Parlamentsreport 2024-10
Schulen und Kindergärten, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, Polizei und Feuerwehr, Straßen und Radwege, Sozialeinrichtungen und Jugendhilfe - das ist nur ein Bruchteil der Aufgabenbereiche, die der Staat, die Länder oder die Kommunen sicherstellen müssen, weil sie für das Funktionieren einer Gesellschaft notwendig sind.
Kennzeichnend für diese Aufgabenbereiche ist, dass sie nicht von privaten Anbietern übernommen werden und dort, wo private Unternehmen tätig werden, nur im Auftrag und zulasten des Staates. Zu den Gemeinsamkeiten der Aufgaben gehört dann auch, dass sie Geld kosten, viel Geld, sehr viel Geld sogar, wenn Bildungs- und Gesundheitsstrukturen, Mobilität sowie öffentliche und soziale Sicherheit so organisiert und ausgestaltet werden, dass sie allen Menschen zur Verfügung stehen, insbesondere denjenigen, die sich die Grundleistungen des Lebens nicht am Markt durch Einkommen und Vermögen erkaufen können. Geht es nach FDP und CDU in Bund und Land, sollen die öffentlichen Haushalte jedoch in erheblichem Umfang Ausgaben einsparen. Die Folge sind Kürzungen öffentlicher Leistungen, die am Ende vor allem den Menschen fehlen, die auf die Leistungen des Staates und der von ihm getragenen Strukturen angewiesen sind. Dass diesem unsolidarischen und unsozialen Konzept ein politisches Ziel zugrunde liegt, offenbaren seine Verfechter selbst. „Man kann nur ausgeben, was man einnimmt“ ist einerseits eine ökonomische Verkürzung im Hinblick auf eine auf Mehrjährigkeit angelegte volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, andererseits aber auch ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Frage der Finanzierung von Aufgaben im notwendigen Umfang nicht nur eine Debatte über die Ausgaben, sondern zwingend auch über die Einnahmen nach sich ziehen muss. Eine Einnahmediskussion würde allerdings voraussetzen, dass die ungerechte Reichtum und Vermögen besonders schützende Steuerpolitik endlich abgelöst und durch eine Steuerreform ersetzt wird, die die Lasten des Faktors Arbeit und die Lasten des Faktors Kapital gleichmäßig verteilt.
Doch weit gefehlt: Arbeit wird viel stärker besteuert als leistungsloses Vermögen oder Erbschaften. Wer viel hat, nutzt Steuerschlupflöcher in unvorstellbarem Ausmaß. In Thüringen verkaufen CDU und FDP die Entlastung der öffentlichen Haushalte bei der Grunderwerbssteuer von 32.500 Euro für ein Einfamilienhaus im Wert von einer halben Million Euro als soziale Familienförderung. Nein, wer will, dass Schulen und Kindergärten gute Bildung für alle bieten, dass Busse und Bahnen regelmäßig und flächendeckend Mobilität garantieren, dass medizinische Behandlung und Pflege bedarfsgerecht zur Verfügung stehen, der muss dafür sorgen, dass der Staat mit seinen Einnahmen diese Aufgaben finanzieren und absichern kann. Eine gerechte Steuerpolitik, die kleine und mittlere Einkommen entlastet und Reichtum, Vermögen, Spekulationsgewinne und Erbschaften stärker in die Verantwortung nimmt, ist längst überfällig.
Steffen Dittes, Fraktionsvorsitzender