König-Preuss zu Zschäpe-Aussagen: Neue Erkenntnisse im NSU-Komplex erfordern neuen Untersuchungsausschuss zum Rechtsterrorismus in Thüringen
Das Magazin DER SPIEGEL veröffentlichte heute, dass Beate Zschäpe in mehreren Aussagen neue Informationen über den NSU-Komplex mitteilte. So soll sie u. a. ausgesagt haben, dass Uwe Mundlos eine Beziehung mit einer in der Schweiz lebenden Frau gehabt hätte. Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag, erklärt dazu: „Obwohl die Aussagen von Beate Zschäpe kritisch überprüft werden sollten, ist die Information über eine Beziehung von Mundlos zu einer ‚Erika‘ aus dem Kanton Zürich in der Schweiz äußerst spannend. Bei ihr handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Erika B. geborene P., einer führenden Aktivistin von ‚Blood & Honour‘ mit Verbindungen zu ‚Combat 18‘. Relevant ist aus Thüringer Perspektive, dass sie u.a. in den späten 2010er Jahren mit dem bereits aus dem Ballstädt-Prozess bekannten Thüringer Neonazi und ‚Turonen/Garde 20‘-Mitglied Marcus R. in der Schweiz zusammengelebt haben soll. Ebenso gibt es Verbindungen zu Thüringer ‚Combat 18‘- bzw. ‚Blood & Honour‘-Mitgliedern, wie Stanley Röske und Sven B., bei dem es sich um den Deutschlandchef von ‚Blood & Honour‘ handeln soll.“
Allein diese Informationen zeigen auf, dass es - vorausgesetzt die Informationen von Beate Zschäpe bestätigen sich - eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass das Unterstützernetzwerk des NSU größer ist als bisher angenommen. „Alle genannten Neonazis sind seit Jahrzehnten in der extrem rechten Szene aktiv, bereits zu Zeiten, als der rechtsterroristische Nationalsozialistische Untergrund mordete“, so die Abgeordnete, die zuvor auch LINKE-Obfrau in den Thüringer NSU-Untersuchungsausschüssen war.
König-Preuss erklärt weiter: „Erneut wird deutlich, dass die von uns Linken von Anfang an aufgestellte These, dass ‚Blood & Honour‘ Teil des Unterstützernetzwerks des NSU war, zutrifft. Zudem wird deutlich, dass der NSU-Komplex noch lange nicht umfassend aufgeklärt ist und die Verbindungen bis in die Gegenwart reichen.“
Neonazi-Strukturen müssen endlich als Netzwerk betrachtet werden, nicht losgelöst voneinander, fordert die Abgeordnete und verweist auf die aktuell laufenden Verfahren gegen 17 Mitglieder von ‚Combat 18‘ in mehreren Bundesländern. „Deutsche Behörden verharmlosten über Jahrzehnte die militante und bewaffnete Struktur ‚Combat 18‘. Erst nach den Veröffentlichungen der antifaschistischen Rechercheplattform ‚EXIF‘ und dem Mord an Herrn Lübcke kam es zu Druck, Verboten und schließlich zu den Verfahren. Dass dieses Verfahren nun allerdings zerstückelt wird, zeigt, dass es kaum konsequenten, staatlichen Aufklärungswillen gibt. Ähnlich wie beim letzten ‚Blood & Honour‘-Verfahren vor dem Landgericht in München besteht die Gefahr, dass auch die Verfahren gegen ‚Combat 18‘ mit Einstellungen enden und das Netzwerk einfach weitermacht.“
Abschließend erklärt König-Preuss: „Wenn die Aussagen von Beate Zschäpe stimmen, dann gehören die Verbindungen, die jetzt sichtbar werden, zu genau den Strukturen, die auch bisher als Unterstützer*innen-Netzwerk des NSU angenommen wurden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese noch deutlich größer sind als bisher bekannt - auch in Thüringen. Aufklärung hierzu werden nur Untersuchungsausschüsse liefern können. Für Thüringen bedeutet dies: Es braucht einen Untersuchungsausschuss Rechtsterrorismus in der nächsten Wahlperiode. Es müssen - sofern noch nicht geschehen - jetzt alle Akten des Bundes und der Bundesländer, die im NSU-Komplex relevant waren, gesichert werden, um eine umfassende Aufklärung des NSU-Komplexes, der sich bis ins Heute zieht, zu ermöglichen.“