Parlamentsreport 9-2023

Parlamentsreport

Eine weitere Skandalisierung

Der Landtag hat nun einen weiteren Untersuchungsausschuss auf den Weg gebracht. Untersucht werden soll die in den vergangenen Jahren praktizierte Ernennung von Staatssekretären und Einstellung von Büroleitern und persönlichen Referenten von Ministern und Staatssekretären und Pressesprechern in den Ministerien. Der Vorwurf steht nach einem Bericht des Landesrechnungshofes im Raum, die Landesregierung hätte weniger nach Fachkompetenz, vielmehr nach Parteizugehörigkeit entschieden. Ein Vorwurf der öffentlich schnell verfängt, da er Vorurteile über den politischen Betrieb nur allzu bereitwillig bedient. Umso wichtiger ist die Schaffung von Transparenz. Und zur Transparenz gehört, dass der Rechnungshof geprüft hat, ob bei der Besetzung der Stellen, für die gesetzlich keine Stellenausschreibung vorgeschrieben sind, Stellenausschreibungen stattfanden. Dies war zwangsläufig nicht der Fall. Und der Grund für die seit Jahren in Thüringen unveränderte und auch bundesweit überall geltenden rechtliche Regelung ist das in diesen Stellen erforderliche besondere persönliche und politische Vertrauensverhältnis.

Bei Staatssekretären kommt zudem hinzu, dass sie sowohl in der Wahrnehmung als auch in ihrer Verantwortung die Landesregierung repräsentieren, die sich nach Wahlen und den dabei zustande gekommenen politischen Mehrheitsverhältnissen bilden. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass dies bei Staatssekretären und engen persönlichen Mitarbeiter auch unverändert in Thüringen seit 1990 bei Einstellungen berücksichtigt wurde. Wer heute diese rechtlichen und politischen Grundlagen bei Regierungsbildungen missachtet und um der schnellen Zustimmung wegen von „Vetternwirtschaft“ redet, manifestiert das Misstrauen in politische und demokratische Institutionen. Insofern ist Transparenz nötiger denn je, aber allumfassend, aufklärerisch und erklärend. In diesem Sinne kann der Untersuchungsausschuss ein Instrument sein, Vertrauen in die Demokratie zu stärken. Sollte sich dort aber fortsetzen, was die letzten Wochen bereits an unsachlicher Skandalisierung erlebbar war, dann wird dieser Untersuchungsausschuss einzahlen auf das Konto derer, die vom Misstrauen in die Demokratie den größten Nutzen ziehen, nämlich diejenigen, die sie am liebsten überwinden wollen.
Steffen Dittes, Fraktionsvorsitzender

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