Politik in Zahlen gegossen: Die heiße Phase des Haushalts 2022 beginnt

Ronald Hande
ParlamentsreportRonald Hande

Ein Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Und so unterschiedlich wie vielschichtig sind die Erwartungen an dieses Zahlenwerk und müssen am Ende unter einen Hut gebracht werden. Allerdings war das Aufstellungsverfahren zum Landeshaushalt noch nie so schwierig und komplex wie jetzt. Auch im Jahr 2021 sind die Haushaltsverhandlungen für das Folgejahr das Kernthema bzw. der Höhepunkt des parlamentarischen Arbeitens. Neben der Bewältigung der Corona-Pandemie, landesweiten Protesten und vielen anderen Themen muss ein Landeshaushalt aufgestellt werden, um die Handlungsfähigkeit vieler Akteure zu sichern. Viele Interessensgruppen möchten und brauchen natürlich auch von den rund 12 Milliarden Euro ihren Anteil. Keine leichte Aufgabe, vor allem im Hinblick auf die gegebenen Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag. Die meisten Vorhaben und Projekte unterschiedlichster Art brauchen finanzielle Mittel. Das macht die Haushaltverhandlungen nicht nur sehr wichtig, sondern existenziell für viele Vorhaben im Land.

Der Haushalt stellt damit nicht nur eine Schnittstelle zwischen Ministerien und Abgeordneten dar, sondern auch zwischen zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen, Unternehmen, Verbänden, anderen Ländern oder dem Bund und vielen weiteren Akteuren gegenüber dem Land Thüringen, denn Geld regiert für gewöhnlich die kapitalistische Welt. Auch wenn wir LINKE es uns manchmal anders wünschen würden, müssen wir dennoch unseren Haushalt konsolidieren, um soziale Gerechtigkeit in Thüringen stärken zu können. Der Haushalt ist eine Grundlage für parlamentarische Arbeit. Auch Herzensangelegenheiten müssen finanziert werden.

Die Haushaltsverhandlungen werden, wie auch das ganze Land, von der pandemischen Lage überschattet. Um die Folgen der Corona-Pandemie entgegen zu wirken, wurde der Corona-Hilfsfonds und damit ein Sondervermögen eingerichtet. Das Sondervermögen wurde zum 17. Dezember 2021 für das Jahr 2022 verlängert. Mit diesem Vermögen werden Gelder für verschiedenste Maßnahmen der Pandemiebekämpfung, aber auch der Folgenabfederung finanziert. Für die Schulen werden umfangreiche Covid-19 Schnelltests beschafft, um flächendeckend die Teststrukturen aufrecht zu erhalten. Des Weiteren werden mehrere Millionen für den Ausbau von Krankenhäusern und die weitere Versorgung von Intensivbetten bereitgestellt. Neben der Unterstützung und Förderung der medizinischen Notwendigkeiten der Pandemiebekämpfung wird auch Geld zur Förderung der Familien und der Schulen mobilisiert. Der Wirtschaftsplan sieht zahlreiche Punkte vor. So auch unter anderem Mittel für den Breitbandausbau und zur Bereitstellung von mobilen Endgeräten sowie Kompensationsleistungen an Eltern für ausgefallene Zeiten der Kindertageseinrichtungen. Neben den sozialen und medizinischen Folgen werden auch die wirtschaftlichen Aspekte nicht außer Acht gelassen. So kommt aus dem Sondervermögen auch die Förderung der Tourismuswirtschaft und der Veranstaltungswirtschaft. Die Leistungen für Einnahmeausfälle für Gastronomie und andere Wirtschaftszweige werden deswegen allerdings nicht gekürzt oder gar gestrichen. Wir werden mit dem neuen Landeshaushalt 2022 auch 82 Millionen Euro Steuermehreinnahmen in das Sondervermögen einstellen. Die Regierung braucht Planungssicherheit und die entsprechenden Mittel um auch künftig schnell auf die Pandemie reagieren zu können.


12 Milliarden Euro sind keine Kleinigkeit, 9 Milliarden Euro stammen allein aus den Steuereinnahmen des Landes. Eine gute Nachricht hierbei ist, dass der Haushalt ohne neue Kredite, also ohne Neuverschuldung, gestemmt werden kann. Die Nachricht wird noch besser, wenn man hört, dass gleichzeitig 170 Millionen Euro Schulden getilgt werden können. Allein die Steuereinnahmen sind so groß wie der gesamte Haushalt aus 2014. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Thüringer unerschrocken auf dem Arbeitsmarkt agieren und das Land trotz der pandemischen Belastung wirtschaftlich stark ist.


