Fünftes Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes

Patrick Beier

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 7/2286

 

Vielen Dank. Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Kolleginnen der demokratischen Fraktionen! Ich will mal was Verrücktes machen, ich versuche mal, mit was Positivem anzufangen. Es ist nämlich in der Tat doch zutreffend, dass sich aus dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 Änderungen ergeben, die durchaus der Umsetzung bedürfen könnten. Das Anliegen der CDU-Fraktion, den Gesetzestext daher auf den aktuellen Stand zu bringen, in dem man dort künftig nicht länger vom Asylverfahrensgesetz, sondern vom Asylgesetz spricht, ist in der Tat berechtigt. In diesem Sinne vielen Dank für den Hinweis der CDU-Fraktion auf die Möglichkeit der Anpassung. Wünschenswert wäre allerdings, könnte man in dem Zuge den Gesetzestext nicht nur sprachlich-begrifflich, sondern auch inhaltlich verbessern. Letzteres kann ich leider nicht erkennen.

 

Die anderen Vorschläge nämlich, die dem Hohen Haus hier heute mit diesem Gesetzentwurf vorgelegt worden sind, sind nach meinem Dafürhalten alles andere als begrüßenswert. Ich will Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten von der CDU – es sind doch mehr Männer –, das auch gern in der gebotenen Kürze erläutern.

Entweder ist Ihnen hier ein argumentativer Fauxpas unterlaufen, da Sie mit der Rede von einer willkürlich anmutenden Verteilung schon eingestehen, dass die Verteilung dann doch nicht so ganz willkürlich erfolgt, oder Sie haben tatsächlich Schwierigkeiten mit der konzeptionellen Differenz von Sein und Schein.

 

Scheinbare Willkür taugt wenig, um nicht zu sagen, gar nicht als Begründung für neue Verteilungsverfahren. Da die Verteilung ihren eigenen Worten nach ja gerade nicht willkürlich erfolgt. Falls Sie Ihren eigenen Worten nicht trauen oder Schwierigkeiten damit haben zu verstehen, was Sie hier aufschreiben, dann hilft Ihnen womöglich ein Blick in die Thüringer Flüchtlingsverteilungsverordnung, die Sie auch selbst ansprechen. Dort verrät man Ihnen nämlich in § 2 die Details zur Verteilung. Dort ist beispielsweise festgehalten, dass bestehende Quoten zu prüfen sind. Auch zeigt sich bei der weiteren Lektüre, dass die Quoten eben nicht starr sind. Und das ist, wie wir merken, eigentlich etwas Positives. Ich muss also annehmen, dass Sie hier einen argumentativen Strohmann aufgebaut haben. An dieser Stelle auch noch einmal der Hinweis meinerseits, dass Minister Adams in gefühlt fast jeder Sitzung des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz erklärt und auch Ihnen, Herr Malsch erklärt, wie der Verteilmechanismus genau funktioniert. Das scheint nur nicht so richtig anzukommen – okay.

 

Hinzu kommt, dass bereits durch das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht – das ist übrigens auch ein furchtbarer Name – die maximale Verweildauer in den Erstaufnahmeeinrichtungen geregelt ist, und da kommt man leider, was Ihnen dann vielleicht wieder gefallen würde, auf 24 Monate statt die von Ihnen geforderten 18 Monate. Was Sie vermutlich auch übersehen, ist Folgendes: Würde man vom aktuellen Verfahren auf das von Ihnen angestrebte umstellen, verschöbe sich das vermeintliche Problem in zweifacher Hinsicht, zum einen auf lokaler Ebene von den Landkreisen zur Erstaufnahmeeinrichtung und zum anderen auf temporaler Ebene um 18 Monate.

 

Der eigentliche Punkt ist aber doch Folgender: Es ist erstens absolut unzureichend, Geflüchteten lediglich physische Sicherheit zu bieten, und zweitens ist es perfide, darauf zu warten, dass man sie hoffentlich bald abschieben kann. Die Menschen haben ein Recht auf Mitgliedschaft in einer Gesellschaft. Wenn Sie nicht länger das Recht oder die Möglichkeit haben, Mitglieder der Gesellschaft ihres Herkunftslandes sein zu können, dann müssen sie Zugang zur Mitgliedschaft in der Gesellschaft eines anderen Staates erhalten. Ein reicher, demokratischer Staat wie Deutschland kann keine Einrichtung errichten, in denen Geflüchtete keinen Kontakt zum Rest der Bevölkerung haben sollen und nur mit Grundnahrungsmitteln, Kleidung und Unterkunft versorgt werden. Wenn ein demokratischer Staat geflüchtete Menschen aufnimmt, muss er Ihnen auch Rechte gewähren, die auch andere in dieser Gesellschaft genießen. Im Laufe der Zeit wird er sie sogar als Mitglieder akzeptieren müssen. Das wird einigen hier im Hause nicht gefallen.

 

(Zwischenruf Abg. Czuppon, AfD: Das wird auch nie passieren!)

 

Ja, Ihre Vorstellung von einem demokratischen Staat ist tatsächlich auch eine ganz andere als meine Vorstellung. Herzlichen Glückwunsch übrigens!

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

(Unruhe AfD)

 

Vielleicht hören Sie auch einfach einmal zwei Minuten zu. Der Herr Möller muss sich ja noch seine Notizen machen, damit er nachher hier zum Schluss richtig auftrumpfen kann.

 

(Heiterkeit AfD)

 

(Zwischenruf Abg. Czuppon, AfD: Das ist auch gut so!)

 

Vielleicht denken Sie also noch ein einmal darüber nach, ob das nicht viel eher mit den so oft von Ihnen beschworenen christlichen Werten in Einklang zu bringen ist, als dass Sie Werte, beim Versuch sie zu fördern, weiter verletzen.

 

Und da habe ich bisher noch gar nicht darauf abgehoben, dass Sie scheinbar immer noch nicht begriffen haben, dass a) Gesetzesverstöße Angelegenheiten der Justizbehörden sind und dass b) Ihre fehlerhaften Argumente nicht besser werden, indem Sie sie Woche für Woche wiederholen. Wer behauptet, das Verhalten Einzelner würde die Mehrzahl der Gruppe in Misskredit bringen, der müsste analog auch schlussfolgern, dass CDU-Mitglieder prinzipiell ungeeignet für den Job des Ostbeauftragten sind. Das ist vielleicht noch so eine kleine perspektivische Denksportaufgabe.

 

Nun haben wir diesen Antrag hier aber liegen, und wie Kollegin Rothe-Beinlich es gesagt hat, werden wir uns wohl damit im Ausschuss noch befassen müssen. Vielen Dank auch dafür.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien