Polizeiausbildung qualitativ fortentwickeln und Polizeivertrauensstelle stärken
„Kriminalität hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert. Cybercrime, Hasskriminalität, organisierte Kriminalität und andere Kriminalitätsphänome haben an Bedeutung gewonnen und stellen neue Herausforderungen an die Polizeiausbildung. Eine qualitativ hochwertige Aus- und Fortbildung ist die Voraussetzung für eine jederzeit kompetent, bürger*innennah, angemessen und verhältnismäßig agierende Polizei. Die bisherige Praxis polizeilicher Ausbildung in Thüringen stößt dabei aber an Grenzen“, so der innenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Steffen Dittes.
Der Abgeordnete erklärt, dass die Linksfraktion bereits in der vergangenen Wahlperiode gemeinsam mit den Koalitionspartnern SPD und Bündnis90/Die Grünen sowie dem Thüringer Innenministerium wichtige Fortschritte bei der Verbesserung der Polizeiausbildung erzielt hat, etwa bei der Erhöhung der Anwärterzahlen und den Lehrbedingungen.
Für weitere Änderungen hat die Linksfraktion ihren Koalitionspartnern einen Katalog mit mehreren Maßnahmen vorgeschlagen.
Immer wieder gehen Thüringen motivierte und begabte Polizeianwärter*innen verloren, weil der Einstellungstermin in Thüringen später stattfindet als in anderen Bundesländern. Bewerber*innen, die sich in mehreren Ländern bewerben, erhalten in der Folge früher eine Rückmeldung und kehren häufig Thüringen den Rücken. Durch ein Vorziehen des Einstellungstermins vom 1. Oktober auf den 1. September soll ein Wettbewerbsnachteil beendet und mehr Planungssicherheit sowohl für den Freistaat als auch für junge Bewerber*innen geschaffen werden.
Thüringen ist neben Mecklenburg-Vorpommern auch das einzige Land, das im mittleren Dienst bisher nur zwei Jahre ausbildet, statt wie die anderen Länder zweieinhalb Jahre. Daher unterstützen wir die Forderung der Gewerkschaft der Polizei, auch in Thüringen die Ausbildungszeit zu verlängern und stärker in Qualität zu investieren. Zudem bedarf es aus unserer Sicht einer zweigeteilten Polizeiausbildung für Schutz-bzw. Kriminalpolizistinnen und -polizisten. Diese sollte an ein Personalentwicklungskonzeption gekoppelt sein, bei der vorab eine Anschlussverwendung definiert wird, ebenso eine weitere Spezialisierung für neue Kriminalitätsphänomene.
Zu weiteren Vorschlägen gehören eine eigene Rechtsfähigkeit für die Polizeibildungseinrichtungen, die Absicherung des Bachlor-Studiengangs, zeitnahe Festbesetzungen von Leitungspositionen, Erhöhung des Anteils von Lehrkräften mit Promotionen und der beschleunigte Ausbau einer eLearning Plattform. Schließlich hat die Corona-Pandemie gezeigt, welchen Mehrwert auch das zeit- und ortsunabhängige Lernen haben kann.
„Unser Ziel ist, die Voraussetzungen zu schaffen, dass Polizistinnen und Polizisten ihre verantwortungsvolle Aufgabe gewissenhaft ausüben und sich dabei auch auf das Vertrauen der Gesellschaft stützen können. Mit Blick auf die aktuelle Berichterstattung über ein Verfahren gegen Beamte der Thüringer Polizei im Zusammenhang mit einer Durchsuchung in Weimar gehört dazu auch die Entwicklung einer Fehlerkultur für die Polizei als Institution, die Fehler und Fehlverhalten von Polizeibeamten nicht negiert, sondern aufarbeitet und als lernenden Organisation Rückschlüsse für die eigene Arbeitsweise zieht. Eine Kontrollinstanz, wie die von Rot-Rot-Grün geschaffene Polizeivertrauensstelle, kann hierzu einen Beitrag leisten. Wichtige Voraussetzung dafür ist, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erweiterung durch eigenständige Untersuchungsbefugnisse und Öffnung auch für Polizeibeamte sowie die mögliche strukturelle Unabhängigkeit der Polizeivertrauensstelle auf den Weg zu bringen“, so Steffen Dittes.