Nr. 23/2010: Damit Thüringer Grundschulhorte nicht zu Verwahranstalten werden


Thüringer Landtag debattierte auf Antrag der LINKEN Ursachen des Personalmangels


Dass die Thüringer Landesregierung „seit Monaten beharrlich den immer wieder bestehenden Personalmangel an Horterzieherinnen an Grundschulen ignoriert“, wie die Landtagsabgeordnete Michaele Sojka sagte, war der Linksfraktion Anlass, eine Aktuelle Stunde für die letzte Landtagssitzung zu beantragen.

Wie richtig dies war, machten auch die Rednerinnen und Redner der anderen vier Fraktionen deutlich. So konnte Marian Koppe (FDP), dessen Frau Leiterin eines Hortes ist, aus erster Hand die Probleme bestätigen, die sich aus der teilweisen Kommunalisierung der Grundschulhorte seit 2004 in Thüringen ergeben haben. Hier sind die Erzieherinnen mit 20 Wochenstunden angestellt, sodass sie sich oft nach Alternativen umsehen, z.B. nach einer Vollzeitstelle in einer Kita.

Michaele Sojka verwies auf ein Schreiben (v. 29. Oktober) der Elternvertreter der Grundschulen des Landkreises Altenburger Land an die Landtagsabgeordneten, in dem sie auf die Personalnot an den Grundschulhorten und deren fatale Konsequenzen für die Bildung und Betreuung der Grundschüler hinwiesen. „Unsere Horte haben mittlerweile die Qualität reiner Verwahranstalten!“, hieß es da. Die Bildungspolitikerin der LINKEN betonte, dass aufgrund der sehr knapp bemessenen Personalzuweisungen für die Horte die Schulen nicht in der Lage sind, krankheitsbedingte Personalausfälle auch nur annähernd zu kompensieren. So betreute am Hort der Grundschule Karolinum in Altenburg am 28. September eine einzige Horterzieherin 81 Grundschüler in drei Räumen. In der zweiten Herbstferienwoche stand an der staatlichen Grundschule in Gößnitz eine Erzieherin für 36 Kinder zur Verfügung. Weitere Beispiele sind dem Brief der Elternvertretung zu entnehmen.

Mehr als 100 Stellen sind an den Thüringer Grundschulhorten nicht besetzt, rechnete Michaele Sojka der Landesregierung vor. Geeignete Bewerberinnen auf diese Stellen konnten nicht gefunden werden, weil der Beruf der Horterzieherin in Thüringen äußerst unattraktiv ist für Frauen mit entsprechender Ausbildung zur Erzieherin.
Die Landesregierung habe es zu verantworten, dass die Stellen nur als Teilzeitstellen besetzt und ausgeschrieben sind und neue Stellen nur mit der Vergütungsgruppe E6 entlohnt werden. „Damit ist die Erwerbsmöglichkeit einer Horterzieherin völlig inakzeptabel und häufig auch unterhalb des Existenzminimums.“

Michaele Sojka: Thüringer Spezialität erhalten!

Jedoch sei im Koalitionsvertrag von CDU und SPD gute Bildung versprochen worden. Dafür müssten aber auch die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden – mit Neueinstellungen an den Grundschulhorten zu mehr als 50 Prozent Arbeitszeit, sodass im Sinne der Einheit von Grundschule und Hort sowie der angestrebten Ganztagsschule rhythmisierte Angebote von morgens bis abends gewährleistet werden können. Die Thüringer Spezialität, die es so bundesweit nirgendwo (mehr) gibt, nämlich der Einheit von Grundschule und Hort, müsse in guter Qualität erhalten und weiterentwickelt werden.
Bildungsminister Christoph Matschie räumte zwar Engpässe ein, wies aber die Vorwürfe vehement zurück und sprach von einem Erfolgsmodell der Kommunalisierung der Horte, von dem bisher 21 von 34 Schulträgern in Thüringen Gebrauch gemacht haben. Die geschilderten Probleme dürften „nicht generalisiert und dramatisiert“ werden. Mit dem vorhandenen Erzieherpersonal werde nach seiner Auffassung „eine sichere Betreuung in guter Qualität abgedeckt“.
Daraufhin ging Michaele Sojka noch mal ans Rednerpult. Dabei erinnerte sie auch an die Horterzieherinnen in der DDR, die eine Lehrbefähigung hatten und entsprechende didaktische und methodische Kenntnisse. Allerdings sei es bezeichnend, dass der Minister nur noch von Hortbetreuung gesprochen habe.


A. Rudolph

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