Die Thüringer Verfassung braucht eine Modernsisierung

Parlamentsreport

„Im Verfassungsausschuss des Thüringer Landtags warten wichtige Themen und Gesetzgebungsprojekte darauf, zu einem handfesten Ergebnis gebracht zu werden, damit sie das Leben der Menschen in Thüringen verbessern. Über 100 Initiativen, Vereine und ehrenamtlich Engagierte wurden bereits im Verfassungsausschuss angehört und mit ihnen gemeinsam diskutiert. Diese warten selbstverständlich auf Ergebnisse“, erklärt Anja Müller, Abgeordnete für Verfassung, Demokratie und Petition.  Die LINKE-Fraktion hat nun eine Reihe dieser angehörten Organisationen zu einem Informations- und Meinungsaustausch eingeladen. Es ging darum, den aktuellen Arbeitsstand im Verfassungsausschuss, aber auch Möglichkeiten des weiteren Umgangs mit den Arbeitsinhalten aus dem Gremium zu besprechen.

Staatsziele ausbauen

Vor allem der Ausbau der Staatsziele sind nach Ansicht dieser angehörten außerparlamentarischen Akteur:innen von besonderer Wichtigkeit in der Verfassung: Förderung des Ehrenamts (seit langem z.B. gefordert Landesportbund, Thüringer Feuerwehrverband und Ehrenamtsstiftung), Stärkung der Inklusion behinderter Menschen (langjährige Forderung z.B. von Thüringer Gleichstellungsbündnis) und der Rechte von Kindern und Jugendlichen (Forderung des Thüringer Kinderschutzbunds), Aufnahme des Prinzips der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit (fordern  u.a. Thüringer Nachhaltigkeitsbeirat und „Zukunftsfähiges Thüringen) und der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Thüringen. Ebenso die Umsetzung der UN-Menschenrechtspakte (fordern u. a. Sozialverbände wie die Parität) und eine Verpflichtung von Staat und Gesellschaft des konsequenten Handelns gegen Rassismus, Antisemitismus, Nazismus und Menschenfeindlichkeit (Aktionsfeld zahlreicher vernetzten Initiativen in der Antifa- und Migrationsarbeit). Der Ausbau und die Weiterentwicklung der Demokratie (u.a. Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre auch für Landtagswahlen wird vor allem von „Mehr Demokratie Thüringen“ seit Jahren als Forderung an den Landtag gestellt.

Demokratie stärken

Mit einem Referendum können Gesetze des Thüringer Landtags der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden. Dachverbände wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der paritätische Wohlfahrtsverband Thüringen als Zusammenschluss zahlreicher gewerkschaftlicher und sozialer Organisationen arbeiten im Land an der gesellschaftspolitischen Weiterentwicklung bei vielen Themen- auch im Rahmen der aktuellen Verfassungsdiskussion. LINKE-Abgeordnete Anja Müller, Sprecherin für Demokratie und Verfassung, fordert deshalb: „Im Verfassungsausschuss angehörte Verbände und Organisationen erwarten vom Landtag zu recht, dass noch in diesem Jahr ein endgültiger positiver Beschluss gefasst wird mit umfassenden inhaltlichen Verfassungsänderungen. Diese engagierte, hochqualifizierte und verantwortungsvolle gesellschaftspolitische Arbeit der zahlreichen außerparlamentarischen Akteure für die Weiterentwicklung der Thüringer Verfassung hat es verdient, vom Landtag ernstgenommen zu werden.“  Denn es sei auch zu berücksichtigen, dass die Abgeordneten des Landtags die von den Bürgerinnen und Bürgern in Thüringen demokratisch gewählten „parlamentarischen Beauftragten“ sind. Es sei daher logisch, dass die „Beauftragten“ auf die Informationen und Vorschläge der „Auftraggebenden“ aus der Zivilgesellschaft hören und eingehen sollten“, begründet die Abgeordnete. In der Veranstaltungsdiskussion wurde deutlich, dass gerade nach dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum „Klimagesetz“ des Bundes gilt: Staatsziele sind sehr wirksame Gestaltungsinstrumente zur Weiterentwicklung von Verfassung und Gesellschaft. Deshalb sollte auch die Thüringer Verfassung diese Gestaltungswirkung stärker nutzen, um das Alltagsleben der Menschen vor Ort zu verbessern.

Im Informations- und Meinungsaustausch der LINKE-Fraktion mit den Thüringer Organisationen wurde auch klar: Verfassungsänderungen entfalten schon selbst gesellschaftliche Wirkung. Diese Gestaltungswirkungen können und müssen aber durch nachfolgende praktische Umsetzungsschritte weiter gesteigert und konkret in das Alltagsleben der Menschen vor Ort gebracht werden. Daher mahnt die Abgeordnete an, dass auch die CDU-Fraktion im Verfassungsausschuss weitere ergebnisorientierte Aktivitäten unternimmt. Deshalb wurde im Rahmen der Veranstaltung z.B. auch über ein neues Ehrenamtsfördergesetz gesprochen –  eine Forderung, die auch von der LINKEN geteilt wird. „Die Diskussion und die Arbeitsinhalte des Verfassungsausschusses müssen aus dem Landtag in die Gesellschaft getragen werden – nach der Devise: „Gemeinsam in Thüringen besser leben – die Verfassung weiterentwickeln“. „Die Thüringer Verfassung geht uns alle an – nicht nur im 30. Jubiläumsjahres ihres Inkrafttretens. Deshalb brauchen wir einen breiten gesellschaftlichen Diskussionsprozess überall im Land - „basisdemokratisch“ getragen von der Zivilgesellschaft, von vielen engagierten Menschen vor Ort“, betont LINKE-Abgeordnete Anja Müller. Der „Gesprächsfaden“ zwischen den außerparlamentarischen Akteuren und der Fraktion soll nach Ostern fortgeführt werden – so der Wunsch der Veranstaltungsteilnehmer:innen.

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