Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen / Zehntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes

Zu den Gesetzentwürfen der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1397 und 5/1398 - Erste Beratung


Lieber Gustav Bergemann, ich nehme positiv zur Kenntnis, wie lange du schon in der Gewerkschaft bist. Da zählt ja dann auch der FDGB dazu und das nehme ich gern zur Kenntnis. Mein Lebensalter hat es nicht ermöglicht, eine so lange Mitgliedschaft jetzt schon aufzuweisen. Ich bedanke mich ausdrücklich für die sachliche Ausführung. Das wäre die Debatte, wie ich sie mir wünschen würde, dass man die Argumente noch einmal wichtet, noch einmal hinterfragt, anschaut und prüft. Deswegen werbe ich noch einmal für die Ausschussüberweisung an den Justizausschuss. Die Schärfe hat der Kollege Pidde hereingebracht, der sich nicht mehr erinnern konnte, welche Reden früher von der SPD gehalten wurden, gerade wenn es dann um das populistische Aussetzen ging, dann hat man sich schnell angeschlossen. Aber so ist das, wenn man auf einmal regierungstragend ist, dann möchte man nicht daran erinnert werden, was man vorher schon geredet hat.


(Beifall DIE LINKE)


(Unruhe SPD)


(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wir haben uns niemals dem … abgeschlossen.)


(Unruhe SPD)


Nein, niemals, die Sozialdemokratische Partei in diesem Hohen Haus hat sich niemals dem Populismus angeschlossen, das hoffe ich auch. Wir wollen mit Euch keine Einheitspartei sein. Darauf lege ich schon Wert, dass es da erhebliche Unterschiede zwischen uns und Ihnen gibt, Herr Höhn. Das soll auch so bleiben, weil es bestimmte Themen gibt, bei denen ich sage, den Kniefall vor manch einer Fehlentwicklung wie jetzt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, wie eben die Aufstockergesetzgebung, wie eben die Lebenswelt der Hartz-IV-Aufstocker, von denen ich gesprochen habe, hat eine Regierung Schröder in Gang gesetzt. Also die Büchse der Pandora hat schon die SPD von der Lebenswelt, über die ich geredet habe, schon geöffnet.


(Beifall DIE LINKE)


Nun zur sachlichen Bewertung noch einmal: Dass das NRW-Rentenwerk zurzeit mehr Geld kostet - also einen erheblichen Aufwuchs an Geld ausgelöst hat -, hat eine ganz einfache Logik. Man muss jetzt im laufenden Monat das Geld einzahlen. Im Moment reden wir nicht darüber, was für uns eigentlich zurückgestellt werden müsste. Wenn wir die Rechnung ernsthaft machen würden, müssten wir eigentlich zu den Kosten des Parlaments die persönlichen Rentenanwartschaften dazu buchen, das wäre haushaltsrechtlich ehrlich, das wäre konsistent und es wäre nachprüfbar. Dann würden wir nämlich nicht wieder diese Äpfel mit Birnen vergleichen.


(Beifall DIE LINKE)


Ich habe nur gesagt, den Weg in das Rentenwerk halte ich für falsch. Ich teile auch, Herr Kollege Recknagel, Ihren Vorschlag der persönlichen Versicherung nicht, weil ich die deutsche Versicherungswirtschaft nicht stärken möchte, sondern ich möchte ein soziales Sicherungssystem, das für alle Menschen auf der gesellschaftlichen Balance aufbaut und nicht auf der deutschen Privatwirtschaft, die dann ihre eigenen Hedgefonds bedient oder sonstige Dinge damit macht.

