Anonyme Geburten: Gesetz wird dringend gebraucht

Anonyme Geburten und Babyklappen sind bislang geduldet, aber im Grund gesetzwidrig. „Die Bundesregierung ist verpflichtet, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der anonyme Kindesabgaben und ihre Finanzierung eindeutig regelt,“ sagt Karola Stange, Gleichstellungspolitikerin der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag, anlässlich der Anhörung zu diesem Thema im Sozialausschuss. „Es ist schlicht unverständlich, warum so lange nichts geschehen ist, obwohl es seit über einem Jahrzehnt Babyklappen in Deutschland gibt“, fügt Matthias Bärwolff, kinderpolitischer Sprecher der Fraktion, hinzu.

Genauso lange gibt es die Auseinandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern von Babyklappen und anonymen Geburten. „Der Streit, ob damit Kinder tatsächlich gerettet werden, ist nicht wirklich zu lösen“, stellt Bärwolff fest. „Deswegen können wir uns auch nicht eindeutig gegen Babyklappen aussprechen.“ Entscheidend sei jedoch, dass kein künstlicher Bedarf geschaffen und den Kindern damit nicht unnötiges Leid zugefügt werde. Nicht zu wissen, wo man herkomme und warum man ein nicht gewolltes Kind sei, belaste viele Menschen ihr Leben lang.

„Ein Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt wird dringend gebraucht“, fordert Karola Stange. Hierin sollte die Möglichkeit enthalten sein, dass Frauen zwar gegenüber Institutionen und ihren Verwandten anonym bleiben können, aber die Möglichkeit haben, ihren Kindern einen Brief mitzugeben, der eine spätere Kontaktaufnahme ermöglicht. Nicht wenige Frauen würden es Jahre später bereuen, dass sie keine Möglichkeit mehr hätten, ihr Kind ausfindig zu machen. „Und wir brauchen einen breiten Ausbau niedrigschwelliger Angebote für Frauen in Notlagen“, stellt Karola Stange fest. Je mehr Frauen in der Schwangerschaft geholfen werden könne, umso weniger Kinder müssten anonym geboren oder abgegeben werden.

Der Ausbau des Netzwerkes Frühe Hilfen sei ebenso wichtig wie die Betreuung der Frauen durch die Schwangerschaftsberatungsstellen, die gesundheitliche Betreuung der Frauen und die Qualifizierung des Beratungspersonals. „Entscheidend ist aber auch die Bekanntmachung der Angebote, um für Schwangere in Not tatsächlich präsent zu sein und ihre Kinder bestmöglich versorgt zu wissen“, stellt Matthias Bärwolff fest. „In letzter Entscheidung geht es immer um das konkrete einzelne Kind.“ Um dieses besser zu schützen, sehe das Bundeskinderschutzgesetz Qualitätsstandards vor. „Es muss aber auch klar sein, woher die Kommunen das Geld dafür nehmen sollen“, unterstreicht Bärwolff. Wer Anforderungen z.B. an Kinderschutzdienste und Jugendämter stelle, müsse auch dafür sorgen, dass ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung stünde, um diese Arbeit leisten zu können.

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