Eröffnung des Erinnerungsortes „Schattenwurf“ in Erfurt

Am 19. Juni 2024 wurde in Erfurt ein wichtiger Schritt zur Erinnerung an die Opfer und Betroffenen des NSU-Terrors unternommen. Unter Anwesenheit von Angehörigen der Ermordeten wurde der Erinnerungsort „Schattenwurf“ feierlich eröffnet.

Meilenstein der Erinnerungskultur

Katharina König-Preuss, Obfrau der Fraktion Die Linke in den beiden Untersuchungsausschüssen zum NSU des Thüringer Landtags, betonte die lange Entstehungsgeschichte des Mahnmals: „Vor über 10 Jahren hatten wir als Linke vorgeschlagen, einen Erinnerungsort als Teil der Aufarbeitung des NSU-Komplexes zu schaffen. 2017 beauftragte der Landtag die Landesregierung mit der Konzeptionierung und Errichtung und nun wird dieser Ort Wirklichkeit - im öffentlichen Raum, im Park vor dem Landtag.“
Der Erinnerungsort „Schattenwurf“ ist ein einzigartiges Werk. In Stahlträgern sind die Namen der Ermordeten eingraviert, die je nach Sonnenstand aufblenden und die Namen auf den Boden oder auf die Menschen, die den Ort passieren, projizieren. König-Preuss erklärte weiter: „Schattenwurf‘ übertrifft alle Erwartungen, stellt die Perspektive der Betroffenen in den Vordergrund und lädt zum weiteren Informieren ein.“
Besonders bemerkenswert ist die Einbindung der Angehörigen in die Entstehung des Mahnmals. Informationen zu den Opfern des NSU sind an den Stahlträgern angebracht, ergänzt durch QR-Codes, die zu Audio-Elementen, Erinnerungen der Angehörigen und weiterführenden Informationen führen. „Es ist bemerkenswert, dass von Anbeginn auch Angehörige und Betroffene durch die Staatskanzlei in die Entstehung des Erinnerungsortes eingebunden waren, was zeigt, dass in Thüringen die Perspektive der Betroffenen ernst genommen wird,“ sagte König-Preuss.

Unrecht nicht vergessen

Ministerpräsident Bodo Ramelow hob die Bedeutung der Erinnerung hervor: „Wir dürfen die Namen nicht vergessen. Es liegt an uns, den Menschen zu gedenken, die von Thüringer Tätern ermordet wurden. Hier vor dem Thüringer Landtag ist ein Erinnerungsort entstanden, der uns einlädt an den Auftrag zu denken, dass diese Taten einfach nicht für sich stehen bleiben dürfen. Dass Rassismus keinen Platz unter uns haben darf.“ Semiya Şimşek, Tochter des Opfers Enver Şimşek, erinnerte an die Unklarheit über die Hintergründe des Todes ihres Vaters und betonte die Wichtigkeit des Denkmals: „Umso wichtiger ist es, dass mit diesem Denkmal der Name meines Vaters und der anderen Opfer und das Unrecht nicht vergessen werden. Und auch, dass an das Versagen der Behörden erinnert wird.“
Landtagspräsidentin Birgit Pommer betonte: „Die rassistisch motivierten Morde sind nur die schlimmsten Auswüchse, die uns zeigen, die Täter stammen aus der Mitte der Gesellschaft. Deshalb muss die Erinnerung und die Aufarbeitung auch aus unserer Gesellschaft kommen.“

Aufarbeitung und Prävention im Fokus

Neben dem Gedenken an die Opfer steht für König-Preuss auch die Forderung nach weiterer Aufklärung und Prävention im Vordergrund. Sie betonte, dass die Aufarbeitung der NSU-Verbrechen noch lange nicht abgeschlossen sei und lobte Thüringen als bisher einziges Bundesland, das die Akten der beiden NSU-Untersuchungsausschüsse sichert. „Wir müssen weiterhin entschlossen für die vollständige Aufklärung der Hintergründe und Netzwerke sorgen und uns gleichzeitig für eine Gesellschaft einsetzen, die Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt in allen Formen zurückdrängt.“ Der Erinnerungsort „Schattenwurf“ soll künftigen Generationen als Mahnmal dienen und dazu beitragen, dass die Verbrechen des NSU und das Versagen der staatlichen Institutionen nicht in Vergessenheit geraten. „Wir müssen uns der Verantwortung stellen und dafür sorgen, dass solche Verbrechen nie wieder geschehen können“, schloss König-Preuss. „Mit dem Denkmal bekennt sich Thüringen zu seiner Verantwortung gegenüber den Opfern und Angehörigen und setzt ein starkes Zeichen gegen Rassismus und rechte Gewalt“, so Pommer in der Gedenkveranstaltung.

 

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