Verantwortung statt Vermüllung - Der Einwegkunststofffonds der Europäischen Union

Parlamentsreport

Plastiktüten im Baum, Jogurtbecher neben der Parkbank, die Bonbontüte an der Bushaltestelle - Müll aus Einwegkunststoff begegnet uns im Alltag leider überall. Auch deshalb, weil Kunststoffe wegen ihrer Eigenschaften wie Haltbarkeit, Leichtigkeit und Flexibilität vielfältig eingesetzt werden können. Gerade Produkte aus Einwegkunststoff führen allerdings zu einer massiven Vermüllung ganzer Ökosysteme, insbesondere der Ozeane, wo sie als Plastikmüll die marine Tierwelt schädigen und als Mikroplastik zersetzt in die Nahrungskette gelangen. Dabei brauchen sie teils Hunderte von Jahren, bis sie in der Natur abgebaut werden. Der Müll, der jetzt in die Umwelt gerät, ist also nicht nur unser Problem, sondern auch das kommender Generationen. Dabei ist ein Großteil der Schäden, die durch Plastikmüll entstehen, gar nicht vor unserer eigenen Haustür zu finden. Als einer der weltweit größten Exporteure von Plastikmüll belastet Deutschland die Umwelt und Gesundheit nicht nur bei uns, sondern vor allem in der 3. Welt.
Die Produktion von Kunststoffen erfordert außerdem fossile Brennstoffe und trägt zur Emission von Treibhausgasen bei, was den Klimawandel weiter verstärkt. Dabei sind Einwegkunststoffe eine besondere Ressourcenverschwendung, denn die Produkte, die daraus hergestellt werden, werden oft nur einmalig und für kurze Zeit verwendet.

Angesichts dieser Probleme haben viele Länder und Regionen in den letzten Jahren bereits Maßnahmen ergriffen, um den Einsatz von Einwegkunststoffen zu reduzieren. Dazu gehören Verbote von Plastiktüten, Einwegstrohhalmen und anderen Einwegprodukten aus Kunststoff sowie die Förderung von umweltfreundlicheren Alternativen und Recyclingprogrammen. Der Fokus dieser politischen Maßnahmen liegt darauf, die Verschmutzung zu reduzieren und eine nachhaltigere Nutzung von Ressourcen zu fördern, um die Umweltauswirkungen von Einwegkunststoffen zu minimieren. Die LINKE setzt sich deshalb auch auf europäischer Ebene seit Jahren stark für Gesetze ein, die nicht nur die Verbraucher, sondern vor allem die Hersteller von Plastikverpackungen in die Pflicht nehmen.

Zum neuen Gesetz

Dieses Ziel weiter voranzutreiben verfolgt auch das neue Einwegkunststofffonds-Gesetz (EWKFondsG) der Europäischen Union, welches der jüngste Schritt zur Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie (EWKRL) ist. Sie zielt darauf ab, die Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt zu verringern und die Vermüllung von Städten, Landschaften und Gewässern zu reduzieren. Als EU-weite Regelung nimmt sie alle Mitgliedsländer bei der Umsetzung gleichermaßen in die Pflicht. Nämlich dazu, als Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffprodukten, die Kosten für die Bewältigung der durch ihre Produkte verursachten Abfälle, z.B. in Straßen und Parks, zu tragen. Statt wie bisher die Allgemeinheit damit zu belasten, sollen die Hersteller nun eine Sonderabgabe in den Einwegkunststofffonds einzahlen.

Für wen ist das Gesetz?