Ich will es noch einmal klar sagen, Gustav Bergemann, die Hartz-IV-Aufstocker fehlen mir in dem Index und die Lebenswelt dieser Hartz-IV-Aufstocker. Hartz IV ist drin, also der Regelsatz ist drin. Die Lebenswelt derjenigen, die unter Billiglohn arbeiten müssen - und da wäre ich ja wieder bei Herrn Pidde -, wenn wir wirklich die Lebenswelt ändern würden, dass die Menschen bei KiK nicht mehr so erbärmlich bezahlt werden würden, dann wäre ich ja bei Ihnen. Aber zu sagen, wir müssen deswegen anders, nämlich bessergestellt sein und das sei vorbildlich für die Menschen bei KiK und die können sich dann ja an uns orientieren, dann beantworten Sie mir bitte, wie wir die Indexierung jetzt für die Entlohnung von Niedriglöhnern hinkriegen. Das wäre dann ein flächendeckender einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn. Dann lassen Sie mit uns entsprechende Initiativen im Bundesrat ergreifen, damit wir die Lebenswelt dieser Menschen ändern, von denen ich hier geredet habe. Aber zu sagen, wir müssten vorbildlich sein, indem wir nur die Gruppe der Menschen, die hier sitzen, regeln, und dann sagen, was draußen vor ist, interessiert uns nicht, aber zu sagen, wenn wir vorbildlich geregelt sind, dann wird es besser, das halte ich einfach für Quatsch.


Herr Kollege Bergner, ich habe gegrübelt, ob ich wirklich das Wort asozial zu dieser Debatte benutzt hatte. Ich komme gern noch einmal zu Ihnen und lasse mir den Artikel zeigen. Ich will von diesem Pult - deswegen bin ich vorgegangen - sagen, dieses Wort wäre in diesem Zusammenhang völlig falsch. Ja, es ist völlig falsch. Sie haben es angesprochen, ich kann mich nicht erinnern, dass ich das Wort gesagt habe. Ich wüsste auch gar nicht, wie ich auf die Idee gekommen wäre, weil es nicht um eine asoziale Debatte geht, sondern es geht um eine Form von Indexierung, die eine Privilegierung nach außen symbolisiert, bei denen möglicherweise die Menschen - ich weiß nicht, ob der Zusammenhang so gestellt worden ist - denken, das ist doch ziemlich asozial, wenn ich als Hartz-IV-Aufstocker arbeiten muss. Ich weiß es nicht. Ich würde jedenfalls es ablehnen und würde es deswegen mit Bedauern jetzt auch hier öffentlich zurücknehmen, wenn die Diätendebatte als asozial von mir bezeichnet worden wäre. Ich kann mich nicht daran erinnern. Ich mache aber noch ein anderes Beispiel: Sie haben von der Hummer und Sichel Republik geredet. Da haben Sie offenkundig mein Tagebuch gelesen. Ich war auf Helgoland im Wahlkampf jetzt unterwegs und unterstütze, das dortige …


(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich habe es im „Focus“ gelesen.)


(Beifall DIE LINKE)


Ich verstehe überhaupt nicht, wie der „Focus“ …, dann hat der auch mein Tagebuch gelesen. Ich stehe dazu und werbe auch hier im Hohen Haus dafür, ich gebe Ihnen gern die Bögen aus. Auf Helgoland gibt es ein Auswilderungsprojekt für die Hummer und ich werbe für Hummerpatenschaften. Ich bin da auch ganz engagiert und sage, mein Hummer, für den ich jetzt die Patenschaft übernommen habe, hat auch den Namen Sarah, ich stehe dazu und finde, wir brauchen tatsächlich rund um Helgoland vielmehr Hummer.


(Beifall DIE LINKE)


Das hat aber mit der Diätendebatte relativ wenig zu tun. Was ich aber seltsam negativ, befremdlich finde, wenn die FDP sich hier hinstellt und das Haus von Herrn Lafontaine, dem ehemaligen Ministerpräsidenten vom Saarland, dem ehemaligen Bundesminister anspricht und sagt, das sei ein Beleg dafür, dass wir doch dazu schweigen sollten, dann halte ich das einfach mal für cruden Unsinn, solange der FDP Bundesvorsitzende neben seinen Bezügen horrende Einnahmen generiert aus seinem Vortragswesen. Dann, sage ich mal, sollte man sich lieber an seine eigene Nase fassen und das in der FPD selber debattieren.


