Thüringen auf dem Prüfstand

Sommertour des Arbeitskreises Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft


Was machen eigentlich Abgeordnete und Mitarbeiter:innen der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag in der Sommerpause? Viele denken sicherlich, dass sie vor allem die Parlamentsferien genießen, um sich vom politischen Alltag zu erholen – ein bisschen stimmt das auch, aber nur teilweise. Viele Parlamentarier:innen verbringen einen Teil der Zeit auf Sommertour in ihren Wahlkreisen und sind zu ihren fachpolitischen Themen im ganzen Land unterwegs. Es gilt Unternehmen, Vereine und Institutionen zu besuchen und über aktuelle Herausforderungen in dieser schnelllebigen Zeit zu diskutieren, intensive Gespräche mit Beschäftigten und Betriebsräten zu führen und auch mal die touristische Infrastruktur zu testen: Thüringen auf dem Prüfstand, sozusagen.


Anfang Juli machte sich daher der Arbeitskreis Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft mit den Abgeordneten Andreas Schubert (wirtschaftspolitischer Sprecher), Knut Korschewsky (Sprecher für Tourismuspolitik), Christian Schaft (Sprecher für Wissenschaft, Hochschule und Forschung) und Philipp Weltzien (Sprecher für Netzpolitik, Digitalisierung und Datenschutz) sowie ihren wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen auf den Weg, um sich in Suhl, Ilmenau und Gera über verschiedene Themen und Sachverhalte zu informieren. Mit dem Fraktionsbus ging es am ersten Tag nach Suhl. Im Fahrzeugmuseum konnten sich die Abgeordneten die Geschichte der Simson-Werke in Suhl erklären lassen und über 260 Ausstellungsstücke aus verschiedenen historischen Epochen wie Fahrräder, Mopeds, Motorräder und Automobile bewundern. Unter anderem auch die robusten Simson-Kleinkrafträder der Vogelserie – Schwalbe, Spatz, Star, Sperber und Habicht – die inzwischen einen Kultstatus erreicht haben. Das Museum vermittelt einen guten Überblick über die technischen Leistungen und Fahrzeuge, die von Thüringen aus die Welt der Automobile bereichern. Anschließend ging es in das traditionsreiche Schießsportzentrum Suhl (SSZ), welches Olympiastützpunkt sowie Bundes- und Landesleistungszentrum für Sportschießen ist. Aber auch Laien stehen nach Anmeldung die Stände in verschiedenen Disziplinen zur Verfügung und so durften auch die Abgeordneten Bogenschießen und das Luftgewehr ausprobieren. Im Anschluss wurde die Anlage mit ihren verschiedenen Schieß- und Trainingsständen besichtigt. Anregungen zur Verbesserung der Netzwerkstrukturen im Sport mit möglichen Lösungen für Investitionen in die Zukunft der Anlage wurden von den linken Politikern aufgenommen.


Der zweite Tag führte den Arbeitskreis nach Ilmenau. Mit der Süd-Thüringen-Bahn ging es morgens mit dem Rad im Gepäck zum Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS). Professor Herr Giovanni Del Gado führte durch das neu errichtete Gebäude und stellte die Arbeit des ca. 40-köpfigen Teams vor, welches im Bereich Mobilkommunikation und Signalverarbeitung forscht. Verschiedene Anlagen wie die Forschungsplattformen „Satellite Communications – SatCom“ und „Over-The-Air Testing – OTA“ durften von den Abgeordneten besichtigt werden. Betont wurde immer wieder die enge Anbindung an die TU Ilmenau und dass die Arbeit des Teams, also die erworbenen wissenschaftlichen Erkenntnisse, in anwendungsbezogene Projekte überführt werden. Diese Projekte sind Teil öffentlicher Einrichtungen sowie der Industrie. Auf der Rückfahrt mit dem Fahrrad von Ilmenau nach Erfurt konnte sich der Arbeitskreis vom gut ausgeschilderten Gera-Radweg überzeugen. Weniger gut war dagegen die gastronomische Infrastruktur. In ländlichen Gegenden konnte trotz Ausschilderung keine Eisdiele oder gar ein kleines Restaurant gesichtet werden. Hier besteht also noch erhebliches Potenzial nach oben, um die touristische Infrastruktur zu stärken. In Gera begleitete der Arbeitskreis an Tag drei die Einführung der zwei neuen Elektrobusse bei der GVB und konnte an einer Probefahrt mit dem Umweltminister Bernhard Stengele teilnehmen, der als ehemaliger Busfahrer zwischenzeitlich selbst am Steuer saß. Anschließend ging es zum Gespräch mit Herrn André Grieser, dem Geschäftsführer der Energieversorgung Gera GmbH (EGG), und seinem Mitarbeiter Herrn Uwe Winefeld, um über regionale Energieversorgung in Kommunen und Herausforderungen durch den Fachkräftemangel zu diskutieren. Besonders schwierig wird die derzeitige Investitionsunsicherheit durch vergangene und aktuelle Bundesregierungen und ihre jeweiligen Vorhaben eingeschätzt.
Lehrreich und interessant war der abschließende Besuch im Heizkraftwerk Gera-Tinz. Eine Frage, die im Fokus stand, war, warum die Wärmeversorgung zentral und nicht dezentral organisiert ist. Schließlich ist eine Versorgung aus dezentraler Perspektive sicherer als ein zentraler Aufbau.

 

Letztlich lässt aber der aktuelle Fachkräftemangel keinen Aufbau weiterer Insellösungen zu, weshalb bei der Energieversorgung Gera an den gegebenen Strukturen der Fernwärmeversorgung vorerst festgehalten wird, die noch ein gewisses Erweiterungspotenzial haben. Die Sommertour wurde mit einem Eis in der Geraer Innenstadt beendet und wird sicherlich im nächsten Jahr eine Fortsetzung erfahren, denn nicht nur das grüne Herz Deutschlands muss immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden, sondern auch die Abgeordneten brauchen einen beständigen Abgleich mit der Praxis für ihre erfolgreiche politische Arbeit im Landtag.