Thüringer Sinnesbehindertengeldgesetz Finanzielle Unterstützung für Sinnesbehinderte

Parlamentsreport

Zu den Hintergründen des Gesetzes

In Thüringen erhalten blinde, taubblinde und gehörlose Menschen ein Sinnesbehindertengeld. Der genaue Betrag dieser finanziellen Leistung ist geregelt im Sinnesbehindertengeldgesetz. Das Gesetz zeichnet sich durch eine lange Geschichte aus: Nach einer zeitweisen Abschaffung des Gesetzes durch die CDU-Regierung in Thüringen wurde durch den Druck und den Einsatz der Betroffenenverbände das Gesetz erneut eingeführt. Die rot-rot-grüne Koalition hat zuletzt in der vorangegangenen Legislaturperiode die festgeschriebenen Summen der Sinnesbehindertengelder angepasst.
Nunmehr stehen seit 2018 für blinde Menschen monatlich 400 Euro zur Verfügung, für gehörlose Menschen 100 Euro und für Taubblinde die Summe aus Blinden- und Gehörlosengeld, also insgesamt 500 Euro.
Diese monatlichen Beträge sind eine wesentliche Stütze für die Teilhabe von sinnesbehinderten Menschen findet Karola Stange, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und behindertenpolitische Sprecherin.
„Blinde, taubblinde oder gehörlose Menschen brauchen durch die noch immer exklusiven und beeinträchtigungsproduzierenden Strukturen unserer Gesellschaft Leistungen und Hilfsgüter, die Sie in ihrer Alltagsbewältigung und ihrer gesellschaftlichen Teilhabe unterstützen. Diesem behinderungsbedingte Mehrbedarf soll mit dem Sinnesbehindertengeld Rechnung getragen werden,“ führt Stange weiter aus.

Teilhabe am gesellschaftlichen Leben absichern

Das Problem: In dem festgeschriebenen Sinnesbehindertengeld werden seit Jahren etwaige Preissteigerungen und Marktentwicklungen nicht berücksichtigt. Gesellschaftliche Entwicklungen der letzten fünf Jahre finden sich in den aktuellen Sinnesbehindertengeldern nicht wieder. Genau diese fehlenden Entwicklungen sind es, die für blinde, taubblinde und gehörlose Menschen die vollumfängliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zur Herausforderung werden lassen. Denn wie notwendig eine Erhöhung der Sinnesbehindertengelder ist, wird nicht zuletzt aus den Kostensteigerungen für im Alltag unterstützende Hilfsgüter und benötigten Assistenzleistungen wie Gebärdendolmetscher ersichtlich. Dass ein finanzieller Mehrbedarf besteht, deutet sich auch in den vergleichbaren Blindengeldern in anderen Bundesländern an. Wie der Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen e.V. ausgerechnet hat, ist Thüringen mit einem Blindengeld in Höhe von 400 Euro weit unter den durchschnittlichen vergleichbaren Blindengeldern aus den anderen Bundesländern: Um es wieder dem Durchschnitt anzupassen, benötigt es in Thüringen 72 Euro mehr.

Erhöhte Alltagskosten

Aus einem Schreiben des Landesverbandes der Hörgeschädigten Thüringen e. V. wird das Ausmaß der Kostensteigerungen, die sich auch für gehörlose Menschen ergeben, erkennbar:  So sind die Kosten für eine Ringschleife Neckloop Phonak um 295 Euro, auf nunmehr insgesamt 825 Euro gestiegen. Und auch die Vergütung von Gebärdendolmetscher:innen habe sich deutlich erhöht.
„Der Vorsitzende des Landesverbandes, Jens Elschner, verwies weiterhin darauf, dass bereits mit der Einführung des Sinnesbehindertengeldes für Gehörlose im Jahr 2018, Betroffene klarstellten, dass der Ursprungsansatz von 100 Euro dem tatsächlichen Bedarf nicht entspricht und es ein höheres Gehörlosengeld braucht“ ergänzt Stange.
Mit lediglich sechs weiteren Bundesländern, ist es eine überschaubare Gruppe, die überhaupt ein Gehörlosegeld auszahlt. Im Vergleich mit den weiteren Bundesländern, die ein entsprechendes Geld auszahlen, zeigt sich auch, dass zum Teil deutlich höhere Summen angesetzt sind: so wird in Berlin ein Gehörlosengeld von 153,09 Euro und in Hessen 150 Euro. Für Thüringen ist also noch Luft nach oben.