Nr. 21/2010: „Die vorgelegten Zahlen sind planlos, kraftlos und mutlos“

Parlamentsreport

Wer hätte das gedacht, dass ich an einem 7. Oktober einmal vor schwarz-rot-goldenen Krawatten sprechen darf.

(Zwischenruf Mike Mohring, CDU: Ohne Hammer, Sichel und Ährenkranz, das ist entscheidend.)

Sie sehen, Herr Mohring, als Westdeutscher weiß ich, was der 7. Oktober war oder bedeutet. Heute gibt es keine besondere Auszeichnungsveranstaltung, sondern heute gilt es, nackte, nüchterne Zahlen zu analysieren. Und wenn es richtig ist, dass das Haushaltsrecht das Königsrecht des Parlaments ist, und wenn es richtig ist, dass ein Haushalt der in Zahlen gegossene Regierungsentwurf sein soll, dann stelle ich fest, hier rumpelt zusammen, was nicht zusammengehört, und das lässt sich in den Zahlen wiederfinden. (…)

Dieser Haushalt ist einfach nur die Aneinanderreihung von Luftbuchungen, Taschenspielertricks. Nach dem Rumgemurkse im Sommer wundert mich das Ergebnis nicht, denn die regierungstragenden Fraktionen haben völlig unterschiedliche Ansichten über das, was hier zu geschehen hat. Das ist doch durch den Koalitionsvertrag nicht geheilt. Man hat das Gefühl, dass wechselseitig in beiden Fraktionen die Arbeit der Opposition schon mit übernommen worden ist, wenn es hier um Haushaltsdebatten geht. (…)

Der Generalsekretär der CDU,  Dr. Vogt, sprach in einer Veranstaltung in Gera, dass die Roten nur rote Zahlen produzieren, aber die Schwarzen schwarze Zahlen. Fand ich einen interessanten Vorgang. Denn wenn ich mir vorstelle, dass wir 16,6 Mrd. Euro - so schreibt es der Landesrechnungshof - subsumierte Verschuldung haben, dann frage ich mich, welche Roten diese Schulden eigentlich gemacht haben.

(Uwe Höhn, SPD: Das frage ich mich auch.)

Da frage ich mich, welche seltsame Sicht eigentlich da existiert. Da muss es eine sehr krumme Betrachtung geben, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass man nach 20 Jahren Zuständigkeit der CDU im Finanzministerium jetzt die Schuld bei den Roten sucht. Deswegen, meine Damen und Herren, habe ich mir die rote Krawatte angezogen, wegen der Kennzeichnungspflicht des heutigen Tages, dass erkennbar ist, Rote würden mit Geld so nicht umgehen. Geld sinnlos in Spaßbäder, in Güterverkehrszentren, in andere Dinge auszugeben, die immer nur einem gedient haben, bei Wahlkämpfen das schöne Band der Sympathie durchzuschneiden und die Zukunft zu verkünden, die gut gemacht ist, wenn es die CDU gemacht hat. Wenn über Thüringen die Sonne lacht, das hat die CDU gemacht, so kommt mir das vor.

(…) Sie tragen auch die Verantwortung für die systematische Verarmung eines Bundeslandes und die viel größere Verarmung der Kommunen, von denen viele im Moment gar nicht wissen, wie sie ihre Haushalte aufstellen sollen. Und wenn ich das Beispiel der Stadt Suhl oder Eisenach nehme, sage ich, wer hat es gemacht - CDU. Dass diese einzeln stehenden Situationen so ausgelöst worden sind und dass dort kein Entschuldungspfad im Rahmen einer veränderten Landespolitik auf den Weg gebracht worden ist - Entschuldigung - ist Ihr Verdienst - 20 Jahre CDU. Wer hat 220 Abwasserzweckverbände auf den Weg gebracht und das auch noch als Freiheit der Bürger verkauft? Wer hat es erfunden - CDU.

