Das Thüringer Azubi-Ticket – ein wichtiger Schritt zu mehr Teilhabe junger Menschen in Thüringen
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 6/7322
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Zuhörerinnen auf der Tribüne und am Livestream! Liebe Kolleginnen! Bekanntlich macht der demografische Wandel auch vor Thüringen nicht Halt. Das hat zur Folge, dass die Anzahl der Fachklassen und Berufsschulen abnimmt und die Wege für Auszubildende immer länger werden, während gleichzeitig ihre Ausgaben für Fahrt und Unterbringung stetig steigen. In der Vergangenheit sind daher wiederholt Fälle bekannt geworden, in denen Auszubildende den Schulort oder den Ausbildungsgang gewechselt haben, weil sie die Fahrtkosten nicht mehr tragen konnten. Die Jugendberufshilfe weist auch darauf hin, dass viele Jugendliche aus diesen Gründen gar nicht erst eine Berufsausbildung anfangen, sondern sich gleich für eine wohnortnahe Alternative entscheiden. Im Vergleich zu Studierenden, deren Wege oft kürzer sind und die meist auf günstigere Semestertickets zurückgreifen können, gibt es demzufolge einen dringenden Unterstützungsbedarf für die Mobilität der Berufsschülerinnen. Gerade Mobilität ist für junge Menschen ein grundlegendes Thema, welches sich nicht nur auf den Bereich der Schule und Ausbildung beschränkt, sondern auch in den Bereich von Freizeit und Familie hineinwirkt. Mobilität beeinflusst die Lebensqualität von Jugendlichen in erheblichem Maße und das vor allem natürlich im ländlichen Raum. Außerdem ist eine bessere Unterstützung der Auszubildenden natürlich auch ein wichtiger Punkt, um die Ausbildungsattraktivität in Thüringen zu stärken, Abbrüche zu vermeiden und der Abwanderung junger Fachkräfte entgegenzuwirken. Dies hat unsere Koalition erkannt und deswegen in einem ersten Schritt die Richtlinie für Fahrt- und Unterbringungskosten überarbeitet. Da das nicht jeder weiß, dass Berufsschülerinnen die Möglichkeit haben, teilweise ihre Fahrt- oder Unterbringungskosten rückerstattet zu bekommen, werde ich einen Link auf meine Homepage genau an dieser Stelle in der Rede setzen und da könnt ihr dann nachgucken.
Als zweiten Schritt startete letzten Herbst das langersehnte Azubi-Ticket, auf welches nun fast 50.000 Berufsschülerinnen Anspruch haben. Mit dem Azubi-Ticket Thüringen können Auszubildende nun rund um die Uhr in nahezu ganz Thüringen Zug, Bus und Straßenbahn fahren, so oft sie wollen und wann sie wollen, denn das Ticket gilt nicht nur auf dem Weg vom Wohnort zur Berufsschule, sondern auch in der Freizeit. Mit einer Förderrichtlinie wird allen Kreisen die Teilnahme am Azubi-Ticket ermöglicht. Das Land ist auf die Mitwirkung der Landkreise angewiesen, weil diese die Aufgabenträgerschaft für Bus und Bahn innehaben, während das Land hingegen die Trägerschaft für den Schienennahverkehr innehat. Das Azubi-Ticket in Thüringen kostet rund 150 Euro, davon bezahlen die Auszubildenden lediglich 50 Euro. Die Differenz übernimmt der Freistaat Thüringen, dafür stehen insgesamt 10 Millionen Euro im Landeshaushalt bereit.
(Beifall DIE LINKE)
Die gestern nun veröffentlichten Ergebnisse der Marktforschung zeigen, dass die Nutzerinnen mit dem Azubi-Ticket sehr zufrieden sind, die Verkaufszahlen sind seit der Einführung kontinuierlich gestiegen. Durch das Azubi-Ticket gibt es 6 Prozent mehr Neukundinnen und mehr als 30 Prozent der Ticketinhaber fahren nun häufiger mit Bus und Bahn und auch länger. So profitiert neben den bisher nun fast 5.000 Azubis, die das Ticket inne haben, auch der öffentliche Nahverkehr und damit auch die Umwelt in Thüringen davon. Fast alle Thüringer Landkreise und kreisfreien Städte beteiligen sich an diesem Angebot. Einzig der Landkreis Greiz nimmt nicht teil und schließt damit etwa 2.000 Auszubildende von diesen Vorzügen des Tickets aus. Eine Gruppe Jugendlicher wollte daher unter dem Slogan „Azubi-Ticket Jetzt“ ein Bürgerbegehren starten, doch das Landratsamt Greiz hat den Antrag auf ein Bürgerbegehren abgelehnt. In die Richtung von Frau Schweinsburg sei hiermit gerichtet: Auch junge Menschen haben ein Recht auf bezahlbare Mobilität, denn nur so ist es ihnen möglich, eine Ausbildung ihrer Wahl zu absolvieren und am gesellschaftlichen Leben überhaupt teilzuhaben.
(Beifall DIE LINKE)
Statt dass Sie junge Leute bestärken, sich für ihre Interessen einzusetzen, vergraulen Sie diese nur. Hier wird Politik auf dem Rücken der Schwächsten gemacht, denn die Nichtbeteiligung am Azubi-Ticket trifft schlussendlich nicht die rot-rot-grüne Landesregierung, sondern es trifft die Jugendlichen vor Ort. Ich halte das, ehrlich gesagt, für eine riesengroße Frechheit.
(Beifall DIE LINKE)
Der vorgebrachte Ablehnungsgrund, dass das Thüringer Azubi-Ticket lediglich ein bis Jahresende befristetes Pilotprojekt sei, ist schlicht und einfach nicht wahr. Für das Azubi-Ticket wird auch im geplanten Haushalt Geld eingestellt. Selbst für den Fall, dass mehr Mittel als eingestellt benötigt werden, ist Vorsorge getroffen. Die Linke steht daher solidarisch an der Seite der Gruppe junger Menschen um das Bürgerbegehren „Azubi-Ticket Jetzt!“. Denn das Azubi-Ticket ist ein Gewinn nicht nur für Greiz, sondern für den gesamten Ausbildungsstandort in Thüringen. Vielen Dank.
(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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