Gute Arbeit als Grundlage
Wie wir den Arbeits- und Fachkräftebedarf bewältigen können
Eine aktuelle Fachkräftestudie der Thüringer Landesregierung mit dem Titel „Fachkräftestudie 2035“ unterstreicht die Herausforderungen und Chancen, die sich für den Thüringer Arbeitsmarkt in den nächsten zwölf Jahren ergeben. Sie prognostiziert einen Bevölkerungsrückgang von derzeit 2,5 Millionen auf 1,9 Millionen bis zum Jahr 2035. Weiterhin werden etwa 385.000 altersbedingte Austritte aus der Erwerbstätigkeit verzeichnet. Umso wichtiger erscheint es für Thüringen, jetzt die Weichen zu stellen, um der demografischen Entwicklung gezielt begegnen zu können.
Auch die Fraktionen im Landtag erkennen den zunehmenden Handlungsdruck, reagieren jedoch mit sehr unterschiedlichen Vorschlägen für Maßnahmen. Während konservative Kräfte wie die CDU auf eine Verwertungslogik gegenüber Menschen setzen, rückt die Position der arbeits- und gewerkschaftspolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Lena Saniye Güngör, die Menschen und ihre unterschiedlichen Bedürfnisse in den Fokus der Debatte. Als Antwort auf einen Antrag der CDU mit dem Titel „Heimat für Fachkräfte“ erstellten die Fraktionen von DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Alternativantrag. Dieser sieht verschiedene Maßnahmen vor, um dem wachsenden Arbeits- und Fachkräftebedarf nachhaltig begegnen zu können. „In der aktuellen öffentlichen Debatte werden durch konservative Kräfte Ideen wie die eines steuerfreien Lohnes für Mehrarbeit über 40 Stunden angebracht. Regelmäßig dreht es sich hier um eine weitere Arbeitsverdichtung für die eh schon in vielen Branchen knappen Arbeits- und Fachkräfte.
Gerade die Arbeitsverdichtung, kombiniert mit knappem Personal, hat in den letzten Jahren zu vielfältigen Abwanderungsbewegungen von Beschäftigten geführt, die die Arbeitsbelastung nicht mehr tragen können, wie beispielsweise in der Pflege. Diese Forderungen sind also einerseits blanker Hohn für die Beschäftigten, andererseits lösen sie nicht das Problem des knappen Personals. Denn die Arbeitsverdichtung ist der ursächliche Grund, warum das Personal aus seinem Job ausscheidet. Wir verfolgen hingegen einen anderen, progressiven Ansatz, der auf der Grundlage von guter Arbeit für alle Menschen in Thüringen basiert. Denn der zunehmende Arbeits- und Fachkräftebedarf bewirkt eine Stärkung der Beschäftigtenseite, die durch diesen Faktor auch in ihren Arbeits- und Ausbildungsstellen gehalten wird“, führt Güngör aus. Die Arbeitnehmer:innen werden in naher Zukunft in vielen Branchen selbstständig entscheiden können, welche Stelle für sie das beste Gesamtpaket schnürt. Die Thüringer Unternehmen müssen sich deshalb bereits jetzt darüber Gedanken machen, wie sie attraktive Arbeitsbedingungen schaffen können. Eine von oben herab diktierte Arbeitskultur wird keine Zukunft haben. Der Ansatz betont einerseits den Wert guter Arbeits- und Ausbildungsbedingungen.
Die Integration von langzeitarbeitslosen Personen oder die Rückgewinnung von Pendlern wird hierbei begleitet von einer verbesserten Anerkennungspraxis ausländischer Abschlüsse und gezielter Förderstrukturen für Migrant:innen. Dabei ist es auch zentral, dass Thüringen eine weltoffene Kultur verfolgt, die allen Menschen gleichwertige Chancen bietet, ihre individuellen Talente und Fähigkeiten zu fördern, ohne Angst vor alltäglichen rassistischen Anfeindungen und Arbeitsausbeutungsstrukturen.
„Thüringen kann den zunehmenden Arbeits- und Fachkräftebedarf nur erfolgreich bewältigen, wenn es gute Arbeit für alle ermöglicht und dazu eine sozial nachhaltige Strategie verfolgt, die Menschen nicht ausschließt, sondern einschließt“, so die Abgeordnete abschließend.