Nr. 22/2010: Jubelmeldungen mit gigantischem Zuwachs von Billiglöhnen erkauft

Parlamentsreport

Arbeitsagentur gab jetzt niedrigsten Stand der Arbeitslosigkeit in Thüringen bekannt

Die Oktober-Statistik der Arbeitslosigkeit in Thüringen war vor allem von der verantwortlichen Politik bejubelt worden. Die Bundesagentur für Arbeit meldete den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Mitte Oktober seien landesweit 98.700 Menschen offiziell arbeitslos gewesen, womit erstmals die Marke von 100.000 Arbeitslosen in Thüringen unterschritten worden sei. Insgesamt gab es 3.600 Arbeitslose weniger als im September und 21.700 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sei innerhalb eines Monats um 0,3 Punkte auf 8,3 Prozent gesunken nachdem sie vor einem Jahr bei 10,1 Prozent gelegen habe.
Angesichts dieser vermeintlichen Jubelmeldungen erklärte Ina Leukefeld, Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik der Landtagsfraktion der LINKEN: „Auch wenn man uns glauben machen will, wir seien auf einer Schnellstraße zur Vollbeschäftigung, sollten wir einen wachen Blick für die tatsächliche Situation behalten. Neben all den Tricks zum Schönen der Arbeitslosenstatistik haben wir inzwischen schon amerikanische Verhältnisse – auch in Thüringen. Viele Menschen kommen nur mit zwei, drei Nebenjobs überhaupt über die Runden.“
Von einer wirklichen Trendwende sei Thüringen weit entfernt. „Mehr als 60.000 Thüringer sind erwerbstätig und müssen dennoch mit Hartz IV ihren spärlichen Lohn aufstocken. Viele Arbeitnehmer, darunter vor allem Frauen, sind froh, wenn sie überhaupt stundenweise einer Arbeit nachgehen können. Der derzeitige Wirtschaftsaufschwung muss genutzt werden, um anspruchsvolle Arbeitsplätze zu schaffen, die vernünftig entlohnt werden und unbefristet sind“, forderte die Arbeitsmarktexpertin der LINKEN.
Um Dumpinglöhne zu verhindern und das Lohngefüge nicht weiter nach unten abrutschen zu lassen, müsse endlich ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden. Darüber hinaus gehöre eine tarifgerechte Entlohnung ebenfalls zu den Standards der Vollbeschäftigung. „Wer bei Niedriglöhnen europäischer Exportweltmeister ist, lebt auf Kosten der anderen EU-Länder und braucht sich nicht zu wundern, dass die Stabilität in Europa gefährdet ist. Politik muss handeln, statt auf der Schnellstraße, benebelt von scheinbaren Erfolgen, in den nächsten Crash zu steuern.“

Gegen Fachkräftemangel

Inzwischen wird auch schon u.a. vom DIW gefordert, dass die Wochenarbeitszeit auf 45 Stunden verlängert werden müsse. „Bereits heute arbeiten Thüringer mehr als 40 Stunden in der Woche und bekommen dafür ein Drittel weniger Lohn als ihre Kollegen in anderen Bundesländern. Durch Erhöhung der Wochenarbeitszeit werden wir das Problem des drohenden Fachkräftemangels nicht beheben“, protestierte die Abgeordnete der LINKEN. Es müsse vielmehr etwas dafür getan werden, dass junge Menschen echte berufliche Perspektiven durch gute Berufsausbildung erhalten.
„Es kann doch nicht wahr sein, dass der Ruf nach Fachkräften immer lauter wird, es aber andererseits bundesweit 1,5 Millionen junge Menschen ohne Berufsausbildung gibt. Hier muss angesetzt werden, wenn man junge Menschen im Land halten und vermeiden will, dass eine ganze Generation abdriftet, weil Praktika, Berufsvorbereitungsmaßnahmen und Einstiegsqualifizierung keine Alternative zu einer anerkannten beruflichen Ausbildung sind.“
Ina Leukefeld verwies darauf, dass ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn, gute Arbeits- und Lebensbedingungen, flexible familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung Kriterien dafür sind, dass junge Menschen gern in Thüringen arbeiten und leben. Auf die Schaffung solcher weichen Standortfaktoren sollte die Thüringer Landesregierung sich fokussieren anstatt „mit den Wölfen zu heulen“ und längere Wochenarbeitszeiten einzufordern. DIE LINKE werde einen entsprechenden Landtags-Antrag stellen.

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