Erweiterung des Kalksteintagebaus Deuna – keine Bereitstellung von Flächen des Staatsforsts für schwerwiegende Eingriffe in die Natur

Dr. Marit Wagler

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/5715

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Zuschauer, wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, die all unsere Lebensbereiche durchdringt. Auch unser Bausektor ist Spiegel eben dieser Wegwerfgesellschaft. Kalkstein und viel Energie brauchen wir für Zement. Und Zement, Kies und Sand brauchen wir für Beton, die Grundlage unserer heutigen Bauwirtschaft. All diese Rohstoffe gab es bisher in ausreichender Menge und all diese Rohstoffe werden auch hier in Thüringen abgebaut. Vielleicht ist das auch einer der Hauptgründe, warum man bisher Beton nicht nennenswert recycelt. Wenigstens ein Zehntel unseres Betonbedarfs könnten wir mit recyceltem Beton decken, wenn die Stoffströme nicht in den Straßenbau gingen, sondern wie in der Schweiz üblich am Ort des Entstehens in der Stadt recycelt und wieder eingebaut werden würden.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das beste Recycling ist natürlich die Verhinderung eines Abrisses durch Sanierung. Stattdessen folgen wir der kapitalistischen Wachstumslogik blind nach dem Motto: Baue auf und reiße nieder, hast du Arbeit immer wieder. Neben dem Verbrauch von endlichen Rohstoffen und Unmengen von Energie emittiert insbesondere die Zementherstellung besonders viel CO2. Kalkstein, wie er in Deuna abgebaut wird, ist der Grundstoff für unseren Zement und macht den Löwenanteil der CO2-Emissionen im Bausektor aus. Bei Zement sind das 95 Prozent des CO2-Fußabdrucks von Beton. In Deuna haben wir jetzt den Fall, dass für den Abbau eines besonders klimaschädlichen Baustoffs, nämlich Zement, Wald als die Quelle für den nachwachsenden Rohstoff der Zukunft Holz in Höhe von 80 Hektar abgeholzt werden muss. Es wird zwar Ausgleichspflanzungen geben, aber bis diese wieder einen Wald darstellen, zu einem Wald herangewachsen sind, der uns mit Bauholz versorgen kann, werden viele Jahrzehnte vergehen. Bis diese einen gleichwertigen Wald wie den aktuellen Buchen-Plenterwald darstellen, werden viele Jahrzehnte vergehen. Dieser Plenterwald ist, wie schon dargestellt, eine besonders nachhaltige Nutzungsform. Der Plenterwald bei Deuna ist auch ein wichtiges Anschauungsobjekt, welche Waldform durch eben diese nachhaltige Nutzung hervorgebracht wird. Neben dem langjährigen Verlust von Flächen für den Anbau der nachhaltigsten aller Rohstoffe, nämlich Holz, tauschen wir also auch Waldboden und das darin gespeicherte CO2 gegen Bergbaufolgeboden, der erst aufwendig wieder saniert werden muss und der gespeichertes CO2 erst einmal wieder an die Atmosphäre abgibt. Das ist ein schlechter Tausch.

 

Für uns als Linke zeigt sich hier wieder einmal die Notwendigkeit der sozialökologischen Transformation unserer Wirtschaft. Es ist gut, dass uns dieser bittere Preis von Rohstoff- und Energieverschwendung im deutschen Bauwesen und durch den Verzicht auf konsequentes Recycling vor Augen geführt wird. Kreislaufwirtschaft ist das Gegenteil von Wegwerfwirtschaft. Die Rohstoffe, die für unsere Bautätigkeit hier in Thüringen gebraucht werden, müssen wir auch hier abbauen. Wir müssen auch die Arbeitsplätze, die dieser Rohstoffabbau generiert, beachten, denn die Verantwortung für den eigenen Rohstoffverbrauch zu übernehmen, heißt, die Renaturierung und die Nachnutzung der Bergbaufolgelandschaft gewissenhaft zu begleiten und zu steuern. Es darf nicht sein, dass man sich von dieser Verantwortung durch Import von Rohstoffen freikauft

 

(Beifall DIE LINKE)

 

und die Folgen des eigenen Handelns nicht sehen will. Bevor es einen Exit gibt, muss die Exit-Strategie stehen, und wir müssen auch die recycelten Baustoffe und die alternativen Baustoffe, die wir brauchen, in genügendem Maße zur Verfügung haben. Auch das Baustoffrecycling braucht viele qualifizierte Hände oder würde es brauchen. Bauabfälle sind für die Hälfte des deutschen Abfallaufkommens verantwortlich. Die Nutzung von Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen im Baubereich muss noch viel stärker als bisher vorangebracht werden. Und in der Thüringer Bauwirtschaft müssen wir der Vermeidung höchste Priorität einräumen und Maßnahmen fördern, die dafür sorgen, dass Wertstoffe so weit wie möglich in den Wertstoffkreislauf wieder rückgeführt werden.

An der Begleitung und Umsetzung all dieser Aufgaben sollten wir in den verantwortlichen Fachausschüssen arbeiten. Das sind wir den Anwohnern, die den Lärm- und die Staubemissionen, die die Bergbaufolgelandschaft ertragen müssen, den Waldbesitzern, die ihren zum Teil ein Leben lang gepflegten Wald jetzt abholzen müssen, und der nachfolgenden Generation, die mit der Bergbaufolgelandschaft und den ausgebeuteten Rohstoffquellen zurechtkommen muss, schuldig. Im Ausschuss müssen wir auch klären, ob wir wirklich 80 Hektar zum Abbau brauchen. Immerhin wollen wir schon in 28 Jahren das Ziel der Netto-Null-Neuemissionen erreichen. Das schreiben zumindest die Klimaziele der Bundesregierung vor. Und das hier beantragte Vorhaben hat eine Laufzeit von 45 Jahren.

 

Präsidentin Keller:

 

Frau Abgeordnete!

 

Abgeordnete Dr. Wagler, DIE LINKE:

 

Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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