Drug-Checking-Projekt in Thüringen erfolgreich gestartet – das befristete Pilotprojekt jetzt nachhaltig machen und die effektiven Drug-Checking-Angebote erweitern.

Kati Engel

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/4364

 

Die Anzahl der Menschen, die an den Folgen ihres Drogenkonsums versterben, hat in den vergangenen Jahren leider wieder zugenommen. Die häufigsten Ursachen von Drogennotfällen oder drogenbezogenen Todesfällen sind darin begründet, dass Konsumierende eben nicht genau wissen, welche Zusammensetzung oder welchen Wirkgehalt ihre Substanzen haben. Fast alle über den Schwarzmarkt bezogenen Substanzen sind verunreinigt oder mit gesundheitsschädlichen Streckstoffen versetzt. Aber auch Naturprodukte wie zum Beispiel Pilze unterliegen starken Schwankungen im Wirkstoffgehalt. Das birgt natürlich für Konsumierende ein nicht zu vernachlässigendes Risiko.

 

Die Idee, diesem Gesundheitsrisiko mit Drug-Checking, also einer Substanzanalyse, zu begegnen, ist überhaupt nicht neu. Drug-Checking wird bereits in vielen Ländern als ein weiteres Instrument des Gesundheitsschutzes angewendet. Dr. Felix Betzler von der Charité in Berlin hat erklärt – ich zitiere –: „Aus medizinischer Sicht ist Drug-Checking unbedingt sinnvoll, weil wir wissen, dass der Konsum ohnehin stattfindet.“ Aus dieser Erkenntnis heraus wurde bereits in den Achtzigern in den Niederlanden das erste Drug-Checking-Angebot eingerichtet. Meine Kollegin Frau Henfling hat es bereits erwähnt. Inzwischen haben es viele weitere Länder etabliert, zum Beispiel Österreich, Schweiz, Spanien, Frankreich, Portugal oder auch Großbritannien. Nur Deutschland tut sich immer noch schwer mit der Umsetzung. Die rechtliche Situation von Drug-Checking ist hier bis heute umstritten, denn wenn Mitarbeitende die Probe entgegennehmen, um diese zu analysieren, so reicht das aus, um dies als strafbaren Besitz von Betäubungsmitteln auszulegen.

 

In Thüringen haben wir nun den Glücksfall, dass sich in Jena eine Gruppe kluger Köpfe fand, welche ein Schnelltestverfahren entwickelt hat: Miraculix. Dieses Verfahren ermöglicht es, dass Konsumierende die Substanzanalyse unter Anleitung selbst durchführen. Das Team von Miraculix nimmt also die Proben nicht entgegen und macht sich damit auch nicht strafbar, ist aber gleichzeitig zugegen, um fachliche Hilfe zu leisten. Zudem hat dieses Schnelltestverfahren von Miraculix den Vorteil, dass es innerhalb weniger Minuten Ergebnisse liefert, vor Ort durchführbar ist und somit auch vor dem Konsum der Drogen eine Intervention stattfinden kann. Denn auch beim Thüringer Drug-Checking-Projekt ist die Substanzanalyse obligatorisch mit einem Beratungsgespräch verbunden, welches hier durch das Team der Drogerie der Suchthilfe Thüringen durchgeführt wird. Das zum Großteil ehrenamtlich arbeitende Team der Drogerie bietet Konsumierenden einen niederschwelligen Zugang an. Sie klären auf über Wirkung, Risiken, Folgen des Drogenkonsums, und das mitten in einem Party-Setting, und sind dadurch in der Lage, Konsumierende zu erreichen, wo andere Angebote der Suchthilfe erst überhaupt keinen Zugang finden.

 

Und, liebe CDU, Studien aus dem Ausland zeigen – das hat auch Frau Henfling bereits erwähnt –: Wo Drug-Checking angeboten wird, steigt nicht der Konsum von illegalen Substanzen. Es wird also überhaupt niemand animiert, Herr Zippel. Im Gegenteil: Das Angebot regt dazu an, sich kritisch mit dem eigenen Konsum auseinanderzusetzen. Das bestätigen auch erste Abfragen in Thüringen. Über 90 Prozent der Nutzenden gaben an, dass die Substanzanalyse direkte Auswirkungen auf ihren Konsum habe. Das Konsumverhalten ändert sich, es wird vorsichtiger, es wird reflektierter oder es wird, wenn die Analyse gefährliche Streckstoffe offenbart, auch gar nicht konsumiert. Daneben ergeben sich weitere positive Effekte. Wir haben frühzeitigen Kontakt zu Konsumierenden, nicht erst, wenn sich problematisches Konsumverhalten bereits verfestigt hat. Durch die Veröffentlichung der Substanzanalyse werden Konsumierende vor gefährlichen Präparaten, die sich zurzeit im Umlauf befinden, gewarnt. Wir sind erstmals in der Lage, ein Monitoring über Konsumverhalten, Motive, Konsumtrends in Thüringen zu erstellen und last, but not least: Drug-Checking rettet verdammt noch mal auch Leben.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Drug-Checking-Angebot reagiert lediglich auf eine real existierende Situation. Leute nehmen nun einmal Drogen, Herr Zippel. Mit diesem Projekt haben wir nun aber endlich die Möglichkeit, angemessen darauf zu reagieren und Risiken zu vermindern. Das ist in Deutschland einmalig, und Thüringen ist damit zum Vorreiter geworden. Die Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag wird sich daher natürlich mit unseren Partnern/Partnerinnen weiter dafür einsetzen, dass dieses Projekt weiter besteht, verfestigt wird und weiter ausgebaut wird.

 

Ich möchte es nicht versäumen, dem Team von Miraculix und dem Drogerieteam für ihre Arbeit und für ihren Einsatz zu danken, denn es ist oftmals nicht leicht, bei einer Party bis früh in die Morgenstunden anwesend zu sein und hintereinander weg zu arbeiten – und das ohne Pause. Ich konnte es selbst bei Jena auf einer Party erleben. Es ist einfach eine Wahnsinnsarbeit, die sie machen. Vielen Dank dafür.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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