(Beifall DIE LINKE)


Letzte Bemerkung: Kollege Recknagel, ich würde es auch nicht mit der Würstchenbuden vergleichen, aber Sie haben völlig recht. Statt der steuerfreien Aufwandspauschale eine prüffähige Abrechnungsunterlage für alle Kosten, die wir für unsere Wahlkreise haben, das war unser Vorschlag. Ich danke Ihnen, dass Sie jetzt noch mal daran erinnern, dass wir diesen Vorschlag damals gebracht haben. Deswegen sage ich, ich bin auch freundlich daran interessiert, dass der Herr Rechnungshofpräsident noch mal diesen Teil prüft. Ich wäre auch sehr einverstanden, wenn wir vom Rechnungshof alle zusammen Hinweise kriegen, damit wir wirklich auch genau wissen, was geht, was geht nicht. Wir sitzen nicht in dem Vorwurf, der in einem anderen Bundesland zu Recht besteht, dass betrogen worden ist. Ich glaube, das ist in Thüringen nicht der Fall. Ich glaube auch nicht, dass da Beanstandungen sind, weil das Problem der Pauschalierung hat genau dazu geführt, was Sie jetzt angesprochen haben. Wir kriegen eine Pauschalierung und als jemand, der in Erfurt ein Wahlkreisbüro in der Innenstadt suchen musste, habe ich mal alle Mietpreise gesehen. Da sage ich mal, es ist doch ein erheblicher Unterschied, ob ich in Schleiz-Greiz-Lobenstein ein Wahlkreisbüro einrichte oder ob ich in meinem direkten Wahlkreis hier in Erfurt, und zwar in der Innenstadt, ein Wahlkreisbüro einrichte. Mit der Pauschalierung muss ich mich nach der gleichen Decke strecken. Mit einer richtigen Abrechnung, einer korrekten Abrechnung sähe das anders aus. Dann wären wir bei einer korrekten Abrechnung. Da muss man sich nur entscheiden, raus aus der steuerfreien Pauschalierung, rein zu einer korrekten Abrechnung, dann kann man das auch so machen. Aber dann bitte auch alle Kosten mit einberechnen, die dazugehören. Es geht nur nicht - und deswegen habe ich gesagt, das ist heute nicht mein Thema -, weil ich darauf warte, was der Rechnungshof uns an Ratschlägen gibt und da bin ich sehr einverstanden.


Eine letzte Bemerkung - die Erhöhung der Fraktionszuschläge: Kollege Meyer, seit den 90er-Jahren haben die Fraktionen im Thüringer Landtag überhaupt keine Aufstockung gehabt. Ich weiß das Datum nicht genau, aber, ich glaube, 1994 ist die letzte Aufstockung erfolgt. Seit diesem Zeitpunkt sind die Gelder stabil geblieben, aber die Kosten der Tariferhöhung mussten immer finanziert werden. Das heißt, Jahr für Jahr wurde der Anteil, der in einer Fraktion zur Verfügung steht, für politische Arbeit kleiner und als mit der Ost-West-Angleichung der letzte Sprung kam, haben wir das alles aus den Fraktionsgeldern schultern müssen. Ich bitte einfach darum, die Dinge auseinanderzuhalten.


(Beifall DIE LINKE)


Das, glaube ich, hilft uns allen gar nicht, wenn wir jetzt aus der Diätendebatte - da können alle anderen hier anderer Meinung - eine Debatte machen, dass der Landtag und die Landtagsfraktionen zu viel Geld bekommen würden. Das heißt, wir würden dann sagen, das ganze Geld, das die Regierung sparen will, da muss die erstmal was vorlegen, damit wir eine Haushaltsdebatte führen können, darauf warte ich schon erwartungsvoll. Aber zu sagen, wir sparen das Geld an den Fraktionen ein, dann können wir - bitte, Entschuldung - dieses Parlament auch abschaffen, weil dann können wir die Arbeit irgendwie als Nebenerwerbslandtag machen oder wir können gleich fusionieren mit zwei anderen Ländern und sagen, es ist sowieso alles nicht so wichtig. Wenn wir unsere Arbeit schon ernst nehmen, dann möchte ich, dass die Landtagsfraktionen gleichberechtigt in der Lage sind, der Regierung Paroli zu bieten, und zwar unabhängig davon, ob sie Regierung oder Opposition sind. Ich bin schon gespannt, wie die CDU die Sparvorschläge noch mal hier im Hohen Haus bearbeiten wird. Da werden wir alle noch mal etwas erleben können an ganz besonderen Debattenrunden, aber ich möchte, dass wir das machen auf der Basis von Zuarbeiten aus unseren Fraktionen, die Hand und Fuß haben. Deswegen, glaube ich, hat das eine Thema mit dem anderen nichts zu tun. Ich bitte um Überweisung an den Justizausschuss.


(Beifall DIE LINKE)

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