König-Preuss zum Urteil im "Knockout 51"-Prozess: Freifahrtschein für extreme Rechte
Zur heutigen Urteilsverkündung im Prozess gegen die Gruppierung „Knockout 51“ erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag: „Leon R. wurde zu drei Jahren und zehn Monaten, Bastian Ad. zu zwei Jahren und sechs Monaten, Maximilian A. zu zwei Jahren und zwei Monaten und Eric K. zu zwei Jahren und sechs Monaten (Jugendstrafe) verurteilt. Damit ist das Oberlandesgericht weit hinter den Forderungen des Generalbundesanwalts zurückgeblieben. Auf die verurteilten Neonazis, die einen Großteil ihrer Haft damit schon abgesessen haben, wird dieses Urteil kaum Eindruck machen. Für die Betroffenen ihrer Gewalt ist es ein fatales Zeichen. Dass heute ebenfalls der Haftbefehl gegen den schweren Gewalttäter Leon R. aufgehoben wurde, ist ein Skandal. Ein weiteres Mal zeigen sich Thüringer Gerichte unfähig, einen adäquaten Umgang mit der extremen Rechten zu finden. Dazu passt, dass das Gericht sich bei der Urteilsverkündung nicht in der Lage gezeigt hat, die extrem rechte Ideologie der Gruppe zu erfassen und entsprechend zu würdigen.“
Und ergänzt: „Ein solches Urteil für schwerste organisierte Gewalttaten, Waffenbeschaffung und Mordpläne kann fast als eine Art Freifahrtschein der Thüringer Justiz für die extreme Rechte verstanden werden. Es bleibt eine Verharmlosung und Fehlentscheidung, dass ‚Knockout 51‘ nicht als terroristische Vereinigung durch das Gericht eingestuft wird. So ist es möglich, dass der Bundesgerichtshof über eine Revision des Urteils in diesem Punkt entscheiden muss und damit eine erneute Beweisaufnahme notwendig werden könnte. Bis das Urteil entsprechend rechtskräftig würde, würde mal wieder viel Zeit vergehen. Insgesamt steht das Urteil damit in der schlechten Tradition von Verharmlosungen und Verzögerungen von Verfahren gegen die extreme Rechte vor Thüringer Gerichten.“
Die Abgeordnete erklärt weiter: „Im Prozess konnte das nachgewiesen werden, wovor Antifaschist:innen seit vielen Jahren gewarnt haben. In Eisenach konnte sich über Jahre weitgehend ungestört eine militante und höchst gefährliche extrem rechte Struktur herausbilden, die sich bewaffnete, den Umgang mit Schusswaffen übte und sich bundesweit und international mit rechtsterroristischen Strukturen vernetzte. Immer wieder wurden auch Tötungsabsichten geäußert und sogar konkrete Anlässe zur Umsetzung gesucht. Die Ermittlungen des Bundeskriminalamts und des Generalbundesanwalts beschränken sich dabei auf einen Zeitraum ab 2019.“
„Schon lange vor den jetzigen Ermittlungen haben sich die zentralen Figuren von ‚Knockout 51‘ in Eisenach organisiert und waren für schwerste Gewalttaten verantwortlich. Es ist ein absolutes Versagen von Thüringer Behörden gegenüber diesen Aktivitäten, dass es nicht schon vorher entsprechende Verfahren gegen "Knockout 51" und ihre Vorläuferstrukturen gab. Die Entwicklung dieser enorm gefährlichen Strukturen hätte gestoppt werden können. Sollte sich zudem bewahrheiten, dass Beamte der Eisenacher Polizei – darunter ein hochrangiger Staatsschutzbeamter – mit dieser rechtsmilitanten Vereinigung auch noch kooperierten, vertrauliche Informationen an "Knockout 51" weitergaben und sie auch ideell unterstützten, ginge das weit über ein Behördenversagen hinaus. Das Vertrauen in die Eisenacher Polizei ist durch die Erkenntnisse in diesem Verfahren erschüttert worden und kann nur durch eine umfassende und transparente Aufarbeitung der Vorwürfe wiederhergestellt werden“, so König-Preuss.
In Bezug auf die Situation vor Ort in Eisenach erklärt die Abgeordnete abschließend: „Die Gefahr ist mit dem heutigen Urteil längst nicht gebannt, sondern steigt aktuell eher wieder. Zwar laufen weitere Ermittlungen gegen mehrere Mitglieder, deren Aktivitäten gehen jedoch weiter. Der vorzeitig aus der U-Haft entlassene Eric K. war schon kurz nach seiner Entlassung und noch während des laufenden Prozesses am OLG Jena bei militanten Neonazis in Dortmund zu Besuch, wobei es auch zu Sachbeschädigungen und Bedrohungen gekommen sein soll. Es muss sich nicht nur in Eisenach, sondern in ganz Thüringen endlich ein grundlegender Wandel im Umgang mit der extremen Rechten einstellen. Es kann nicht sein, dass diese weiter als Normalität akzeptiert werden und man sie gewähren lässt, solange es vermeintlich ‚ruhig‘ bleibt. Die Nazi-Immobilien in Eisenach müssen endlich dichtgemacht werden, die Behörden endlich konsequent gegen die extreme Rechte in Eisenach vorgehen. Es ist bewundernswert, dass sich in Eisenach trotz dieser Zustände immer auch Menschen gefunden haben, die sich antifaschistisch engagieren. Ihnen gilt auch weiterhin unser Dank und unsere Unterstützung.“