Der Einwegkunststofffonds wird beim Umweltbundesamt (UBA) angesiedelt und über die digitale Plattform DIVID verwaltet. Die Plattform ermöglicht die digitale Abwicklung von Registrierungen und Einzahlungen der abgabepflichtigen Hersteller sowie die Ausschüttung der Mittel an Städte und Gemeinden. Die Einwegkunststoffkommission, ein Beratungsgremium mit Vertretern der betroffenen Wirtschaft, Anspruchsberechtigten, Entsorgungs-, Umwelt- und Verbraucherverbänden, unterstützt das UBA bei der Aufgabenwahrnehmung. Natürlich liegt es zum Teil in der Hand der Verbraucherinnen und Verbraucher, welche Produkte sie kaufen und nutzen und wie sie diese entsorgen. Einwegverpackungen gänzlich zu vermeiden ist im Alltag jedoch mit viel Aufwand und teils auch hohen finanziellen Kosten verbunden. Deshalb nimmt der Fonds jetzt die Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte, wie To-go-Lebensmittelbehältnisse, Getränkebecher, Feuchttücher, Luftballons und Tabakprodukte mit Filtern, in die Pflicht. Sie müssen sich vorab online als Hersteller beim Umweltbundesamt im Einwegkunststoffregister registrieren. Auch wenn das Gesetz bereits Mitte Mai in Kraft getreten ist, wird die konkrete Anwendung noch dauern. Ab dem 01.01.2024 gilt die Registrationspflicht. Ab dem 01.01.2025 tritt die Pflicht zur Leistung der Einwegkunststoffabgabe in Kraft. Die ersten Auszahlungen aus dem Fonds erfolgen voraussichtlich im 4. Quartal 2025 auf Grundlage der Meldungen für das Jahr 2024.
Die Höhe der Einwegkunststoffabgabe hängt dabei von der Art und Menge der von den Herstellern in Verkehr gebrachten Einwegkunststoffprodukte ab. Die Berechnung ist aktuell teilweise noch umstritten. Die genauen Abgabesätze und Auszahlungskriterien werden deshalb erst noch durch Rechtsverordnungen festgelegt. Die Zigarettenindustrie wird aber bspw. als größter Einzahler wohl etwa 161 Millionen jährliche Abgaben in den Fonds einzahlen müssen. Jährlich wird das UBA die eingezahlten Mittel anteilig an Städte, Gemeinden und andere Anspruchsberechtigte ausschütten, die entsprechende Sammlungs- oder Reinigungsmaßnahmen durchführen oder andere erstattungsfähige Leistungen erbracht haben.

Welche Folgen hat das Gesetz konkret für Thüringen?

Das Einwegkunststofffonds-Gesetz wird deutschlandweit gelten und somit auch für Thüringen. Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffprodukten mit Sitz in Thüringen oder die ihre Produkte in Thüringen auf dem Markt bereitstellen oder verkaufen, werden deshalb verpflichtet sein, sich beim UBA zu registrieren und die Einwegkunststoffabgabe zu leisten. Die aus dem Fonds ausgeschütteten Mittel können dann von Städten, Gemeinden und anderen Anspruchsberechtigten in Thüringen für erstattungsfähige Leistungen verwendet werden, die im Zusammenhang mit der Bewältigung von Einwegkunststoffabfällen stehen.

Wir stehen deshalb hinter dem Einwegkunststofffonds-Gesetz als wichtigem Schritt zur Reduzierung der Vermüllung mit Kunststoffen und zur Förderung von Umweltsauberkeit. Es ist ein Beitrag, die Umweltbelastung durch Einwegkunststoffprodukte zu verringern und die Hersteller in die Verantwortung zu nehmen. Aber auch wenn das Gesetz ein wichtiger Schritt für die Umwelt und auch für die betroffenen Städte und Kommunen ist, ist es gleichsam eine vertane Chance. Denn Nachhaltigkeit, ökologische Verantwortung und eine gerechte Verteilung von Umweltlasten bedeuten auch mehr soziale Gerechtigkeit. Verschiedene Initiativen hatten deshalb gefordert, durch das Gesetz Kommunen aufzufordern, ihre finanzielle Belastung über die Abfallgebühren an ihre Einwohnerinnen und Einwohner weiterzugeben. Auf freiwilliger Basis wird das wohl kaum geschehen. Es wird, wenn es soweit ist, also an den kommunalen Vertretern der Parteien liegen, eine soziale und gerechte Verteilung der Fondsgelder für ihre Kreise im Sinne der Wählerinnen und Wähler zu fordern.
Die wirksame Entwicklung und konsequente Durchsetzung einer umfassenden Kreislaufwirtschaftsstrategie bleiben jedoch tagespolitische Herausforderungen, über das beschlossene EWKFondsG hinaus. Auch in der Zukunft brauchen wir weitere Schritte gegen die Plastikvermüllung in Europa und der Welt. Einer könnte das neue weltweite Plastikabkommen sein, über das aktuell bereits verhandelt wird. Enthalten wären z.B. strikte Kontrollen problematischer Plastiksorten, Exportverbote für problematische Kunststoffe und Transparenz über chemische Inhaltsstoffe in Plastikprodukten. Der Müll hat dennoch so bald kein Ende, deshalb ist es an uns, ihm ein Ende zu setzen. Die EU hat bereits verschiedene Nachhaltigkeitsmaßnahmen ergriffen, um den Umweltschutz und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen in ihren Mitgliedsstaaten voranzutreiben. Die Einwegkunststoffrichtlinie (EWKRL) ist nur eine von vielen Initiativen, die darauf abzielen, die Umweltbelastung durch Kunststoffe zu reduzieren.

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