Kein fester Kristall: Zur Aktualität des Denkens von Karl Marx
Der 200. Geburtstag von Karl Marx ist inzwischen fast zwei Jahre her, die Beschäftigung mit seinem Werk aber geht weiter. Einen umfangreichen Einblick in die linke Rezeption gibt nun ein neuer Sammelband, der auf zwei Konferenzen fußt, die 2018 in Frankfurt am Main und Berlin abgehalten wurden. Das Buch ist dabei nicht direkt eine Dokumentation der Beiträge dieser Tagungen, Themenspektrum und Zahl der Redner*innen waren seinerzeit so groß, dass eine Dokumentation „den Rahmen eines Buches bei weitem gesprengt“ hätte, wie die Herausgeber*innen, allesamt in der RosaLuxemburg-Stiftung tätig, erwähnen. Die Sammlung nimmt aber Diskussionen der Konferenzen auf, teilweise wurden die nun publizierten Beiträge auch schon dort zur Debatte gestellt.
Die Aktualität der Theorie von Marx sei aber nicht einfach eine „Gegebenheit, sondern muss immer wieder in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen hinterfragt und kritisch plausibel gemacht werden“. Das ist sowohl eine wissenschaftliche wie politische Herausforderung, sie kann aber an der Aktualität von Marx anknüpfen – an der „Einsicht, dass nur eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse es überhaupt erlaubt, endlich einmal aus dem Horizont all jener Probleme zu treten, die die Menschheit seit Jahrhunderten beschäftigen: der Rassismus, die Ausplünderung des globalen Südens, die Zerstörung der natürlichen Grundlagen des gesellschaftlichen Lebens, die
Ausdehnung der Lohnarbeit und die Ausbeutung des menschlichen Arbeitsvermögens, die sexistische Gewalt, die Gewalt, die sich gegen Menschen wegen ihrer sozialen Lage, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Kultur, ihren politischen Positionen, ihrer körperlichen und mentalen Verfasstheit, ihres Alters richtet.“
In dem Sammelband werden die Beiträge in drei Schwerpunkten geordnet, einmal geht es um die Entwicklung des Marxschen Werks in seiner zeitlichen Abfolge und seiner Systematik, darüber hinaus geht es um Anschlüsse an die Marxsche Theorie und ihr Verhältnis zu anderen kritischen Theorien. Und schließlich steht die Analyse verschiedener Aspekte der gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaften im Vordergrund. Man sei überzeugt, so die Herausgeber*innen, „dass es zu vielen Fragen noch an marxistischen Analysen mangelt, zumal ›die jetzige Gesellschaft kein fester Kristall, sondern ein umwandlungsfähiger und beständig im Prozess der Umwandlung begriffener Organismus ist‘“.Dem Buch ist „als Werkzeug für die kommenden Generationen von Marxist*innen bei der Produktion neuen Wissens und der Entwicklung emanzipatorischer Praxis“ breite Beachtung zu wünschen. PR
Thomas Sablowski / Judith Dellheim / Alex Demirović / Katharina Pühl / Ingar Solty (Hrsg.): Auf den Schultern von Karl Marx, Verlag Westfälisches Dampfboot 2021, 552 Seiten, 40 Euro.
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