(…) Ich kann mich an keine Initiative der Landesregierung Thüringens erinnern in der Föderalismuskommission, die Steuereinnahmenseite zu verbessern oder sich gar daran zu beteiligen, dass Steuern wieder deutlicher erhoben werden müssten, damit das, was wir als Gerechtigkeitslücke in Deutschland empfinden, endlich wieder durch gerechtere Steuern kompensiert wird, damit öffentliche Haushalte auch wieder zahlungsfähig sind, wozu sie da sind, nämlich für Daseinsvorsorge und Daseinsfürsorge.

(…) DIE LINKE hat das Geldausgeben nicht als Selbstzweck thematisiert, sondern wir haben immer gesagt, das Geld muss sinnvoll eingesetzt sein und wir erwarten Sparvorschläge, die man nachvollziehen kann und deswegen sage ich, diese vorgelegten Zahlen sind planlos, kraftlos und mutlos.

(…) Ich kann bei kann bei der Landesregierung keinen Plan zum Verwaltungsumbau erkennen. Ich erkenne eine CDU, die immer sagt, Gemeindegebietsreform ist tabu, ich erkenne die absoluten Hohenpriester der Kleinteiligkeit, man kann auch sagen der Kleinstaaterei, aber wenn es darum geht, wohin wir dieses Land umbauen sollen, höre ich gar nichts. Ich glaube, dieses Land ist überschaubar genug, hat genügend Potenzen, um aus eigener Kraft sich zu modernisieren.

(…)Ich habe nicht verstanden beim Kitagesetz, warum Christoph Matschie damals nicht dafür gekämpft hat, dass die Kitagelder direkt in seinen Haushalt eingestellt werden, warum seine eigene Fraktion nicht mit uns abstimmt hat, denn dann wären die Gelder, die dort an die Kommunen weiterzugeben sind, auch tatsächlich zweckgebunden weiterzugeben und würden jetzt nicht im großen schwarzen Loch des Kommunalen Finanzausgleichs untergehen und hinterher war es keiner gewesen. Die Elternbeiträge in einigen Regionen steigen und ich befürchte, wenn weiter einzelne Haushalte nicht beschlossen werden, dann werden wir in diese Situation kommen, dass wir die ganze Schuld nach unten verlagern und die Kommunalabgeordneten dann gebrandmarkt werden.

 (..) Wir müssen die Kommunen fit machen. Das heißt, wir müssen ihnen einen Plan geben, in welchen Regionen sie sich entwickeln können. Zweistufigkeit in der Verwaltung würde völlig ausreichen, wir brauchen kein Landesverwaltungsamt. Acht Regionalkreise würden völlig ausreichen. Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, eigenständiges Wirtschaften wieder vornehmen zu können.

(…) Ich habe gehört, die SPD sei Motor dieser Regierung. Ich nehme nur irgendwelche Explosionen ständig wahr in dieser Regierung. Im Sommer nahm ich wahr, dass ein Haushalt nicht auf den Weg kam, dass ein Fraktionsvorsitzender Mohring der Meinung war, das mit dem Haushalt geht alles so gar nicht. Das öffentliche Gehacke führte dazu, dass dann zwangsweise zusammen gewandert wurde, das sollte die Stimmung verbessern.

(Heike Taubert, Ministerin: Wir waren doch freiwillig unterwegs, Herr Ramelow.)

Klar - das Problem ist nur, dass wir anschließend als Parlament daran gehindert wurden, unsere Arbeit zu machen, weil ihr als Wanderer unterwegs wart. Eine Landesregierung, die wandern gehen muss, aber keinen Haushalt einbringt, der für die Kommunen Sicherheit bringt, keinen Haushalt einbringt, der für die Beamten Sicherheit bringt, keinen Haushalt einbringt, der Zukunftssicherheit zeigt, der in den Kernthemen und Potenzialen, wie Kulturwirtschaft und Bildung, kein Signal setzt, wo es eigentlich hingehen soll - eine solche Landesregierung sollte nicht wandern gehen, sie sollte einfach stiften gehen.

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