Das Grundgesetz modernisieren - Forderungen zum Tag des Grundgesetzes

Parlamentsreport

„Das Grundgesetz hat bisher Gutes geleistet, aber eine Verfassung sollte immer auch auf der Höhe der gesellschaftspolitischen Erfordernisse sein, deshalb ist eine Weiterentwicklung des Grundgesetzes sinnvoll und geboten“, erklärte Anja Müller, Sprecherin für Demokratie und Verfassung der LINKE-Fraktion im Thüringer Landtag zum Tag des Grundgesetzes am 23. Mai.

„Nicht nur die jüngsten Krisenentwicklungen haben gezeigt, dass - auch zur Sicherung der demokratischen Gesellschaft - endlich soziale Grundrechte und Staatsziele ins Grundgesetz aufgenommen werden müssen. Das betrifft Sozialleistungen und die Sozialversicherungen für ein menschenwürdiges, vor Armut geschütztes Leben als zukünftige Verfassungsgarantien ebenso wie das Recht auf Wohnen und bezahlbare ökologische Energie“, so Müller, die in diesem Zusammenhang bekräftigte, dass es eine nachhaltige Gesellschaft nur in der Kombination von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit geben werde. Hierbei hätten Verfassungsvorgaben eine wichtige Rolle zur Absicherung der Durchsetzung im Alltag. „Genau diese Diskussionen führen wir als LINKE und R2G-Koalition anhand von konkreten Änderungsvorschlägen für die Thüringer Verfassung bezogen auf Nachhaltigkeit, gleichwertige Lebensverhältnisse und Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen im Verfassungsausschuss“, erläutert die Abgeordnete. „Auch die Schuldenbremse muss aus dem Grundgesetz gestrichen werden, denn nicht nur - neoliberal - um die Ausgabenseite bei den Staatsfinanzen, sondern auch um die Einnahmeseite. Nur, wenn man beide Seiten der Staatsfinanzen gleichermaßen in den Fokus nimmt, ist das wirklich ökonomisch nachhaltig“, betont Müller, die ein gerechtes Steuersystem („finanziell und damit gesellschaftspolitisch umsteuern“) fordert und als Beispiele die Einführung einer Vermögenssteuer sowie eine Steuer auf Börsenspekulationsgeschäfte („Tobin-Tax“) nennt. Die R2G-Fraktionen, insbesondere DIE LINKE, lehnt den CDU-Vorschlag auf Aufnahme einer Schuldenbremse in die Thüringer Verfassung klar ab.

„Zu Recht wünschen sich viele Menschen, Personen nicht nur „repräsentativ“ wählen zu dürfen, sie möchten auch in wichtigen inhaltlichen Sachfragen selbst mitbestimmen und ihre Fachkenntnisse und Einschätzungen einbringen. Deshalb müssen Volksbegehren und Volksentscheide als Instrumente direkter Demokratie endlich ins Grundgesetz aufgenommen werden. Positive Erfahrungen aus anderen Bundesländern und anderen Staaten können hierbei helfen, insbesondere die in den Bundesländern stattfindende Überprüfung von Volksbegehren durch Verfassungsgerichte auf deren Vereinbarkeit mit Menschenwürde, Grundrechte und internationalen Vorgaben“, ist sich Müller sicher und verweist darauf, dass seit langem auch Bundes- und Landesverband Thüringen von „Mehr Demokratie e. V.“ mehr direkte Demokratie im Grundgesetz fordern und die R2G-Fraktionen in Thüringen im Verfassungsausschuss des Landtags gerade einen weiteren Ausbau der direkten Demokratie auf Landesebene verlangen. „Eine demokratische Gesellschaft ist auch immer eine weltoffene Gesellschaft, deshalb ist auch Art. 116 GG - und damit die Definition des Begriffs „deutsche Staatsbürger:innen“ zu modernisieren und der Zugang zum Wahlrecht auf allen Ebenen auch unabhängig von einer deutschen Staatsbürgerschaft eröffnet werden. In einer Demokratie gilt das Prinzip „Nicht über und ohne uns“ - und zwar unabhängig von einer Staatsbürgerschaft“, so die Abgeordnete, die in diesem Zusammenhang darauf hinweist, „dass auch Menschen, die mindestens drei Jahre in Thüringen leben, unabhängig von der Staatsbürgerschaft auch in den Kommunen und für den Landtag wählen können sollen - das geht aber nur mit einer Änderung des Art. 116 GG. Zu einer wirklich weltoffenen Gesellschaft gehört ebenso ein offenes Asyl- und Migrationsrecht, deshalb müsse die Demontage des Asylrechts (Art. 14, Art. 14 a) rückgängig gemacht werden.“

 

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