Dienstag, 26. August 2014: Fachtagung zum Thema „Re-Kommunalisierung“

Um das Projekt „Das Öffentliche gehört uns“ abzurunden und um vor allem noch einmal mit Experten zu diskutieren hat sich die Fraktion entschieden, eine Fachtagung zum Thema zum Thema zu organisieren. Gut 30 Gäste hatten sich bei fast herbstlichem Wetter in der Stadtbrauerei in Arnstadt eingefunden. Gekommen waren Kreis- und Stadträte, Landtagsabgeordnete und Vertreter von Stadtwerken um sich über die Möglichkeiten der Übertragung ehemals von Privaten erbrachten öffentlichen Dienstleistungen an kommunale Unternehmen auszutauschen.

Der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag, die zu dieser Tagung eingeladen hatte, Bodo Ramelow, eröffnete die Veranstaltung. In seinem Beitrag erinnerte er an die Übernahme der EON-Netze durch die kommunale Familie sowie an das erfolgreiche Bürgerbegehren im Ilmkreis zur Übernahme der Abfallentsorgung durch den Landkreis. „Wir müssen aber die Rekommunalisierung weiter denken. Dort, wo öffentliche Aufgaben zersplittert sind - wie im öffentlichen Nahverkehr - müssen wir sie zu einer Mobilitätsgarantie zusammenfassen“ so eine seiner Forderungen. Für ihn sei das Thema Rekommunalisierung das wichtigste in den nächsten 5 Jahren. „Wir müssen den Ausverkauf stoppen und die Rahmenbedingungen für erfolgreiche kommunale Projekte schaffen. Und dazu gehört eine Neujustierung der kommunalen wirtschaftlichen Betätigungsfelder durch das Land“ umreißt er die Aufgabe.

Robert Kösling, Kommunalexperte aus Berlin, unterstützte diese Meinung. Er eröffnete seinen Beitrag mit der Mahnung, in der Frage der „Rückeroberung des Öffentlichen“ nicht nachzulassen. Anhand von Umfragezahlen belegte er, dass zurzeit offenbar eine gewisse Sättigung in dieser Diskussion eingetreten ist, die Zustimmungszahlen zur Rekommunalisierung stagnieren. Er wies aber darauf hin, dass das Feld der privatisierten Dienstleistungen viel weiter gehe, als öffentlich beachtet. Justiz, Straßenbau, Krankenversorgung – immer mehr Bereiche werden ganz oder teilweise Privaten überlassen. Und das, obwohl fast alle Umfragen und Statistiken belegen, dass eine privatisierte Dienstleistung am Ende meist teurer und in geringerer Qualität erbracht wird.
Seinen Vortrag können Sie HIER herunterladen.

Jana Schröder stellte den Weg der nordhessischen Kleinstadt Wolfhagen in die energetische Selbstversorgung mit 100% erneuerbaren Energien vor. Das Besondere hier: von Beginn an ein Konsens in Verwaltung und Stadtrat, dazu eine frühzeitige Bürgerbeteiligung. Und diese nicht nur in Form von Informationsveranstaltungen, sondern in der Möglichkeit über eine Genossenschaft Miteigentümer der Stadtwerke zu werden. Bei rund 13.000 Einwohnern besitzen mittlerweile 700 von ihnen 25% der Stadtwerke und bestimmen somit den Kurs des Unternehmens mit. Entsprechend breit ist in der Bevölkerung die Akzeptanz für Photo-Voltaik-Anlagen und einen bereits im Bau befindlichen Windpark.
Die Beschreibung des „Wolfhager Wegs“ finden Sie HIER.

Den Weg des erfolgreichen Bürgerbegehrens im Ilmkreis für eine kommunale Abfallentsorgung beschrieb Eckhard Bauerschmidt und gab einen Einblick in den aktuellen Verhandlungsstand. Ein Angebot des Kreises liegt Remondis vor, nun sei es an dem Großunternehmen, sich zu erklären.
Mehr zum Bürgerbegehren unter www.meine-tonne.de.

In der anschließenden Diskussion wurden intensiv über das „Wolfhager Modell“ diskutiert, aber auch kritische Töne zur Gründung kommunaler Gesellschaften waren zu hören. „Es muss verhindert werden, dass kommunale Gesellschaften zur Altersversorgung abgehalfterter Politiker dienen“ mahnte ein Gast eine entsprechende öffentliche Kontrolle an. Die sei aber, so der Kommunalexperte Kösling abschließend „der rote Faden der Rekommunalisierung – öffentliche Diskussion, Einbindung von BürgerInnen und Bürgern und eine gesellschaftliche Kontrolle.“