Für eine soziale Wohnraumoffensive in Thüringen

Anja Müller

In Thüringen gibt es Regionen mit guter Wohnungsversorgung, aber auch zahlreiche Gebiete mit erheblichem Wohnungsmangel. Dies vor allem in der „Städtekette“. Gleichzeitig fallen immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung. Eine gute Wohnraumversorgung hängt nicht nur von der Anzahl der Wohnungen ab, sondern auch davon ob sie bezahlbar, gut ausgestattet und barrierefrei sind. Bei der Miethöhe spielen auch Spekulationsmechanismen am Wohnungsmarkt eine entscheidende Rolle. Daher gibt es hohe Mieten ggf. auch ohne tatsächlichen Wohnungsmangel.

Nicht nur in den Großstädten geraten Mieter:innen durch steigende Nebenkosten zunehmend unter Druck. In manchen Fällen bleiben sie sogar buchstäblich im Kalten sitzen, wenn Vermieter Energierechnungen nicht beglichen haben. Was es jetzt braucht, ist Entlastung statt weiterer Belastung, denn viele Mieter:innen wissen längst nicht mehr, wie sie die Kosten stemmen sollen.

Die demografische Entwicklung stellt Kommunen und Thüringerinnen und Thüringer vor neue Herausforderungen: Ältere Menschen wünschen sich bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum in ihrem vertrauten Umfeld, während junge Familien nach erschwinglichen Miet- oder Eigentumswohnungen suchen.

Das Land Thüringen steht hier in der Verantwortung. Artikel 15 der Landesverfassung macht deutlich: Der Freistaat ist verpflichtet, allen Menschen in Thüringen ausreichend und angemessenen Wohnraum zu sichern – auch im sozialen und genossenschaftlichen Bereich. Zudem garantiert Artikel 16 Schutz vor Wohnungs- und Obdachlosigkeit. Ebenso liegt die Gesetzgebungskompetenz für das soziale Wohnungswesen, abgesehen vom Wohngeldrecht, weitgehend bei den Ländern (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG). Deshalb wird die Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag ein „Thüringer Gesetz zur Stärkung des sozialen Wohnens“ ausarbeiten und dem Landtag vorlegen. Damit wollen wir sicherstellen, dass unter anderem folgende Forderungen umgesetzt werden:


Unsere Bausteine für Soziales Wohnen: 

 1.  Sozialwohnungsquote und mehr bezahlbarer Wohnraum


Eine gesetzlich verbindliche Sozialwohnungsquote für alle Kommunen soll dafür sorgen, dass ausreichend bezahlbarer Wohnraum entsteht. Mehrere Kommunen können ihre Quoten gemeinschaftlich erfüllen. Auch die von uns als Linke vorgesehene Landeswohnungsgesellschaft kann der Erfüllung des Ziels dienen. Die Quote berücksichtigt u. a. die Einwohnerzahl, den Anteil sozialleistungsbeziehender Haushalte sowie demografische Merkmale bspw. den Anteil der älteren Bevölkerung oder Familien mit Kindern. Erfasst werden sollen Neubau, Sanierung, Rekommunalisierung, Überführung in genossenschaftliche Strukturen sowie Umnutzung von Gewerbeflächen.

 2.  Kontrolle Mietpreise und Mietnebenkosten


Das Land soll stärker auf Miet- und Nebenkostenentwicklung Einfluss nehmen – bis hin zum Verbot von Energiesperren zulasten von Mieter:innen. Dazu braucht es flächendeckende kommunale Mietenprüfstellen auf gesetzlicher Grundlage bei Kommunen, um Verstöße gegen Mietpreisregelungen festzustellen und zu ahnden.

Die Linke hat einen Antrag mit Maßnahmen zum Mieterschutz für eine Bundesratsinitiativen in den Landtag eingebracht. Unser Ziel ist ein wirksamerer Mietendeckel (Drucksache anbei).

 3.  Stärkung Sozialwohnungsbau bei Bauleitplanung


Das Land soll den Sozialwohnungsbau verbindlicher gestalten. Zwar kann bisher schon im Bebauungsplan festgelegt werden, wo wie viel Bebauung mit Wohnbebauung, „die zur Förderung als Sozialwohnung geeignet ist“ stattfindet. Die „Geeignetheit“ bedeutet aber derzeit noch nicht die Pflicht für Sozialwohnungen.

 4.  Sozialbindung ausweiten, Zweckentfremdung bekämpfen


Sozialbindungen sollen auch bei privaten Eigentümer:innen für die maximal mögliche Dauer gelten. Mit Landesregelungen gegen Zweckentfremdung und Fehlbelegung kann der Bestand an bezahlbaren Miet- und Sozialwohnungen gesichert werden.

 5.  Thüringer Landeswohnungsgesellschaft (ThürLWG)


Die Landeswohnungsgesellschaft soll den landeseigenen Bestand an Miet- und Sozialwohnungen ausbauen und sichern. Dies wird mit Erwerb von Wohnungen, Neubau, Sanierung und Modernisierung von Altbestand sowie durch Umgestaltung von ungenutzten Flächen zu Wohnraum erreicht. Ein umfangreicher Wohnungsbestand in öffentlicher und genossenschaftlicher Hand hat auch eine dämpfende Wirkung auf die Mietpreise. Dabei helfen soll auch ein Vorkaufsrecht für das Land und die Kommunen, auch für Grundstücke. Ebenso soll die Landeswohnungsgesellschaft Beratungsleistungen anbieten. Sie kann als Projektträgerin bei Stadt- und Dorfentwicklungsprogrammen fungieren, die darauf abzielen, barrierefreie und bezahlbare Mietwohnungen zu schaffen und zeitgleich Familien beim Erwerb oder der Anmietung leerstehender Immobilien unterstützen. 

Organisiert sein soll die Landeswohnungsgesellschaft als gemeinnützige GmbH (gGmbH) in öffentlicher Hand mit parlamentarischer Kontrolle. Sie ist verpflichtet, Gewinne für die Gesellschaftszwecke zu reinvestieren und darf keine Dividenden ausschütten.

An ihr sollen sich kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen beteiligen können. Die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum ist eine Aufgabe der öffentlichen sozialen Daseinsvorsorge und damit auch ein gemeinnütziger Zweck. Die LWG braucht eine rechtsverbindliche Finanzierungsgarantie. Sie soll auch das Landeswohnungsbauvermögen nutzen können. 

 6.  Thüringer Landeswohnungsbauvermögen sichern und ausbauen


Das Landeswohnungsbauvermögen muss gesetzlich ausgebaut und abgesichert werden. Förderprogramme zu (sozialem) Mietwohnen müssen klar und rechtsverbindlich gestaltet sein und auch ohne Bundesmittel verlässlich funktionieren.

 7.  Mitwirkungsrechte und Unterstützungsangebote für Mieter:innen stärken


Demokratische Teilhabe heißt Mitbestimmung auch beim Wohnen. Daher sollen Mieter:innenbeiräte auf allen Ebenen (kommunal, regional, Land) gesetzlich verankert werden. Zudem braucht es flächendeckende Beratungsstellen, damit Mieter:innen ihre Rechte kennen und nutzen können.

 

Handreichung zum Download (PDF)

 

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