Die Verteilung der Zwölf mit den vielen Nullen zeigt sehr deutlich, wie viele Bereiche der Haushalt abdecken muss. Das merkt man an mehreren erfreulichen Beispielen. 400 Millionen Euro mehr als im Vorjahr allein für die Kommunen, 80 Millionen davon für Gemeindeaufgaben. Wir alle brauchen mehr Polizist:innen. Mit diesem Haushalt, wurde der Stellenaufwuchs auf 300 Anwärter:innen pro Jahr in Thüringen für die kommenden fünf Jahre festgeschrieben. Das dient der Planbarkeit und Kontinuität, und natürlich ganz dringend dem Nachwuchs an Polizist:innen. Die Anmeldung von Planstellen allein ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Nur wenn der Haushalt sie vorsieht, können sie auch bezahlt werden. Ebenso erfreulich ist es, dass die Feuerwehrschule drei weitere Planstellen besetzen kann. Da der Haushalt alle Bereiche des öffentlichen Lebens abdecken muss, macht er auch vor Umweltschutz keinen Halt. Zum Beispiel werden 3 Millionen für die Beseitigung von Waldschäden durch Borkenkäfer oder Sturm bereitgestellt. Die Investitionsquote von 15 Prozent zieht sich durch den gesamten Haushalt. Beispielsweise 100 Millionen wurden schon für den Krankenhausausbau in den Folgejahren eingestellt.


Auch wenn der Haushaltsentwurf bereits viele gute Zielsetzungen aufweist, so kommt man nicht umhin zu erwähnen, dass es auch noch Schwierigkeiten gibt. Der Breitbandausbau wird zwar vorangetrieben, aber es könnte auch etwas schneller gehen. Für die Bürgerenergiewende, könnte mehr bereitgestellt sein, denn die 4 Millionen im Fördertopf „Solarinvest“ waren schnell erschöpft und wurden letztes Jahr nicht nachgeschossen.


In einigen Punkten des Haushaltsentwurfes haben die Koalitionsfraktionen auch schon mit dem Rotstift nachjustiert. Für das Jahr 2022 war an manchen Stellen eine Reduktion im Bereich Tierschutz vorgesehen. Das wurde von den Koalitionspartnern wieder rückgängig gemacht. 130.000 Euro mehr wurden zur Förderung der Tierheime eingestellt, damit auch dort nicht nur Samtpfoten ein Zuhause haben können. Die beitragsfreien Kindergartenjahre gibt es auch im neuen Haushaltsjahr weiterhin und sie werden vermutlich auch von den Haushälter:innen mit Klauen und Zähnen verteidigt.


Deswegen ist Haushalt spannend. Und mehr geht bekanntlich fast immer. Doch manchmal muss ich leider auch  selbst den Rotstift ansetzen und der „böse Sparfuchs“ sein. Doch im großen Ganzen freue ich mich, wenn ich die LINKEN Projekte meiner Fraktionskolleg:innen mit finanziellen Mitteln untersetzen kann. Dafür streite ich täglich im Landtag. Geld geht jeden etwas an, solange wir es noch nicht abgeschafft haben. Die fehlende rot-rot-grüne Mehrheit im Parlament erschwert die Erstellung des Haushaltes. Da der Haushalt wie jedes Gesetz eine Mehrheit im Landtag benötigt, müssen die Parlamentarier der Koalition harte Verhandlungen führen und um Zustimmung bei anderen demokratischen Fraktionen und parlamentarischen Gruppen kämpfen, ohne ihre eigenen Ziele außer Acht zu lassen. Sollte es nicht zu einer Einigung über den Haushalt kommen, geht es in die sogenannte „vorläufige Haushaltsführung“. Das bedeutet, dass alle Gelder die nicht an Gesetze oder Verträge gebunden sind, eingefroren werden und in die Rücklage wandern. Dadurch könnte eine ganze Menge an Unterstützungsleistungen nicht ausgezahlt werden. Dies wäre ein Zustand, den kein verantwortlicher Politiker und keine Politikerin wollen kann.


Die heiße Phase des Haushalts 2022 hat begonnen, Diskussionen werden geführt und Kompromisse gefunden. Die Verhandlungen mit CDU und FDP laufen, um am Ende mit der Zustimmung aller demokratischen Fraktionen den Haushalt zu beschließen. Ich bin optimistisch, dass wir auch diese schwierige Situation bewältigen werden.

Ronald Hande,
haushaltspolitischer Sprecher

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