Rechte Gewalt und radikalisierter Konservatismus - Rückblick Veranstaltung

Parlamentsreport

Im Rahmen der Zwischenbilanz des Untersuchungsausschusses 7/3 zu politisch motivierter Gewaltkriminalität veranstaltete die Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag Anfang Mai 2023 die Podiumsdiskussion „Rechte Gewalt & radikalisierter Konservatismus“ im Café Nerly in Erfurt. Neben den Abgeordneten Katharina König-Preuss, Christian Schaft und Sascha Bilay war auch die österreichische Politikwissenschaftlerin und Autorin Natascha Strobl zu Gast. Moderiert wurde die Veranstaltung von Journalistin Sarah Ulrich.

Die Erkenntnisse zum Untersuchungsausschuss 7/3 wurden bereits in der letzten Ausgabe näher thematisiert. Bereichernd zeigte sich jedoch noch der Zusammenhang mit „radikalisiertem Konservatismus“, den Natascha Strobl in ihrem Inputvortrag vorgetragen hat. Strobl veröffentlichte 2021 ihr gleichnamiges Buch zum Thema. Anlass dafür sei die Erkenntnis, der gemeinsamen Strategien zweier (heute ehemaliger) Staatschefs gewesen. Obwohl Sebastian Kurz, der damalige österreichische Kanzler und Donald Trump, der Ex-Präsident der Vereinigten Staaten, als Personen sehr unterschiedlich sind, einte sie doch die gemeinsame politische Vorgehensweise, erklärte Strobl dabei. Dies zeigt sich im Verhalten, rhetorisch und auch im Fakt, dass sie nominell aus einer konservativen Partei stammen.

„Natürlich gibt es große Unterschiede im Parteiensystem zwischen dem Mehrparteiensystem in Kontinentaleuropa und dem klassischen Zweiparteiensystem in den USA. Was man aber sagen kann, ist, dass sich das System der Nachkriegsdemokratie darauf gestützt hat, dass es zwei Parteien gibt, die dieses System stabilisieren. Eine im weitesten Sinne konservative Partei und eine im weitesten Sinne sozialdemokratische Partei“, erklärte Strobl. In diesem Nachkriegssystem habe man sich auf ein Wirtschaftssystem geeinigt, das auf Ungleichheit beruht. In diesem  prekären Miteinander habe sich eine stabile Nachkriegsdemokratie aufgebaut, so Strobl weiter. Die Gegenwart ist jedoch geprägt von Krisen und diese prekäre Gegenwart zeichnet sich schon seit ein paar Jahren ab. „In diesen Krisen wird die Nachkriegshegemonie immer instabiler und hat es immer schwerer sich neu zu behaupten. Ein Teil des Konservatismus hat das erkannt und sich entschieden, als Strategie den Status quo nicht mehr zu verteidigen, sondern im Gegenteil zu einem Destabilisationsfaktor zu werden.“ Stobl spricht hier von einer autoritären Überwindung der Gegenwart.

An dieser Stelle setze die Gemeinsamkeit mit den Strategien des Faschismus an. „Sozusagen die Überwindung der Gegenwart mit dem Sprung nach vorne, aber gleichzeitig sind es konservative Kräfte. Man erlebt eine Mischform oder eine Radikalisierung des Konservativismus. Raus aus dem Status quo, rein in die Radikalisierung nach rechts.“ In diesem Teil des Konservatismus bediene man sich nun Themen der extremen Rechten. Einen Kulturkampf der von der extremen Rechten aufbereitet worden ist.

Was den radikalen Konservatismus auszeichne, fasste Natascha Strobl bei der Veranstaltung im Nerly in sechs Punkten zusammen:
1. Der Bruch vor informellen Regeln: Diese sind z. B. Regeln des Anstandes und der Etikette, die nun zerbrochen werden um Symbolpolitik zu betreiben.
2. Polarisieren: Beispielsweise Anekdoten und Halbwahrheiten in den Vordergrund zu bringen und diese möglichst emotional auszuspielen, um gegen eine zuvor schon markierte Gruppe zu agieren.
3. Die Führungsperson. Diese Person ist der Politik quasi enthoben. Ihr wird geglaubt und Gesagtes sowie Handlungen nicht hinterfragt.
4. Autoritärer Staatsumbau. „Die Hülle bleibt bestehen, aber der Kern wird entfernt“ (Strobl)
5. Permanenter Wahlkampf. Das heißt, stets Schlagzeilen zu produzieren und immer von einem Aufreger zum nächsten zu kommen. „Es geht um das, was populär ist oder was man massenkompatibel ausschlachten kann. Nicht ,um komplexe, langfristige Politik zu betreiben.“
6. Parallelität aufbauen. Die Polarisierung, die Emotionalisierung in einem Wahlkampf in dem Fakten immer weniger deckungsgleich sind mit der Realität.