eben zumindest demokratieferner Raum sind. 80 Prozent der Aufgaben des Landkreises unterliegen nicht der demokratischen Kontrolle und Steuerung des Kreistages, sondern das macht der Landrat selbst. Ich sage Ihnen, solange nicht DIE LINKE die Mehrzahl der Landräte stellt, haben wir was dagegen.


(Unruhe FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dann, wenn wir das haben, können wir mal anders diskutieren. Solange das nicht der Fall ist, müssen Sie sich dieser Kritik stellen. Bei den gemeindlichen Ebenen wollen Sie die Verwaltungsgemeinschaften jetzt angehen, die kleineren, das ist vernünftig. Aber warum gehen Sie nicht das Problem der erfüllenden Gemeinden an, das ist das Hauptproblem. Herr Fiedler war ja mal ehrlich, er hat gesagt, dass nun die 5.000-Einwohnergrenze aus dem Gesetz heraus gefallen ist - jetzt wollen sie es wieder hinein nehmen - war Ihrem Fehler zu verdanken. Willkommen im Klub, bisher haben Sie immer so getan, als wenn der politische Irrtum nicht zu Ihrer Biografie gehört. Ich habe schon immer behauptet, Sie irren sich hier mehrfach am Tage und sollten dazu stehen. Jetzt haben Sie einen guten Anfang gemacht. Danke.


(Beifall DIE LINKE)

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