Gute Wirtschaftspolitik ist gute Klimapolitik - Ein Kommentar

Andreas Schubert
Parlamentsreport

Deutschland geht den Prozess der sozial-ökologischen Transformation insgesamt viel zu zögerlich an. Andere Länder in Europa, wie Skandinavien, haben bereits vor 10 Jahren mit massiven öffentlichen Investitionen diesen Prozess angeschoben und sind uns deshalb weit voraus. Was meinen wir überhaupt, wenn wir über die sozial-ökologische Transformation in der Wirtschaft reden? Ein Wesensmerkmal ist die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit in der Wirtschaft, die untrennbar mit der Dekarbonisierung von Wertschöpfungsketten verbunden ist.


Die mit dem Krieg in der Ukraine entstandenen Preissprünge bei fossilen Energieträgern und vor allem die wachsenden Unsicherheiten bei der zuverlässigen Verfügbarkeit fossiler Energieträger wie Pipeline-Gas haben einen Katalysatoreffekt: Die Erkenntnis, dass eine konsequente und schnellstmögliche Umstellung der Produktion auf erneuerbare Energien die beste Zukunftssicherung für Unternehmen ist, hat rasant um sich gegriffen.
Die Südthüringer Glasindustrie ist dafür ein prominentes Beispiel. Ministerpräsident Bodo Ramelow hat sich stark für eine nachhaltige Lösung engagiert. Aber auch andere Industriezweige, ja ganze Gewerbegebiete wie die Initiative der Unternehmen am Erfurter Kreuz, suchen konkrete Lösungen zur Dekarbonisierung ihrer Produktionen. Neue Investitionen am Wirtschaftsstandort Thüringen werden in wachsendem Maße von der Verfügbarkeit regenerativer Energien abhängen. Denn dies bedeutet nicht nur Energie-kostensicherheit, sondern ist auch die Grundlage für die erfolgreiche Vermarktung der Produkte. Wichtige landespolitische Aufgabe in diesem beschleunigten Transformationsprozess ist eine klare Rahmensetzung durch die Lösung von infrastrukturellen Aufgaben, die einzelne Unternehmen nicht lösen können. Hier geht es sowohl um den Ausbau der regenerativen Strom-Erzeugungskapazitäten inklusive Speicherlösungen, der Stromverteilungsnetze einschließlich Ladeinfrastruktur sowie der Anschluss an neue überregionale Versorgungssysteme, wie zum Beispiel ein Wasserstoff-Pipeline-Netz. Dass bundespolitisch die gesetzgeberischen Rahmenbedingungen weiter verbessert werden müssen (Erneuerbare-Energien-Gesetz) soll nicht unerwähnt bleiben.
Daneben ist eine aktive Begleitung der Umstrukturierung in den Unternehmen zu gewährleisten, damit möglichst wenig Arbeitsplatz- und Wertschöpfungsverluste in diesem Prozess auftreten. Die Schließung von Triptis-Porzellan sollte die Ausnahme bleiben. Es gilt den Unternehmen die notwendige Zeit zu erkaufen, auch mit Zuschüssen, um die Umstellung bewältigen zu können.Diese Herausforderungen können auf Landesebene nur mit einer substanziellen Erhöhung der Investitionsmittel, auch der Fördermittel, Kreditmittel usw. für Unternehmen gemeistert werden. Eine Forderung, die auch von den Gewerkschaften und führenden Ökonomen im Land seit geraumer Zeit an die Politik herangetragen wird. Dafür eignen sich jedoch die jährlichen Landeshaushalte aus einer ganze Reihe von Gründen nur bedingt. Eine bessere Lösung wäre ein Nachhaltigkeitsfonds oder ein Sondervermögen, indem die Transformationsaufgaben finanziell abgedeckt werden können. Im Saarland zum Beispiel hat die Landesregierung entschieden, dafür 3 Milliarden Euro Kredite aufzunehmen, die mit den Vorgaben der Schuldenbremse vereinbar sind. Die Begründung ist so offensichtlich wie überzeugend:
Die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft gelingt entweder jetzt, oder sie kommt für das Klima und den Wettbewerb um klimaneutrale Produktionen sowie für die Chancengleichheit zu spät. Es geht tatsächlich nicht um eine Verlagerung von (Schulden) Lasten auf zukünftige Generationen, sondern um das genaue Gegenteil: In Verantwortung für die Zukunftschancen unserer Kinder und weiterer Generationen muss jetzt der Nachhaltigkeits-Turbo gezündet werden. Die Debatte zur Einhaltung der Schuldenbremse hat in dieser Frage leider die Wirkung einer Investitions- und damit einer Zukunftsbremse. Selbst auf Bundesebene wird diese nur noch formal auf dem Papier und nicht mehr in der Sache geführt.


Dabei ist bereits an vielen Stellen eine Wirtschaftlichkeit der Nachhaltigkeitsinvestitionen nachweisbar. DIE LINKE im Thüringer Landtag hat dazu konkrete Vorschläge unterbreitet, die auch die Möglichkeiten der Thüringer Aufbaubank von Nutzen sind: So ist die Umstellung aller öffentlichen Beleuchtungspunkte im Land auf LED ein Projekt, was sich rechnet. Umso unverständlicher ist, warum es bis heute nicht umgesetzt wurde. Die Ausrüstung zum Beispiel aller Neubauten mit Photovoltaikanlagen rechnet sich bei den aktuellen Energiepreisen noch schneller. Wenn dazu lokale Energiegenossenschaften vor Ort einbezogen werden, bekommt die Entwicklung einen noch größeren Schub. Deshalb wollen wir die Gründung solcher Genossenschaften erleichtern und fördern. Andreas Schubert