Treuhand in Thüringen – 30 Jahre Kalifusion

Lena Saniye Güngör, Andreas Schubert
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30 Jahre Kali-Fusionsvertrag, 30 Jahre Hungerstreik der Kali-Kumpel – und 30 Jahre Schließung des Bergwerks Bischofferode nach langem, entbehrungsreichem Arbeitskampf: anlässlich dieser Jahrestage ruft die Fraktion DIE LINKE noch einmal die Ereignisse des Thüringer Schicksalsjahres 1993 in Erinnerung.

Am 20. April diskutierte der Historiker Christian Rau mit den Abgeordneten Lena Saniye Güngör und Andreas Schubert über das Ende der Thüringer Kali-Industrie und den Hungerstreik von Bischofferode. Rau, der in seinem neu erschienenen Buch „Hungern für Bischofferode“ fesselnd und detailliert von der Geschichte der Kali-Fusion und dem Arbeitskampf der Bergleute erzählt, gab einen Überblick über diese spannungsgeladenen Monate. Durchaus kontrovers diskutierten im Anschluss Abgeordnete und Zuhörer:innen, etliche davon selbst Zeugen oder Akteure der Ereignisse mit dem Autor.

Am Mittwoch den 26. April, 13 Uhr, eröffnet die Fraktion DIE LINKE die Ausstellung „Schicksal Treuhand – Treuhand Schicksale“ im Erfurter Landtag. Die Ausstellung der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigt die ganz konkreten menschlichen Auswirkungenades wirtschaftlichen Kahlschlags auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, gebrochene Arbeits- und Erwerbsbiografien, allzu häufig der Verlust nicht nur ökonomischer Eigenständigkeit, sondern auch von Identität, Selbstwirksamkeit und Stolz. Die Ausstellung zeigt die Betriebe, von denen viele Nachwendezeit und Treuhand nicht überstanden, und ergänzt diese durch einfühlsame Porträts von Menschen, die selbst in diesen Betrieben gearbeitet und gelebt haben. Die Ausstellung wird bis zum 30. Mai auf den Fluren der Fraktion zu sehen sein. Zur Eröffnung sind Interessierte herzlich eingeladen, – um Anmeldung unter anmeldung@die-linke-thl.de wird gebeten.

Auch im Untersuchungsausschuss „Treuhand in Thüringen“, in dem DIE LINKE mit drei Abgeordneten vertreten ist, wird die Geschichte der ostdeutschen Kali-Industrie nach 1990 noch einmal Thema sein. Am 30. Mai wird der Ausschuss ab 9.30 in teils öffentlicher Sitzung verschiedene Zeug:innen und Sachverständige anhören. „Die bis heute umstrittene Fusion zwischen der Mitteldeutschen Kali AG (vormals Kombinat Kali) und Kali + Salz ist für uns als LINKE ein besonderer Schwerpunkt im Treuhand-Untersuchungsausschuss“, sagte Andreas Schubert, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion, und ergänzt: „In Folge der Fusion wurden die meisten ostdeutschen Gruben abgewickelt, Zehntausende von Menschen verloren Ihren Arbeitsplatz und ganze Regionen ihr wirtschaftliches Fundament. Wir wollen wissen, ob sie Opfer strukturpolitischer Hinterzimmerdeals oder gar unlauterer Machenschaften wurden und warum selbst einzelnen Werken, etwa in Bischofferode, trotz hervorragender Produkte keine Chance gegeben wurde.“

Zunächst wird der Treuhand-Untersuchungsausschuss sich aber am heutigen Dienstag mit allgemeineren Fragen zur Treuhand-Politik in Thüringen befassen. Dabei werden unter Anderen Andreas Trautvetter, ehemaliger Chef der Thüringer Staatskanzlei und Finanzminister und die Kriminologin Barbara Bischoff von den Abgeordneten befragt. Thema sind das Zusammenspiel von Landes- und Bundespolitik und der Treuhand, aber auch rechts- und sittenwidrige Vorgänge bis hin zur Wirtschaftskriminalität bei der Abwicklung der ostdeutschen Wirtschaft.