Der Umgang mit der Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus in Thüringen

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 5/1891  -


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist jetzt so gekommen, wie wir es erwartet haben: Die Aktuelle Stunde wird dem Interesse der Bürger, der Medien und der Politik nicht gerecht werden können. Warum?

Natürlich haben die Bürger ein berechtigtes Interesse nach all den Meldungen über prognostizierte anstehende Anschläge, etwas zur Sicherheitslage in Thüringen zu erfahren, aber genau diese Informationen werden wir sicherlich heute in dieser Aktuellen Stunde nicht geben können. Wir werden hier nicht mehr erfahren als die Mitglieder im Innenausschuss zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt in der letzten Sitzung. Der damalige Staatssekretär und heutige Innenminister hat dort ja nicht mehr vorgestellt als das, was man in den letzten Wochen sowieso schon in „Spiegel“, „Focus“ und Tageszeitungen lesen konnte; kein Stück mehr an Einschätzungen, kein Stück mehr an Konkretisierung, kein Stück mehr an Entwarnung. Damit bleiben eine Menge von Fragen bei Bürgern, Medien und Öffentlichkeit und dies ist heute sicherlich nicht der Ort, wo wir darauf Antwort bekommen. Antworten z.B. auf die Frage, was wir von Quellen halten müssen, wenn Aussteiger Informationen an Presseorgane geben oder vielleicht sogar verkaufen. Oder was ist mit dem Vorgang, wo ein Sicherheitschef eine Kofferbombenattrappe in ein Flugzeug zu schmuggeln versucht hat? Oder was ist mit dem Hin und Her der Meldungen über einen bevorstehenden Anschlag im Bundestag? Das BKA dementierte schließlich den Bericht des „Spiegel“. Auch diese Fragen konnten im Innenausschuss nicht geklärt werden.


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wir sind ja auch in Thüringen und nicht im Bundestag.)


Sie haben auch nicht über Thüringen gesprochen, sondern Sie haben zur allgemeinen Sicherheitslage der Bundesrepublik gesprochen und das ist heute eben nicht der Ort in dieser Aktuellen Stunde, wo wir hier Näheres erfahren. Die Unsicherheit wird bleiben auch nach dieser Aktuellen Stunde. Deswegen ist eigentlich hier nur der Ort für uns, ein paar generelle Bemerkungen zu machen. Wir werden uns ganz entschieden dagegen wehren, wenn die derzeitige Sicherheitsdebatte dazu missbraucht wird, im Schatten der Terrorwarnungen die Grund- und Bürgerrechte weiter einzuschränken. Das gilt insbesondere nach der Forderung des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren oder der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung oder eines zentralstaatlichen Polizeiamts durch Zusammenführung von Bundespolizei, BKA und Zoll. Wir müssen uns natürlich klar und deutlich gegen die Gefahren für die Demokratie durch mögliche Terroranschläge wenden, aber in gleichem Maße müssen wir die Gefahren für die Demokratie durch wachsenden antiislamischen Rassismus thematisieren, wenn Muslime in diesem Land unter Generalverdacht gestellt werden.


(Beifall DIE LINKE)


Ich verweise darauf, dass der Zentralrat der Muslime in den letzten Tagen berichtete, dass es noch nie so viele Angriffe und Anschläge auf Menschen und Einrichtungen islamischen Glaubens gegeben hat wie in den letzten Wochen. Ich hoffe, wir sind uns auch in diesem Punkt einig, dass wir diese Gefahr für die Demokratie ablehnen. Sicherheit ist immer auch soziale Sicherheit und das dürfen wir bei so einem Thema nicht vergessen. Die Leute wollen nicht nur ohne Angst vor Anschlägen leben, sondern sie wollen auch ohne Angst vor Arbeitsplatzverlust, Zweiklassenmedizin, Niedriglöhnen und Hartz-IV-Elend leben.


(Beifall DIE LINKE)


Wer diese soziale Sicherheit den Menschen verwehrt, wird immer im Verdacht stehen,


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist genau dem Thema nicht angemessen.)


die Debatte um die innere Sicherheit als Ablenkungsmanöver zu missbrauchen. Wer meint, dieser Gesellschaft in einer Schocktherapie, weil alle in Angst erstarrt sind, Entscheidungen unterzujubeln, die eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ablehnen, der wird einer demokratischen und offenen Gesellschaft keinen Gefallen tun. Also, es gilt der alte, aber immer noch richtige Spruch: Wenn wir angesichts der Terrorgefahr Freiheit und Demokratie opfern, dann haben die Terroristen ihr Ziel schon erreicht.


(Beifall DIE LINKE)


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