Digitales Thüringen – Kompetenzen bündeln, Visionen entwickeln und Maßnahmen fördern

Philipp Weltzien

Zum Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/10241

 

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, Gäste auf der Tribüne – kann ich wahrscheinlich namentlich benennen, so viele sind es nicht mehr –, aber vor allen Dingen auch liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream! Was lange währt, wird endlich gut. So oder so ähnlich kann man den Lauf dieser ursprünglich mal zwei Anträge von CDU und FDP bezeichnen. Warum? Die Anträge sind beinahe ein Jahr in der Ausschussberatung gewesen und haben in der Zeit aber eben auch eine ganze Menge Updates bekommen und sind jeweils in die aktuelle Zeit gehoben worden.

Aber neben der Schaffung von Doppelstrukturen hatten die Anträge zum Stand der letzten Beratung hier im Plenum auch ein paar – sagen wir mal wohlwollend – schwierige Absätze, die vermutlich aus einer falschen Hoffnung heraus entstanden sein müssen. So war beispielsweise geplant, dass Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz wesentliche Schlüssel zur Bewältigung eines Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst sein sollten. Dabei war damals schon auffällig, dass sich die CDU argumentativ hier neu orientiert hatte. Was meine ich damit? Vor nicht gar allzu langer Zeit hatten sie die Digitalisierung als Schlüssel für ihre Fantasien von Personalabbau in Verwaltung gesehen, jetzt sollte sie dann doch dafür herhalten, Fachkräfte zu ersetzen. Liebe CDU-Fraktion, wir haben das miteinander beredet: Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz dürfen immer nur unterstützend zur Seite stehen. Am Ende müssen immer menschliche Entscheidungen stehen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.

 

Daher werbe ich für unseren Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung im HuFA, der vorsieht, dass KI-Anwendungen der Verbesserung der Arbeitszeit und Lebensqualität natürlich unter Berücksichtigung der ethischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen dienen sollen. Personalreduzierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine Drohkulisse, die das Land Thüringen kein Stück nach vorn bringen wird und auch nicht zukunftsfähiger macht. Digitale Verwaltung kann gut ausgebildete Mitarbeiterinnen niemals ersetzen. Wer das behauptet, hat die Anforderungen an eine bürgernahe Verwaltung schlicht und ergreifend nicht verstanden.

 

Genauso fahrlässig ist auch der Glaube, dass digitale Ausgestaltung von Verwaltungsprozessen ohne dauerhaften Personalaufwuchs in den IT-Abteilungen der Verwaltungen zu stemmen wäre. Bisher war – zumindest hier drinnen – Ihre Antwort regelmäßig darauf, dass sich die öffentliche Hand mehr bei privaten Dienstleistern bedienen soll. Da hat sich von der Einstellung her auch nicht viel verändert. Aber es freut mich, dass wir heute ein Papier vorliegen haben, das ein deutliches Bekenntnis zur Stärkung des Thüringer IT-Dienstleisters KIV gibt. Einen bedeutenderen Katalysator zur OZG-Umsetzung vor Ort werden wir kaum finden.

 

Wer sich in diesem Zusammenhang fragt, was eine FDP in der Bundesregierung bisher so vom groß angekündigten Onlinezugangsgesetz 2.0 auf die Straße gebracht hat, der wird von der Antwort leider genauso enttäuscht sein wie vom großen Graue-Flecken-Programm, welches die gleichen handwerklichen Fehler wie damals schon das Weiße-Flecken-Programm der CDU-geführten Bundesregierung beinhaltet. Da werden wir hier noch viele Anträge beraten können. Der Vorrang von privaten Breitbandbetreibern und die weiterhin planungstechnisch und bautechnisch unkoordinierte Förderlandschaft des Bundes beschleunigen keinen einzigen zu verlegenden Kilometer Glasfaser.

 

Lassen Sie mich kurz zusammenfassend abschließend noch zu einer Herzensangelegenheit kommen, denn ich freue mich sehr darüber, dass wir uns mit dem heute vorliegenden Änderungsantrag zu einer Sache bekennen, die mir wichtig ist, dass die Landesregierung gebeten wird, auf Bundesebene eine Initiative zu starten, um die IT-Infrastruktur von Land und Kommune in den Sektor der sogenannten kritischen Infrastrukturen aufzunehmen. Daraus könnte und müsste sich eine völlig neue Förderkulisse ergeben und gleichzeitig flächendeckend mehr Verbindlichkeit in Fragen der IT-Sicherheitsarchitektur hergestellt werden. In diesem Zusammenhang ist es sehr bedauerlich, dass das Projekt „Cyberhilfswerk“ als neue Sektion beim THW bisher beim Bund nicht über eine Machbarkeitsstudie hinausgegangen ist. Und – sehen Sie es mir nach – ich erwarte dabei von der Ampel auch nicht mehr viel, weshalb wir das Thema „CHW“ wohl in der nächsten Legislatur als Hausaufgabe auf Landesebene haben werden.

Ich freue mich, dass hier im Haus so weit Einigkeit herrscht, dass die Mammutaufgabe der Digitalisierung auf allen gesellschaftlichen Ebenen eine Daueraufgabe bleibt bzw. als eine Daueraufgabe verstanden worden ist. Deshalb wiederhole ich mich an dieser Stelle sehr gern: Die politische Gestaltung und Begleitung eines der größten Zukunftsthemen sollte dringend in einem eigenen Digitalausschuss erfolgen. Leider war es in den Gesprächen zu den Anträgen von CDU und FDP nicht möglich, hier eine Einigung zu erzielen. Wir werden uns also weiterhin dafür einsetzen. Bis dahin ist mit dem heutigen Beschluss, der Ihnen vorliegt, inklusive Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung unser Hausaufgabenheft weiterhin prall gefüllt. Packen wir es also an! Herzlichen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

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